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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
les anschlagen, und sehen, was der Adel hat, ratione derer unbewegli-
chen Güther. 2) Ein Herr hat Bedienten, diese tragen ihm nichts ein,
sondern er muß sie alle erhalten. Von diesen kan ein Herr eine Wissen-
schafft haben, was sie ihm jährlich kosten. 3) Hat er Soldaten, was
diese kosten, kan er leicht aus denen Rollen sehen, welche sehr accurat
gemacht werden. 4) Ist die Geistlichkeit, diese bringet nichts ein, er kan
sie aber nicht entbehren; Will er nun wissen, was diese kosten, so kan er
in denen Consistoriis davon Nachricht finden. 5) Gelehrte, diese brin-
gen auch nichts ein, sie werden ex publico erhalten. Da muß er sehen,
was vor eine Anzahl erfordert wird. An einem gewissen Ort hat man
drey hundert Advocaten, welches eine Himmel-schreyende Sünde, denn
da machen sie processe, wo keine sind. 6) Muß er auch wissen, was er
vor Capitalisten in seinem Lande hat. Auf die Renthierer muß er son-
derlich acht geben, denn das sind die Spanischen Fliegen, welche die
Unterthanen aussaugen, nehmen viel usuras von ihnen. Man sagt wohl,
das Geld rouillire doch, aber in der That rouilliret es nicht. Was kan
ein Handwercks-Mann vor einen profit haben, wenn er sechs pro cent
geben muß? Ja, wenn man zwey pro cent giebet, da ist es gut, und
thut keinen Schaden. Die Holländer drucken deßwegen die Renthierer
brav. Ein Herr kan leicht praeter propter die Capitalisten in seinem
Lande wissen, wie viel Tonnen Goldes sie im Vermögen ha-
ben. Auf etliche tausend Thaler kommt es hier nicht an. Es ist
aber als wie mit einem grossen Thurn; wenn ich da die Höhe des
Thurns habe, und es kommt ein anderer, welcher sagt, der Thurn sey
ein Finger höher, so frage ich wenig nach einem Finger, 7) Muß ein
Fürst auch sehen, was seine andern Kaufleute profitiren. Das kan
man auch sehen, wenn man acht giebet. 8) Die Handwercker kan man
auch leicht daraus erkennen, was sie brauchen, item man kan sehen, wie
viel er Gesellen hat. Bey Künstlern kan man es nicht so genau mer-
cken, sonderlich, wenn alle ihre Arbeit auswärts gebrauchet wird. Aber
da kan man auch acht haben, was er verzollet, veraccisirt, item wenn
man siehet, was er vor Materien einbringt, 9) Sind die Land-Wirthe
und Acker-Leute, die weiß man auch leicht. Dicis: Ein Haußwirth ist
ja besser, als der andere. Respond. Uberhaupt kan man doch sagen:
Was ein guter Haußwirth ist, so trägt die Hufe so und so viel. 10)
Ist das Gesinde und die Dienstbothen, da kan man auch sehen, theils,
was sie haben, theils, was sie lucriren. Man siehet auch daraus, wie
viel man Gesinde braucht. 11.) Tagelöhner, 12) Muß ein Fürst se-
hen, was er vor Arme und Bettler in seinem Lande hat; Wenn es Leu-

te

Cap. V. De prudentia
les anſchlagen, und ſehen, was der Adel hat, ratione derer unbewegli-
chen Guͤther. 2) Ein Herr hat Bedienten, dieſe tragen ihm nichts ein,
ſondern er muß ſie alle erhalten. Von dieſen kan ein Herr eine Wiſſen-
ſchafft haben, was ſie ihm jaͤhrlich koſten. 3) Hat er Soldaten, was
dieſe koſten, kan er leicht aus denen Rollen ſehen, welche ſehr accurat
gemacht werden. 4) Iſt die Geiſtlichkeit, dieſe bringet nichts ein, er kan
ſie aber nicht entbehren; Will er nun wiſſen, was dieſe koſten, ſo kan er
in denen Conſiſtoriis davon Nachricht finden. 5) Gelehrte, dieſe brin-
gen auch nichts ein, ſie werden ex publico erhalten. Da muß er ſehen,
was vor eine Anzahl erfordert wird. An einem gewiſſen Ort hat man
drey hundert Advocaten, welches eine Himmel-ſchreyende Suͤnde, denn
da machen ſie proceſſe, wo keine ſind. 6) Muß er auch wiſſen, was er
vor Capitaliſten in ſeinem Lande hat. Auf die Renthierer muß er ſon-
derlich acht geben, denn das ſind die Spaniſchen Fliegen, welche die
Unterthanen ausſaugen, nehmen viel uſuras von ihnen. Man ſagt wohl,
das Geld rouillire doch, aber in der That rouilliret es nicht. Was kan
ein Handwercks-Mann vor einen profit haben, wenn er ſechs pro cent
geben muß? Ja, wenn man zwey pro cent giebet, da iſt es gut, und
thut keinen Schaden. Die Hollaͤnder drucken deßwegen die Renthierer
brav. Ein Herr kan leicht præter propter die Capitaliſten in ſeinem
Lande wiſſen, wie viel Tonnen Goldes ſie im Vermoͤgen ha-
ben. Auf etliche tauſend Thaler kommt es hier nicht an. Es iſt
aber als wie mit einem groſſen Thurn; wenn ich da die Hoͤhe des
Thurns habe, und es kommt ein anderer, welcher ſagt, der Thurn ſey
ein Finger hoͤher, ſo frage ich wenig nach einem Finger, 7) Muß ein
Fuͤrſt auch ſehen, was ſeine andern Kaufleute profitiren. Das kan
man auch ſehen, wenn man acht giebet. 8) Die Handwercker kan man
auch leicht daraus erkennen, was ſie brauchen, item man kan ſehen, wie
viel er Geſellen hat. Bey Kuͤnſtlern kan man es nicht ſo genau mer-
cken, ſonderlich, wenn alle ihre Arbeit auswaͤrts gebrauchet wird. Aber
da kan man auch acht haben, was er verzollet, veracciſirt, item wenn
man ſiehet, was er vor Materien einbringt, 9) Sind die Land-Wirthe
und Acker-Leute, die weiß man auch leicht. Dicis: Ein Haußwirth iſt
ja beſſer, als der andere. Reſpond. Uberhaupt kan man doch ſagen:
Was ein guter Haußwirth iſt, ſo traͤgt die Hufe ſo und ſo viel. 10)
Iſt das Geſinde und die Dienſtbothen, da kan man auch ſehen, theils,
was ſie haben, theils, was ſie lucriren. Man ſiehet auch daraus, wie
viel man Geſinde braucht. 11.) Tageloͤhner, 12) Muß ein Fuͤrſt ſe-
hen, was er vor Arme und Bettler in ſeinem Lande hat; Wenn es Leu-

