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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
citiren. Also kämen doch habile Leute zu denen chargen. Aber es kommt
doch manchmahl ein error mit unter. Denn pro habili wird gehalten,
der das meiste Geld giebet. Merillius hat eine orarion gehalten, (welche
sonst sehr rar gewesen, weßwegen ich solche in meine Gundling. eindru-
cken lassen. Jetzo aber ist sie auch bey seinen operibus, so in Neapolis
gedruckt, zu finden,) worinnen er auch saget, weil die chargen verkaufft
würden, so geschähe es eben, daß die Leute nichts studirten. Da kommts
bloß darauf an, ob einer Geld hat, das mag er nun rechtmäßig acqui-
ri
ret haben, oder seine Vorfahren mögen es gestohlen haben, darnach
fraget man nicht. Wer viel vor die charge giebt, wird auch sehen, daß
er seinen Schaden beykommt, und wird also gleichsam salus populi sub-
hasti
ret. Die Menschen sollten freylich nicht so interessiret seyn, aber sie
thun es doch, sie führen sich nicht als Wiedergebohrne auf; doch wollte
ich alles dieses passiren lassen, wenn man nur ein temperament hielte,
und nur solche chargen verkauffte, wo keine besondere Geschicklichkeit er-
fordert würde. e. g. Die charge eines Cammer-Herrn, und Cammer-
Junckers; aber da ist Gefahr, daß solche Leute, die beständig um den
Herrn sind, weiter avanciren. Aber wenn man die Bedienungen in ju-
stiz-
Sachen und Cameral-Sachen will verkauffen, die einen Verstand
erfordern, das ist nicht zu approbiren. Richelieu hat auch nichts von
dieser Verkauffung gehalten, welches man aus seinem Test. Polit. sehen
kan, und der Mazarini ebenfalls nicht, aber sie haben es nicht wollen ab-
schaffen, weil man in Geld-Mangel sich damit helffen kan. Grosse
Herren brauchen es nicht, daß sie die Aemter verkauffen, sie dürffen ja
nichts geben, das Land muß ja alle Besoldungen geben in Teutschland,
so wohl als in Franckreich, die pensiones sind nicht groß, aber das extra,
die Neben-Büchsen tragen viel ein. Es ist gefährlich, wenn man die
chargen verkaufft in toga, aber noch schlimmer ist es, wenn es geschiehet
in militia. In Holland haben sie es so groß gemacht, da die reichen
Kauffmanns-Söhne die größteu chargen sich angekaufft, welche doch
keinen todten Hund im Felde gesehen. Wenn die Holländer das Jahr
1672. aus ihren annalibus können ausstreichen, würde viel schimpffliches
weg seyn. Denn in diesen Jahre ist es eben geschehen. Es hätte nicht
viel gefehlet, so hätten die Holländer müssen fortgehen, und nach Ame-
rica wandern. Sie hatten schon die Schleussen aufgemacht, sie hatten
ein project gemacht, keinen Krieg zu sühren, Geldern zu abandonniren,
und bey Utrecht einen Canal herzuziehen, der Canal aber war zu dersel-
ben Zeit noch nicht da, daher kamen sie zu kurtz. In toga lassen sie doch
noch bey Einheimischen zu, daß sie können chargen kauffen. Im Krieg

