Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.status circa aerarium, tributa & vectigalia. nicht Schaden haben, allein, da kan man sich schon vorsehen, und hatSchrödter in seiner Schatz- und Renth-Cammer cautelen suppeditiret, wie man könne sicher seyn. Die Cameralisten müssen hier acht geben: was der vor ein Mann, dem man Geld giebt; wie er das Geld an- wendet etc. In der applicatione in specialibus gehöret freylich ein juge- ment dazu; deßwegen hat man subalternen, welche müssen acht geben. Ein Herr muß vor allen Dingen acht geben, daß das Geld rouillirt, deßwegen ist alles Silber-Geschirr in die Müntzen zu liefern. Man- cher Fürst aber hat kein Geld auszulehnen, daher ist man auf Feuer- Cassen, montes pietatis &c. gefallen. Die Venetianer haben gesehen, daß es ihnen am Gelde fehle. Denn ehe man noch den Weg um das caput bonae spei wuste, so muste man alle aromata von ihnen haben, und sie hatten sie von Alexandria, da waren sie die reichsten Leute; hat- ten grosse Flotten, aber sie sind sehr herunter kommen. Wie sich das Ding changirete, suchten sie wieder Geld nach Venedig zu bringen, und dachten, es wäre gut, wenn nur Geld hingebracht würde, ob es gleich nicht gantz ihnen gehöre, so würde es doch nicht leicht wieder weggezo- gen werden. Sie fielen also auf die montes pietatis, welche man deß- wegen so nennet, weil man da dotes giebet, die dotes aber referiret man ad pias causas. Es kan nun geschehen, daß mancher drey Mädgens hat, kan ihnen nicht viel geben, gleichwohl hat man dotes; virtus post nummos consideratur, daher sagten die Venetianer, wer will seinen Mädgens dotes geben, und er giebt uns e. g. vor ein Mädgen zwey hundert Thaler, so soll das Mädgen, wenn es heyrathen wird, sechs hundert Thaler loco dotis bekommen, legt einer mehr hinein, so be- kommt er auch mehr. Den Vortheil haben die Venetianer davon, daß sie offt das Geld behalten, und nichts geben dürffen, denn sie neh- men das Geld nicht an, wenn das Mädgen heyrathen will, cum spon- sus est ad portas, sondern, wenn sie noch Kinder sind, da sterben wohl zehen Mädgens weg, ehe sie einmahl nöthig haben einen dotem zu geben, das Geld lucriren sie alles, dadurch haben sie einen fond bekommen von vielen tausend Thalern. Sie geben auch Leib-Renten, lebt da einer nicht lange, so können sie auch viel profitiren. Die Capitalien haben nun die Venetianer indessen genutzet, entweder pro bono publico, oder ausgeliehen. Honorius, ein Venetianer, hat in seinen relationibus (denn die Venetianer nennen mehrentheils ihre politischen Bücher re- lationes,) gewiesen, wie es eigentlich mit denen montibus pietatis be- schaffen. Es hat einer aus Gotha, Nahmens Ockel, eine Dissertation in Altorff de montibus pietatis gehalten, worinnen er artige Sachen bey-
ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia. nicht Schaden haben, allein, da kan man ſich ſchon vorſehen, und hatSchrödter in ſeiner Schatz- und Renth-Cammer cautelen ſuppeditiret, wie man koͤnne ſicher ſeyn. Die Cameraliſten muͤſſen hier acht geben: was der vor ein Mann, dem man Geld giebt; wie er das Geld an- wendet ꝛc. In der applicatione in ſpecialibus gehoͤret freylich ein juge- ment dazu; deßwegen hat man ſubalternen, welche muͤſſen acht geben. Ein Herr muß vor allen Dingen acht geben, daß das Geld rouillirt, deßwegen iſt alles Silber-Geſchirr in die Muͤntzen zu liefern. Man- cher Fuͤrſt aber hat kein Geld auszulehnen, daher iſt man auf Feuer- Caſſen, montes pietatis &c. gefallen. Die Venetianer haben geſehen, daß es ihnen am Gelde fehle. Denn ehe man noch den Weg um das caput bonæ ſpei wuſte, ſo muſte man alle aromata von ihnen haben, und ſie hatten ſie von Alexandria, da waren ſie die reichſten Leute; hat- ten groſſe Flotten, aber ſie ſind ſehr herunter kommen. Wie ſich das Ding changirete, ſuchten ſie wieder Geld nach Venedig zu bringen, und dachten, es waͤre gut, wenn nur Geld hingebracht wuͤrde, ob es gleich nicht gantz ihnen gehoͤre, ſo wuͤrde es doch nicht leicht wieder weggezo- gen werden. Sie fielen alſo auf die montes pietatis, welche man deß- wegen ſo