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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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status circa aerarium, tributa & vectigalia.
von dem größten Diamanten, worüber alle erstaunet. Colbert sagte:
Ein Fürst müsse ein Ansehen haben auch auswärts, und wenn gleich ein
Herr sein Hertz nicht daran hänge, so müsse er doch machen, daß Aus-
wärtige ihn vor einen mächtigen König hielten, und ihn fürchteten.
Wer dem Herrn rathen will, allen splendeur abzuschaffen, der suppe-
diti
rt ein pseudo-medium, indem solcher dem Herrn mehr schadet, als nü-
tzet. Ein privat-Mann wendet was auf die Erziehung seiner Kinder,
wie vielmehr soll es nicht ein grosser Herr thun. Was nun die gagen
betrifft, so wäre absurd, wenn alle sollten umsonst dienen, aber auf me-
rit
en und den Nutzen der chargen muß man sehen, darnach muß die
gage eingerichtet werden. Wenn einer gleich ein Vermögen hat, er hat
ein Point d'honneur, will gerne in publico versiren, so siehet er doch, daß
bey allen chargen Mühe und noch Verdrießlichkeit zu gewarten, wenn
er etwas versiehet, so dancket er ab, und will lieber vor sich leben, oder
gehet zu einem andern Herrn, der ihm was giebet. Man darff nicht
dencken, daß unter denen Unterthanen Leute, welche alles pro bono pu-
blico
thun, und nicht dabey auf ihren Nutzen sehen sollten. Sie sehen
ja, daß der Herr auf seinen Nutzen siehet, warum sollten sie es nicht
thun. Ein König in Pohlen braucht keinen Bedienten etwas zu geben,
aber da haben sie grosse chargen zu gewarten. Will sich ein Polack in
die Höhe bringen, so gehet er a la cour, hat er sich nun wohl meritiret
gemacht, so hat er Hoffnung ein Woywod zu werden: Denn manche
Woywodschafft trägt jährlich hundert tausend Thaler. Der Kayser
hat auch Leute, welche ihm umsonst dienen, oder wenigstens eine gerin-
ge pension bekommen. Die Leute aber sind vor sich reich, und der Kay-
ser lässet sie bey ihren revenüen und juribus, thäte er es nicht, so müste
er sie besolden. Mancher Graf in Oesterreich hat jährlich funffzig tau-
send und hundert tausend revenüen und noch wohl viel baar Geld liegen,
welches sie nicht einmahl gerne austhun wollen. Besoldet man die
Bedienten nicht recht, so gehets dem Volck ab, sie suchen dem Volck
vieles abzuziehen, so hat der Herr Schaden. Setzt man gleich grosse
Straffen darauf, so hilfft es doch nichts mehr, als daß sie suchen es künst-
licher einzurichten, damit es der Herr nicht so leicht mercke. Die vie-
len Gnaden-pensiones kan ein Herr auch meist retrenchiren, alle kan
freylich einer nicht abschaffen, denn manchmahl hat einer meriten, er ist
herunter kommen, solchem muß man hiedurch helffen. Der Hochselige
König hat vielen Frantzosen von extraction, die sich aus Franckreich, we-
gen der Religion retiriret, solche Gnaden-pension gegeben, bis sie nach
und nach können employret werden. Manchmahl ist es auch gut, wenn

eines
M m 2

ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia.
von dem groͤßten Diamanten, woruͤber alle erſtaunet. Colbert ſagte:
Ein Fuͤrſt muͤſſe ein Anſehen haben auch auswaͤrts, und wenn gleich ein
Herr ſein Hertz nicht daran haͤnge, ſo muͤſſe er doch machen, daß Aus-
waͤrtige ihn vor einen maͤchtigen Koͤnig hielten, und ihn fuͤrchteten.
Wer dem Herrn rathen will, allen ſplendeur abzuſchaffen, der ſuppe-
diti
rt ein pſeudo-medium, indem ſolcher dem Herrn mehr ſchadet, als nuͤ-
tzet. Ein privat-Mann wendet was auf die Erziehung ſeiner Kinder,
wie vielmehr ſoll es nicht ein groſſer Herr thun. Was nun die gagen
betrifft, ſo waͤre abſurd, wenn alle ſollten umſonſt dienen, aber auf me-
rit
en und den Nutzen der chargen muß man ſehen, darnach muß die
gage eingerichtet werden. Wenn einer gleich ein Vermoͤgen hat, er hat
ein Point d’honneur, will gerne in publico verſiren, ſo ſiehet er doch, daß
bey allen chargen Muͤhe und noch Verdrießlichkeit zu gewarten, wenn
er etwas verſiehet, ſo dancket er ab, und will lieber vor ſich leben, oder
gehet zu einem andern Herrn, der ihm was giebet. Man darff nicht
dencken, daß unter denen Unterthanen Leute, welche alles pro bono pu-
blico
thun, und nicht dabey auf ihren Nutzen ſehen ſollten. Sie ſehen
ja, daß der Herr auf ſeinen Nutzen ſiehet, warum ſollten ſie es nicht
thun. Ein Koͤnig in Pohlen braucht keinen Bedienten etwas zu geben,
aber da haben ſie groſſe chargen zu gewarten. Will ſich ein Polack in
die Hoͤhe bringen, ſo gehet er a la cour, hat er ſich nun wohl meritiret
gemacht, ſo hat er Hoffnung ein Woywod zu werden: Denn manche
Woywodſchafft traͤgt jaͤhrlich hundert tauſend Thaler. Der Kayſer
hat auch Leute, welche ihm umſonſt dienen, oder wenigſtens eine gerin-
ge penſion bekommen. Die Leute aber ſind vor ſich reich, und der Kay-
ſer laͤſſet ſie bey ihren revenüen und juribus, thaͤte er es nicht, ſo muͤſte
er ſie beſolden. Mancher Graf in Oeſterreich hat jaͤhrlich funffzig tau-
ſend und hundert tauſend revenüen und noch wohl viel baar Geld liegen,
welches ſie nicht einmahl gerne austhun wollen. Beſoldet man die
Bedienten nicht recht, ſo gehets dem Volck ab, ſie ſuchen dem Volck
vieles abzuziehen, ſo hat der Herr Schaden. Setzt man gleich groſſe
Straffen darauf, ſo hilfft es doch nichts mehr, als daß ſie ſuchen es kuͤnſt-
licher einzurichten, damit es der Herr nicht ſo leicht mercke. Die vie-
len Gnaden-penſiones kan ein Herr auch meiſt retrenchiren, alle kan
freylich einer nicht abſchaffen, denn manchmahl hat einer meriten, er iſt
herunter kommen, ſolchem muß man hiedurch helffen. Der Hochſelige
Koͤnig hat vielen Frantzoſen von extraction, die ſich aus Franckreich, we-
gen der Religion retiriret, ſolche Gnaden-penſion gegeben, bis ſie nach
und nach koͤnnen employret werden. Manchmahl iſt es auch gut, wenn

