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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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status circa Ministros & Magistratus inferiores.
emendiren. Weil wir nun keinen Menschen haben, der allein chole-
ri
sch, sondern ein jeder hat auch etwas von dem temperamento melan-
cholico
und sanguineo, so saget man, wenn cholera praedominirt, und
melancholia hat secundum locum, so ist er ein cholerico-melancholicus.
Wer einen Conseiller, Ministre haben will, braucht Leute, die eine vi-
gueur,
eine constantiam haben, und also muß ein Herr ein temperament
erwehlen, da er eine vigueur antrifft. Homines melancholico-sangui-
nei,
und sanguineo-melancholici sind ineptissimi ad imperandum ad
agendum,
das ist das temperament der Narren, nihil vividi ist in ihnen,
sie sind furchtsam, faul, träge, fallen von einem extremo auf das ande-
re, haben eine inclination ad voluptates. Sie sind vor sich gantz sobrii,
aber wenn sie dazu kommen, daß es ihnen nichts kostet, so fressen und
sauffen sie drauf los, und prostituiren sich, wenn solches grosse Leute
werden, so werden sie Tyrannen, wie man solches an dem Caligula und
Tiberio siehet. Alle Fehler, so Tiberius gehabt, lassen sich daher dedu-
ci
ren. Ein Melancholicus ist grausam, furchtsam, suspicax. Die Leu-
te, so melancholico-sanguinei, fallen zuletzt auf den Enthusiasmum. En-
thusiasmus
kommt eben aus einem otio, da einer wunderliche Gedancken
hat. Sie sind gut zu bouffons, zu Verräthern, denn sie schwatzen al-
les aus, aber zu Espions schicken sie sich nicht, dazu sind sie zu tumm.
Vor solchen Leuten muß man sich sehr hüten, die thun einem den größ-
ten Schaden, sie langen die Castanien heraus? diese sind extrem-geitzig,
und auch extrem-verschwenderisch, fallen von einem auf das andere?
Sie haben auch kein judicium, denn wo sollte das judicium herkom-
men? Von dem sanguine kan es nicht kommen, und auch nicht von
der melancholia. Das jugement kommt von der cholera, ein jugement
aber dringet durch, separiret alles, und beobachtet alle diversitates. Der
St. Euremont, welcher ein Soldat gewesen, hat in seinen Oevres meelees
unterschiedliche Frantzösische Generales, als den Gassion, Turenne, Cre-
qui,
und andere mehr betrachtet, und nach ihren inclinationibus wohl
beschrieben. Der Gassion wird beschrieben als ein Cholerico Melan-
cholicus,
welcher capable war eine grosse Armee zu commandiren. Der
Turenne aber, als ein Cholerico-Sanguineus, der war ein Parthiegän-
ger. Wie es nun im Kriege ist, so ist es auch bey denen Togatis. Ein
Melancholico-Sanguineus hat auch ein rechtes Butter-Milch Gesichte;
wenn man dencket, er ist lustig, so wird er, ehe man sichs versiehet, trau-
rig, und will sich aufhengen. Er wird jaloux, im Augenblick aber em-
brassi
ret er seine Frau wieder, und wie er sie embrassiret, so schlägt er sie
wieder. Unter bürgerlichen Leuten sind solche noch zu toleriren, aber in