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[262/0282] Cap. V. De prudentia les anſchlagen, und ſehen, was der Adel hat, ratione derer unbewegli- chen Guͤther. 2) Ein Herr hat Bedienten, dieſe tragen ihm nichts ein, ſondern er muß ſie alle erhalten. Von dieſen kan ein Herr eine Wiſſen- ſchafft haben, was ſie ihm jaͤhrlich koſten. 3) Hat er Soldaten, was dieſe koſten, kan er leicht aus denen Rollen ſehen, welche ſehr accurat gemacht werden. 4) Iſt die Geiſtlichkeit, dieſe bringet nichts ein, er kan ſie aber nicht entbehren; Will er nun wiſſen, was dieſe koſten, ſo kan er in denen Conſiſtoriis davon Nachricht finden. 5) Gelehrte, dieſe brin- gen auch nichts ein, ſie werden ex publico erhalten. Da muß er ſehen, was vor eine Anzahl erfordert wird. An einem gewiſſen Ort hat man drey hundert Advocaten, welches eine Himmel-ſchreyende Suͤnde, denn da machen ſie proceſſe, wo keine ſind. 6) Muß er auch wiſſen, was er vor Capitaliſten in ſeinem Lande hat. Auf die Renthierer muß er ſon- derlich acht geben, denn das ſind die Spaniſchen Fliegen, welche die Unterthanen ausſaugen, nehmen viel uſuras von ihnen. Man ſagt wohl, das Geld rouillire doch, aber in der That rouilliret es nicht. Was kan ein Handwercks-Mann vor einen profit haben, wenn er ſechs pro cent geben muß? Ja, wenn man zwey pro cent giebet, da iſt es gut, und thut keinen Schaden. Die Hollaͤnder drucken deßwegen die Renthierer brav. Ein Herr kan leicht præter propter die Capitaliſten in ſeinem Lande wiſſen, wie viel Tonnen Goldes ſie im Vermoͤgen ha- ben. Auf etliche tauſend Thaler kommt es hier nicht an. Es iſt aber als wie mit einem groſſen Thurn; wenn ich da die Hoͤhe des Thurns habe, und es kommt ein anderer, welcher ſagt, der Thurn ſey ein Finger hoͤher, ſo frage ich wenig nach einem Finger, 7) Muß ein Fuͤrſt auch ſehen, was ſeine andern Kaufleute profitiren. Das kan man auch ſehen, wenn man acht giebet. 8) Die Handwercker kan man auch leicht daraus erkennen, was ſie brauchen, item man kan ſehen, wie viel er Geſellen hat. Bey Kuͤnſtlern kan man es nicht ſo genau mer- cken, ſonderlich, wenn alle ihre Arbeit auswaͤrts gebrauchet wird. Aber da kan man auch acht haben, was er verzollet, veracciſirt, item wenn man ſiehet, was er vor Materien einbringt, 9) Sind die Land-Wirthe und Acker-Leute, die weiß man auch leicht. Dicis: Ein Haußwirth iſt ja beſſer, als der andere. Reſpond. Uberhaupt kan man doch ſagen: Was ein guter Haußwirth iſt, ſo traͤgt die Hufe ſo und ſo viel. 10) Iſt das Geſinde und die Dienſtbothen, da kan man auch ſehen, theils, was ſie haben, theils, was ſie lucriren. Man ſiehet auch daraus, wie viel man Geſinde braucht. 11.) Tageloͤhner, 12) Muß ein Fuͤrſt ſe- hen, was er vor Arme und Bettler in ſeinem Lande hat; Wenn es Leu- te

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/282>, abgerufen am 24.11.2024.