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[275/0295] ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia. von dem groͤßten Diamanten, woruͤber alle erſtaunet. Colbert ſagte: Ein Fuͤrſt muͤſſe ein Anſehen haben auch auswaͤrts, und wenn gleich ein Herr ſein Hertz nicht daran haͤnge, ſo muͤſſe er doch machen, daß Aus- waͤrtige ihn vor einen maͤchtigen Koͤnig hielten, und ihn fuͤrchteten. Wer dem Herrn rathen will, allen ſplendeur abzuſchaffen, der ſuppe- ditirt ein pſeudo-medium, indem ſolcher dem Herrn mehr ſchadet, als nuͤ- tzet. Ein privat-Mann wendet was auf die Erziehung ſeiner Kinder, wie vielmehr ſoll es nicht ein groſſer Herr thun. Was nun die gagen betrifft, ſo waͤre abſurd, wenn alle ſollten umſonſt dienen, aber auf me- riten und den Nutzen der chargen muß man ſehen, darnach muß die gage eingerichtet werden. Wenn einer gleich ein Vermoͤgen hat, er hat ein Point d’honneur, will gerne in publico verſiren, ſo ſiehet er doch, daß bey allen chargen Muͤhe und noch Verdrießlichkeit zu gewarten, wenn er etwas verſiehet, ſo dancket er ab, und will lieber vor ſich leben, oder gehet zu einem andern Herrn, der ihm was giebet. Man darff nicht dencken, daß unter denen Unterthanen Leute, welche alles pro bono pu- blico thun, und nicht dabey auf ihren Nutzen ſehen ſollten. Sie ſehen ja, daß der Herr auf ſeinen Nutzen ſiehet, warum ſollten ſie es nicht thun. Ein Koͤnig in Pohlen braucht keinen Bedienten etwas zu geben, aber da haben ſie groſſe chargen zu gewarten. Will ſich ein Polack in die Hoͤhe bringen, ſo gehet er a la cour, hat er ſich nun wohl meritiret gemacht, ſo hat er Hoffnung ein Woywod zu werden: Denn manche Woywodſchafft traͤgt jaͤhrlich hundert tauſend Thaler. Der Kayſer hat auch Leute, welche ihm umſonſt dienen, oder wenigſtens eine gerin- ge penſion bekommen. Die Leute aber ſind vor ſich reich, und der Kay- ſer laͤſſet ſie bey ihren revenüen und juribus, thaͤte er es nicht, ſo muͤſte er ſie beſolden. Mancher Graf in Oeſterreich hat jaͤhrlich funffzig tau- ſend und hundert tauſend revenüen und noch wohl viel baar Geld liegen, welches ſie nicht einmahl gerne austhun wollen. Beſoldet man die Bedienten nicht recht, ſo gehets dem Volck ab, ſie ſuchen dem Volck vieles abzuziehen, ſo hat der Herr Schaden. Setzt man gleich groſſe Straffen darauf, ſo hilfft es doch nichts mehr, als daß ſie ſuchen es kuͤnſt- licher einzurichten, damit es der Herr nicht ſo leicht mercke. Die vie- len Gnaden-penſiones kan ein Herr auch meiſt retrenchiren, alle kan freylich einer nicht abſchaffen, denn manchmahl hat einer meriten, er iſt herunter kommen, ſolchem muß man hiedurch helffen. Der Hochſelige Koͤnig hat vielen Frantzoſen von extraction, die ſich aus Franckreich, we- gen der Religion retiriret, ſolche Gnaden-penſion gegeben, bis ſie nach und nach koͤnnen employret werden. Manchmahl iſt es auch gut, wenn eines M m 2

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/295>, abgerufen am 24.11.2024.