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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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status circa aerarium, tributa & vectigalia.
die Leute trauen nicht daselbst sich zu etabliren, denn bald kommt der Türck,
bald die Tartarn dahin. Man will auch gerne an einem Ort wohnen,
der gesund ist. Dicis: Wer kan den Ort ändern? Respond. Es gehet
gar wohl an: Holland ist ein ungesundes Land, und wenn ein Teutscher
nach Leyden kommt, muß er mehrentheils ein Fieber ausstehen. Aber
durch die Reinlichkeit haben es doch die Holländer dahin gebracht, daß
man gut daselbst leben kan. Eine Magd hat daselbst den gantzen Tag
zu thun, alles reinlich zu halten. Wenn einer in ein Hauß kommt, ge-
ben sie ihm gleich Pantoffeln, die er anziehen muß, damit er die Stube
nicht verunreiniget. Auf die Reinlichkeit muß man sehen. Die Por-
tugiesen haben die Insul N. gantz ausgebrennet, weil sie gesehen, daß es
ungesund daselbst zu leben, und viele vergifftige Thiere daselbst vorhan-
den. Man darff nur versichert seyn, daß in einem kleinen Lande, wo
hundert sind, noch zwey hundert Leute leben können, wenn alles
cultiviret wird. Da muß man gute regulas oeconomicas geben, und
muß die Cammer darauf dencken, wie sie denen Leuten solches recht zei-
get. Man muß nicht müde werden, dergleichen edicta anzuschlagen,
welche die oeconomie betreffen. Weil um Halle herum wenig Wiesen
sind, so ist man vor diesem auf einem Erb-Pacht verfallen, da man de-
nen Leuten gewisse Stücke verdungen, daß sie müssen Spanischen Clee
säen, welches auch viele glücklich practiciret haben. An manchen Or-
ten ist so viel Holtz, daß vieles verfaulet, da kan man suchen, das Land
auf eine andere Art zu brauchen. Der Czaar hat einen gantzen Wald
abbrennen lassen, und Korn dahin gesäet. Es ist ein schöner discours
in des Colberts seinem Testam. Polit. worinnen er weiset, daß in einem
kleinen Lande viel tausend Menschen können erhalten werden, wenn man
auf den Ackerbau und eine gute oeconomie acht giebet. Man hat ja
Mittel, wenn der Boden nicht fett, ihn fetter zu machen. Man muß
auch denen Leuten sagen, was sie vor Getrayde an diesen oder jenen
Orte säen sollten: Denn nicht alles Getrayde schlägt in einem Ackerbau
an. Weil nun in Holland schöne Städte, eine gute Policey, viele
Freyheit, so geschiehet es eben, daß so viele Leute sich dahin begeben. Sie
müssen wohl viel geben, können aber auch wiederum viel verdienen.
Wenn einer nicht ein grosses Staats-crimen begangen hat, so wird er
nicht ausgehändiget, denn sie sagen: ihr Land stünde offen, und könnte
sich dahin reiteriren, wer nur wollte. Es ist daselbst jucunditas, man
bekommt justiz. Man will ja keine Bettler haben, also muß auch da-
hin gesehen werden, daß einer befreyet sey a spoliis. Wo die Leute sol-
len Sicherheit haben, jucunde leben, da müssen auch alle Bedienten so

be-

ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia.
die Leute trauen nicht daſelbſt ſich zu etabliren, denn bald kommt der Tuͤrck,
bald die Tartarn dahin. Man will auch gerne an einem Ort wohnen,
der geſund iſt. Dicis: Wer kan den Ort aͤndern? Reſpond. Es gehet
gar wohl an: Holland iſt ein ungeſundes Land, und wenn ein Teutſcher
nach Leyden kommt, muß er mehrentheils ein Fieber ausſtehen. Aber
durch die Reinlichkeit haben es doch die Hollaͤnder dahin gebracht, daß
man gut daſelbſt leben kan. Eine Magd hat daſelbſt den gantzen Tag
zu thun, alles reinlich zu halten. Wenn einer in ein Hauß kommt, ge-
ben ſie ihm gleich Pantoffeln, die er anziehen muß, damit er die Stube
nicht verunreiniget. Auf die Reinlichkeit muß man ſehen. Die Por-
tugieſen haben die Inſul N. gantz ausgebrennet, weil ſie geſehen, daß es
ungeſund daſelbſt zu leben, und viele vergifftige Thiere daſelbſt vorhan-
den. Man darff nur verſichert ſeyn, daß in einem kleinen Lande, wo
hundert ſind, noch zwey hundert Leute leben koͤnnen, wenn alles
cultiviret wird. Da muß man gute regulas œconomicas geben, und
muß die Cammer darauf dencken, wie ſie denen Leuten ſolches recht zei-
get. Man muß nicht muͤde werden, dergleichen edicta anzuſchlagen,
welche die œconomie betreffen. Weil um Halle herum wenig Wieſen
ſind, ſo iſt man vor dieſem auf einem Erb-Pacht verfallen, da man de-
nen Leuten gewiſſe Stuͤcke verdungen, daß ſie muͤſſen Spaniſchen Clee
ſaͤen, welches auch viele gluͤcklich practiciret haben. An manchen Or-
ten iſt ſo viel Holtz, daß vieles verfaulet, da kan man ſuchen, das Land
auf eine andere Art zu brauchen. Der Czaar hat einen gantzen Wald
abbrennen laſſen, und Korn dahin geſaͤet. Es iſt ein ſchoͤner diſcours
in des Colberts ſeinem Teſtam. Polit. worinnen er weiſet, daß in einem
kleinen Lande viel tauſend Menſchen koͤnnen erhalten werden, wenn man
auf den Ackerbau und eine gute œconomie acht giebet. Man hat ja
Mittel, wenn der Boden nicht fett, ihn fetter zu machen. Man muß
auch denen Leuten ſagen, was ſie vor Getrayde an dieſen oder jenen
Orte ſaͤen ſollten: Denn nicht alles Getrayde ſchlaͤgt in einem Ackerbau
an. Weil nun in Holland ſchoͤne Staͤdte, eine gute Policey, viele
Freyheit, ſo geſchiehet es eben, daß ſo viele Leute ſich dahin begeben. Sie
muͤſſen wohl viel geben, koͤnnen aber auch wiederum viel verdienen.
Wenn einer nicht ein groſſes Staats-crimen begangen hat, ſo wird er
nicht ausgehaͤndiget, denn ſie ſagen: ihr Land ſtuͤnde offen, und koͤnnte
ſich dahin reiteriren, wer nur wollte. Es iſt daſelbſt jucunditas, man
bekommt juſtiz. Man will ja keine Bettler haben, alſo muß auch da-
hin geſehen werden, daß einer befreyet ſey a ſpoliis. Wo die Leute ſol-
len Sicherheit haben, jucunde leben, da muͤſſen auch alle Bedienten ſo

