Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia sten aber ist es besser, wenn er sie kan sub specie honoris auf die Seiteschaffen, alsdenn wird kein scandalum gegeben. Freyheit ihr sentiment auf- richtig zu sa- gen. §. 17. Weil der Herr nicht alleine regieren kan, und nicht allei- stund
Cap. V. De prudentia ſten aber iſt es beſſer, wenn er ſie kan ſub ſpecie honoris auf die Seiteſchaffen, alsdenn wird kein ſcandalum gegeben. Freyheit ihr ſentiment auf- richtig zu ſa- gen. §. 17. Weil der Herr nicht alleine regieren kan, und nicht allei- ſtund
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Cap. V. De prudentia
ſten aber iſt es beſſer, wenn er ſie kan ſub ſpecie honoris auf die Seite
ſchaffen, alsdenn wird kein ſcandalum gegeben.
§. 17. Weil der Herr nicht alleine regieren kan, und nicht allei-
ne regieren will, ſo muß man hier auch conſideriren, was in Anſehung
der Sentenz zu obſerviren. Was hilfft ein Conſeiller, der nicht kan ſa-
gen, niſi cum magno periculo, quid ſibi videatur, vel ſi immineas pro-
ſcriptio, wenn er wuͤrde die Wahrheit ſagen. Faſt an allen Hoͤfen iſt
nichts als flatterie, ſtulta adulatio, und accommodiret man ſich nach des
Herrn ſeinen paſſionibus und inclinationibus, da man vielmehr ſolche
ſollte ſuchen zu ſupprimiren. Alſo iſt gewiß derjenige Herr hoch zu æſti-
miren, welcher leiden kan, daß man ihn nicht allein contradiciret, ſon-
dern auch ſeine intention cenſiret. Dergleichen exempla ſind freylich
rar, doch haben die Hiſtorici ſolche nicht vergeſſen, ſondern cum magna
laude ad poſteros propagiret. Dahin gehoͤret nun Ludovicus XII. in
Franckreich, und in gewiſſer Maſſe Carolus IX. Ludovicus XII. konnte
gar wohl leiden, daß dasjenige refutiret wuͤrde, was er geſagt, er konnte
auch leiden, daß einer remonſtrirte, abſurdi non nihil fuiſſe propoſitum
a Rege. Einen ſolchen gelaſſenen Herrn wird man nicht leicht finden,
und meritirt es, ſeine Hiſtorie zu beſchreiben, weil man viel gutes bey
ihm findet. Man kan daraus ſehen, daß er ein groſſer Koͤnig geweſen,
weil gantz Europa ſich wider ihn verbunden. Carolus IX. welcher ſonſt
ein boͤſer Herr geweſen, der ſein Gedaͤchtnis durch die grauſame maſſacre
de St. Barthelmy beflecket, welches auch Caſtelno in vita Caroli IX. me-
dia in Gallia nicht disſimuliret, hat doch dieſes gute an ſich gehabt, daß
er ſich oͤffentlich ſatyriſiren laſſen. Der Poët Ranſard hat ein Carmen
geſchrieben, worinnen er den Koͤnig ſatyriſiret, daß er ſeine domainen ſo
liederlich alieniret, und wuͤrde er zuletzt noch muͤſſen betteln gehen. Das
Carmen kan man unter des Ronſard uͤbrigen carminibus finden, welche
man in folio zuſammen gedruckt. Damahls iſt freylich die Poëſie noch
nicht ſo hoch geweſen, als jetzo, man findet doch aber einen maſculum
ſtilum. Jedermann hat ſich gewundert, daß es der Ronſard ſo hazardi-
ret, und daß es der Koͤnig mit ſolcher Gedult ertragen. Unter andern
hat auch der Ronſard ein Carmen gemacht, darinnen er den Koͤnig
durchgezogen, daß er untuͤchtige Leute nicht nur zu weltlichen chargen,
ſondern auch zu Geiſtlichen benennet, woraus er denn endlich ſoviel ge-
ſchloſſen, daß, wenn einer unter Carolo IX. avanciren wollte, wuͤrde
nichts mehr erfordert, als daß einer ein ignorant waͤre. Als die Koͤni-
gin Eliſabeth regieret, ſo ward der Melville, ein Schottlaͤnder, von der
Koͤnigin Mariaͤ in Schottland an die Eliſabeth geſchicket. Dieſer
ſtund
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