aber

Cap. V. De prudentia
citiren. Alſo kaͤmen doch habile Leute zu denen chargen. Aber es kommt
doch manchmahl ein error mit unter. Denn pro habili wird gehalten,
der das meiſte Geld giebet. Merillius hat eine orarion gehalten, (welche
ſonſt ſehr rar geweſen, weßwegen ich ſolche in meine Gundling. eindru-
cken laſſen. Jetzo aber iſt ſie auch bey ſeinen operibus, ſo in Neapolis
gedruckt, zu finden,) worinnen er auch ſaget, weil die chargen verkaufft
wuͤrden, ſo geſchaͤhe es eben, daß die Leute nichts ſtudirten. Da kommts
bloß darauf an, ob einer Geld hat, das mag er nun rechtmaͤßig acqui-
ri
ret haben, oder ſeine Vorfahren moͤgen es geſtohlen haben, darnach
fraget man nicht. Wer viel vor die charge giebt, wird auch ſehen, daß
er ſeinen Schaden beykommt, und wird alſo gleichſam ſalus populi ſub-
haſti
ret. Die Menſchen ſollten freylich nicht ſo intereſſiret ſeyn, aber ſie
thun es doch, ſie fuͤhren ſich nicht als Wiedergebohrne auf; doch wollte
ich alles dieſes paſſiren laſſen, wenn man nur ein temperament hielte,
und nur ſolche chargen verkauffte, wo keine beſondere Geſchicklichkeit er-
fordert wuͤrde. e. g. Die charge eines Cammer-Herrn, und Cammer-
Junckers; aber da iſt Gefahr, daß ſolche Leute, die beſtaͤndig um den
Herrn ſind, weiter avanciren. Aber wenn man die Bedienungen in ju-
ſtiz-
Sachen und Cameral-Sachen will verkauffen, die einen Verſtand
erfordern, das iſt nicht zu approbiren. Richelieu hat auch nichts von
dieſer Verkauffung gehalten, welches man aus ſeinem Teſt. Polit. ſehen
kan, und der Mazarini ebenfalls nicht, aber ſie haben es nicht wollen ab-
ſchaffen, weil man in Geld-Mangel ſich damit helffen kan. Groſſe
Herren brauchen es nicht, daß ſie die Aemter verkauffen, ſie duͤrffen ja
nichts geben, das Land muß ja alle Beſoldungen geben in Teutſchland,
ſo wohl als in Franckreich, die penſiones ſind nicht groß, aber das extra,
die Neben-Buͤchſen tragen viel ein. Es iſt gefaͤhrlich, wenn man die
chargen verkaufft in toga, aber noch ſchlimmer iſt es, wenn es geſchiehet
in militia. In Holland haben ſie es ſo groß gemacht, da die reichen
Kauffmanns-Soͤhne die groͤßteu chargen ſich angekaufft, welche doch
keinen todten Hund im Felde geſehen. Wenn die Hollaͤnder das Jahr
1672. aus ihren annalibus koͤnnen ausſtreichen, wuͤrde viel ſchimpffliches
weg ſeyn. Denn in dieſen Jahre iſt es eben geſchehen. Es haͤtte nicht
viel gefehlet, ſo haͤtten die Hollaͤnder muͤſſen fortgehen, und nach Ame-
rica wandern. Sie hatten ſchon die Schleuſſen aufgemacht, ſie hatten
ein project gemacht, keinen Krieg zu ſuͤhren, Geldern zu abandonniren,
und bey Utrecht einen Canal herzuziehen, der Canal aber war zu derſel-
ben Zeit noch nicht da, daher kamen ſie zu kurtz. In toga laſſen ſie doch
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aber
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[246/0266] Cap. V. De prudentia citiren. Alſo kaͤmen doch habile Leute zu denen chargen. Aber es kommt doch manchmahl ein error mit unter. Denn pro habili wird gehalten, der das meiſte Geld giebet. Merillius hat eine orarion gehalten, (welche ſonſt ſehr rar geweſen, weßwegen ich ſolche in meine Gundling. eindru- cken laſſen. Jetzo aber iſt ſie auch bey ſeinen operibus, ſo in Neapolis gedruckt, zu finden,) worinnen er auch ſaget, weil die chargen verkaufft wuͤrden, ſo geſchaͤhe es eben, daß die Leute nichts ſtudirten. Da kommts bloß darauf an, ob einer Geld hat, das mag er nun rechtmaͤßig acqui- riret haben, oder ſeine Vorfahren moͤgen es geſtohlen haben, darnach fraget man nicht. Wer viel vor die charge giebt, wird auch ſehen, daß er ſeinen Schaden beykommt, und wird alſo gleichſam ſalus populi ſub- haſtiret. Die Menſchen ſollten freylich nicht ſo intereſſiret ſeyn, aber ſie thun es doch, ſie fuͤhren ſich nicht als Wiedergebohrne auf; doch wollte ich alles dieſes paſſiren laſſen, wenn man nur ein temperament hielte, und nur ſolche chargen verkauffte, wo keine beſondere Geſchicklichkeit er- fordert wuͤrde. e. g. Die charge eines Cammer-Herrn, und Cammer- Junckers; aber da iſt Gefahr, daß ſolche Leute, die beſtaͤndig um den Herrn ſind, weiter avanciren. Aber wenn man die Bedienungen in ju- ſtiz-Sachen und Cameral-Sachen will verkauffen, die einen Verſtand erfordern, das iſt nicht zu approbiren. Richelieu hat auch nichts von dieſer Verkauffung gehalten, welches man aus ſeinem Teſt. Polit. ſehen kan, und der Mazarini ebenfalls nicht, aber ſie haben es nicht wollen ab- ſchaffen, weil man in Geld-Mangel ſich damit helffen kan. Groſſe Herren brauchen es nicht, daß ſie die Aemter verkauffen, ſie duͤrffen ja nichts geben, das Land muß ja alle Beſoldungen geben in Teutſchland, ſo wohl als in Franckreich, die penſiones ſind nicht groß, aber das extra, die Neben-Buͤchſen tragen viel ein. Es iſt gefaͤhrlich, wenn man die chargen verkaufft in toga, aber noch ſchlimmer iſt es, wenn es geſchiehet in militia. In Holland haben ſie es ſo groß gemacht, da die reichen Kauffmanns-Soͤhne die groͤßteu chargen ſich angekaufft, welche doch keinen todten Hund im Felde geſehen. Wenn die Hollaͤnder das Jahr 1672. aus ihren annalibus koͤnnen ausſtreichen, wuͤrde viel ſchimpffliches weg ſeyn. Denn in dieſen Jahre iſt es eben geſchehen. Es haͤtte nicht viel gefehlet, ſo haͤtten die Hollaͤnder muͤſſen fortgehen, und nach Ame- rica wandern. Sie hatten ſchon die Schleuſſen aufgemacht, ſie hatten ein project gemacht, keinen Krieg zu ſuͤhren, Geldern zu abandonniren, und bey Utrecht einen Canal herzuziehen, der Canal aber war zu derſel- ben Zeit noch nicht da, daher kamen ſie zu kurtz. In toga laſſen ſie doch noch bey Einheimiſchen zu, daß ſie koͤnnen chargen kauffen. Im Krieg aber

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/266>, abgerufen am 24.11.2024.