nennet, weil man da dotes giebet, die dotes aber referiret man ad pias cauſas. Es kan nun geſchehen, daß mancher drey Maͤdgens hat, kan ihnen nicht viel geben, gleichwohl hat man dotes; virtus poſt nummos conſideratur, daher ſagten die Venetianer, wer will ſeinen Maͤdgens dotes geben, und er giebt uns e. g. vor ein Maͤdgen zwey hundert Thaler, ſo ſoll das Maͤdgen, wenn es heyrathen wird, ſechs hundert Thaler loco dotis bekommen, legt einer mehr hinein, ſo be- kommt er auch mehr. Den Vortheil haben die Venetianer davon, daß ſie offt das Geld behalten, und nichts geben duͤrffen, denn ſie neh- men das Geld nicht an, wenn das Maͤdgen heyrathen will, cum ſpon- ſus eſt ad portas, ſondern, wenn ſie noch Kinder ſind, da ſterben wohl zehen Maͤdgens weg, ehe ſie einmahl noͤthig haben einen dotem zu geben, das Geld lucriren ſie alles, dadurch haben ſie einen fond bekommen von vielen tauſend Thalern. Sie geben auch Leib-Renten, lebt da einer nicht lange, ſo koͤnnen ſie auch viel profitiren. Die Capitalien haben nun die Venetianer indeſſen genutzet, entweder pro bono publico, oder ausgeliehen. Honorius, ein Venetianer, hat in ſeinen relationibus (denn die Venetianer nennen mehrentheils ihre politiſchen Buͤcher re- lationes,) gewieſen, wie es eigentlich mit denen montibus pietatis be- ſchaffen. Es hat einer aus Gotha, Nahmens Ockel, eine Diſſertation in Altorff de montibus pietatis gehalten, worinnen er artige Sachen bey-
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wie man koͤnne ſicher ſeyn. Die Cameraliſten muͤſſen hier acht geben:
was der vor ein Mann, dem man Geld giebt; wie er das Geld an-
wendet ꝛc. In der applicatione in ſpecialibus gehoͤret freylich ein juge-
ment dazu; deßwegen hat man ſubalternen, welche muͤſſen acht geben.
Ein Herr muß vor allen Dingen acht geben, daß das Geld rouillirt,
deßwegen iſt alles Silber-Geſchirr in die Muͤntzen zu liefern. Man-
cher Fuͤrſt aber hat kein Geld auszulehnen, daher iſt man auf Feuer-
Caſſen, montes pietatis &c. gefallen. Die Venetianer haben geſehen,
daß es ihnen am Gelde fehle. Denn ehe man noch den Weg um das
caput bonæ ſpei wuſte, ſo muſte man alle aromata von ihnen haben,
und ſie hatten ſie von Alexandria, da waren ſie die reichſten Leute; hat-
ten groſſe Flotten, aber ſie ſind ſehr herunter kommen. Wie ſich das
Ding changirete, ſuchten ſie wieder Geld nach Venedig zu bringen, und
dachten, es waͤre gut, wenn nur Geld hingebracht wuͤrde, ob es gleich
nicht gantz ihnen gehoͤre, ſo wuͤrde es doch nicht leicht wieder weggezo-
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wegen ſo nennet, weil man da dotes giebet, die dotes aber referiret man
ad pias cauſas. Es kan nun geſchehen, daß mancher drey Maͤdgens
hat, kan ihnen nicht viel geben, gleichwohl hat man dotes; virtus poſt
nummos conſideratur, daher ſagten die Venetianer, wer will ſeinen
Maͤdgens dotes geben, und er giebt uns e. g. vor ein Maͤdgen zwey
hundert Thaler, ſo ſoll das Maͤdgen, wenn es heyrathen wird, ſechs
hundert Thaler loco dotis bekommen, legt einer mehr hinein, ſo be-
kommt er auch mehr. Den Vortheil haben die Venetianer davon,
daß ſie offt das Geld behalten, und nichts geben duͤrffen, denn ſie neh-
men das Geld nicht an, wenn das Maͤdgen heyrathen will, cum ſpon-
ſus eſt ad portas, ſondern, wenn ſie noch Kinder ſind, da ſterben wohl
zehen Maͤdgens weg, ehe ſie einmahl noͤthig haben einen dotem zu geben,
das Geld lucriren ſie alles, dadurch haben ſie einen fond bekommen von
vielen tauſend Thalern. Sie geben auch Leib-Renten, lebt da einer
nicht lange, ſo koͤnnen ſie auch viel profitiren. Die Capitalien haben
nun die Venetianer indeſſen genutzet, entweder pro bono publico, oder
ausgeliehen. Honorius, ein Venetianer, hat in ſeinen relationibus
(denn die Venetianer nennen mehrentheils ihre politiſchen Buͤcher re-
lationes,) gewieſen, wie es eigentlich mit denen montibus pietatis be-
ſchaffen. Es hat einer aus Gotha, Nahmens Ockel, eine Diſſertation
in Altorff de montibus pietatis gehalten, worinnen er artige Sachen
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