con-
G g 2

ſtatus circa Miniſtros & Magiſtratus inferiores.
emendiren. Weil wir nun keinen Menſchen haben, der allein chole-
ri
ſch, ſondern ein jeder hat auch etwas von dem temperamento melan-
cholico
und ſanguineo, ſo ſaget man, wenn cholera prædominirt, und
melancholia hat ſecundum locum, ſo iſt er ein cholerico-melancholicus.
Wer einen Conſeiller, Miniſtre haben will, braucht Leute, die eine vi-
gueur,
eine conſtantiam haben, und alſo muß ein Herr ein temperament
erwehlen, da er eine vigueur antrifft. Homines melancholico-ſangui-
nei,
und ſanguineo-melancholici ſind ineptiſſimi ad imperandum ad
agendum,
das iſt das temperament der Narren, nihil vividi iſt in ihnen,
ſie ſind furchtſam, faul, traͤge, fallen von einem extremo auf das ande-
re, haben eine inclination ad voluptates. Sie ſind vor ſich gantz ſobrii,
aber wenn ſie dazu kommen, daß es ihnen nichts koſtet, ſo freſſen und
ſauffen ſie drauf los, und proſtituiren ſich, wenn ſolches groſſe Leute
werden, ſo werden ſie Tyrannen, wie man ſolches an dem Caligula und
Tiberio ſiehet. Alle Fehler, ſo Tiberius gehabt, laſſen ſich daher dedu-
ci
ren. Ein Melancholicus iſt grauſam, furchtſam, ſuſpicax. Die Leu-
te, ſo melancholico-ſanguinei, fallen zuletzt auf den Enthuſiaſmum. En-
thuſiaſmus
kommt eben aus einem otio, da einer wunderliche Gedancken
hat. Sie ſind gut zu bouffons, zu Verraͤthern, denn ſie ſchwatzen al-
les aus, aber zu Eſpions ſchicken ſie ſich nicht, dazu ſind ſie zu tumm.
Vor ſolchen Leuten muß man ſich ſehr huͤten, die thun einem den groͤß-
ten Schaden, ſie langen die Caſtanien heraus? dieſe ſind extrem-geitzig,
und auch extrem-verſchwenderiſch, fallen von einem auf das andere?
Sie haben auch kein judicium, denn wo ſollte das judicium herkom-
men? Von dem ſanguine kan es nicht kommen, und auch nicht von
der melancholia. Das jugement kommt von der cholera, ein jugement
aber dringet durch, ſepariret alles, und beobachtet alle diverſitates. Der
St. Euremont, welcher ein Soldat geweſen, hat in ſeinen Oevres meelées
unterſchiedliche Frantzoͤſiſche Generales, als den Gaſſion, Turenne, Cre-
qui,
und andere mehr betrachtet, und nach ihren inclinationibus wohl
beſchrieben. Der Gaſſion wird beſchrieben als ein Cholerico Melan-
cholicus,
welcher capable war eine groſſe Armee zu commandiren. Der
Turenne aber, als ein Cholerico-Sanguineus, der war ein Parthiegaͤn-
ger. Wie es nun im Kriege iſt, ſo iſt es auch bey denen Togatis. Ein
Melancholico-Sanguineus hat auch ein rechtes Butter-Milch Geſichte;
wenn man dencket, er iſt luſtig, ſo wird er, ehe man ſichs verſiehet, trau-
rig, und will ſich aufhengen. Er wird jaloux, im Augenblick aber em-
braſſi
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[235/0255] ſtatus circa Miniſtros & Magiſtratus inferiores. emendiren. Weil wir nun keinen Menſchen haben, der allein chole- riſch, ſondern ein jeder hat auch etwas von dem temperamento melan- cholico und ſanguineo, ſo ſaget man, wenn cholera prædominirt, und melancholia hat ſecundum locum, ſo iſt er ein cholerico-melancholicus. Wer einen Conſeiller, Miniſtre haben will, braucht Leute, die eine vi- gueur, eine conſtantiam haben, und alſo muß ein Herr ein temperament erwehlen, da er eine vigueur antrifft. Homines melancholico-ſangui- nei, und ſanguineo-melancholici ſind ineptiſſimi ad imperandum ad agendum, das iſt das temperament der Narren, nihil vividi iſt in ihnen, ſie ſind furchtſam, faul, traͤge, fallen von einem extremo auf das ande- re, haben eine inclination ad voluptates. Sie ſind vor ſich gantz ſobrii, aber wenn ſie dazu kommen, daß es ihnen nichts koſtet, ſo freſſen und ſauffen ſie drauf los, und proſtituiren ſich, wenn ſolches groſſe Leute werden, ſo werden ſie Tyrannen, wie man ſolches an dem Caligula und Tiberio ſiehet. Alle Fehler, ſo Tiberius gehabt, laſſen ſich daher dedu- ciren. Ein Melancholicus iſt grauſam, furchtſam, ſuſpicax. Die Leu- te, ſo melancholico-ſanguinei, fallen zuletzt auf den Enthuſiaſmum. En- thuſiaſmus kommt eben aus einem otio, da einer wunderliche Gedancken hat. Sie ſind gut zu bouffons, zu Verraͤthern, denn ſie ſchwatzen al- les aus, aber zu Eſpions ſchicken ſie ſich nicht, dazu ſind ſie zu tumm. Vor ſolchen Leuten muß man ſich ſehr huͤten, die thun einem den groͤß- ten Schaden, ſie langen die Caſtanien heraus? dieſe ſind extrem-geitzig, und auch extrem-verſchwenderiſch, fallen von einem auf das andere? Sie haben auch kein judicium, denn wo ſollte das judicium herkom- men? Von dem ſanguine kan es nicht kommen, und auch nicht von der melancholia. Das jugement kommt von der cholera, ein jugement aber dringet durch, ſepariret alles, und beobachtet alle diverſitates. Der St. Euremont, welcher ein Soldat geweſen, hat in ſeinen Oevres meelées unterſchiedliche Frantzoͤſiſche Generales, als den Gaſſion, Turenne, Cre- qui, und andere mehr betrachtet, und nach ihren inclinationibus wohl beſchrieben. Der Gaſſion wird beſchrieben als ein Cholerico Melan- cholicus, welcher capable war eine groſſe Armee zu commandiren. Der Turenne aber, als ein Cholerico-Sanguineus, der war ein Parthiegaͤn- ger. Wie es nun im Kriege iſt, ſo iſt es auch bey denen Togatis. Ein Melancholico-Sanguineus hat auch ein rechtes Butter-Milch Geſichte; wenn man dencket, er iſt luſtig, ſo wird er, ehe man ſichs verſiehet, trau- rig, und will ſich aufhengen. Er wird jaloux, im Augenblick aber em- braſſiret er ſeine Frau wieder, und wie er ſie embraſſiret, ſo ſchlaͤgt er ſie wieder. Unter buͤrgerlichen Leuten ſind ſolche noch zu toleriren, aber in con- G g 2

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/255>, abgerufen am 24.11.2024.