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[271/0291] ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia. die Leute trauen nicht daſelbſt ſich zu etabliren, denn bald kommt der Tuͤrck, bald die Tartarn dahin. Man will auch gerne an einem Ort wohnen, der geſund iſt. Dicis: Wer kan den Ort aͤndern? Reſpond. Es gehet gar wohl an: Holland iſt ein ungeſundes Land, und wenn ein Teutſcher nach Leyden kommt, muß er mehrentheils ein Fieber ausſtehen. Aber durch die Reinlichkeit haben es doch die Hollaͤnder dahin gebracht, daß man gut daſelbſt leben kan. Eine Magd hat daſelbſt den gantzen Tag zu thun, alles reinlich zu halten. Wenn einer in ein Hauß kommt, ge- ben ſie ihm gleich Pantoffeln, die er anziehen muß, damit er die Stube nicht verunreiniget. Auf die Reinlichkeit muß man ſehen. Die Por- tugieſen haben die Inſul N. gantz ausgebrennet, weil ſie geſehen, daß es ungeſund daſelbſt zu leben, und viele vergifftige Thiere daſelbſt vorhan- den. Man darff nur verſichert ſeyn, daß in einem kleinen Lande, wo hundert ſind, noch zwey hundert Leute leben koͤnnen, wenn alles cultiviret wird. Da muß man gute regulas œconomicas geben, und muß die Cammer darauf dencken, wie ſie denen Leuten ſolches recht zei- get. Man muß nicht muͤde werden, dergleichen edicta anzuſchlagen, welche die œconomie betreffen. Weil um Halle herum wenig Wieſen ſind, ſo iſt man vor dieſem auf einem Erb-Pacht verfallen, da man de- nen Leuten gewiſſe Stuͤcke verdungen, daß ſie muͤſſen Spaniſchen Clee ſaͤen, welches auch viele gluͤcklich practiciret haben. An manchen Or- ten iſt ſo viel Holtz, daß vieles verfaulet, da kan man ſuchen, das Land auf eine andere Art zu brauchen. Der Czaar hat einen gantzen Wald abbrennen laſſen, und Korn dahin geſaͤet. Es iſt ein ſchoͤner diſcours in des Colberts ſeinem Teſtam. Polit. worinnen er weiſet, daß in einem kleinen Lande viel tauſend Menſchen koͤnnen erhalten werden, wenn man auf den Ackerbau und eine gute œconomie acht giebet. Man hat ja Mittel, wenn der Boden nicht fett, ihn fetter zu machen. Man muß auch denen Leuten ſagen, was ſie vor Getrayde an dieſen oder jenen Orte ſaͤen ſollten: Denn nicht alles Getrayde ſchlaͤgt in einem Ackerbau an. Weil nun in Holland ſchoͤne Staͤdte, eine gute Policey, viele Freyheit, ſo geſchiehet es eben, daß ſo viele Leute ſich dahin begeben. Sie muͤſſen wohl viel geben, koͤnnen aber auch wiederum viel verdienen. Wenn einer nicht ein groſſes Staats-crimen begangen hat, ſo wird er nicht ausgehaͤndiget, denn ſie ſagen: ihr Land ſtuͤnde offen, und koͤnnte ſich dahin reiteriren, wer nur wollte. Es iſt daſelbſt jucunditas, man bekommt juſtiz. Man will ja keine Bettler haben, alſo muß auch da- hin geſehen werden, daß einer befreyet ſey a ſpoliis. Wo die Leute ſol- len Sicherheit haben, jucunde leben, da muͤſſen auch alle Bedienten ſo be-

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/291>, abgerufen am 09.11.2024.