Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. V. De prudentia
geschiehet wegen meiner Helden-Thaten: denn wenn wir grosse Thaten
thun, so sind wir schon ziemlich bey Jahren, wir werden ja nicht gleich
groß, und also kan man die Ehre nicht lange geniessen. Sehen wir
aber, daß auch unsere posteri deßwegen nicht vergessen werden, so entste-
het eine flamma in animis nostris, welche uns excitirt mehr zu thun.

§. 13. Prudentia ist bey denen praemiis die Richtschnur, welche
man in acht nehmen muß. Seneca sagt: Wenn ich einen ein praemium
geben will, so muß es ihm angenehm seyn, nicht anders, als wenn ich
einen zu Gaste bitte, so kan ich ihm nicht vorsetzen, was ich nur gerne
esse, und der andere isset es nicht gerne, das ist eine stultitia. Da hat
Seneca gezeiget, daß es solchen Leuten am judicio fehle. Wenn ich ei-
nem Frauenzimmer einen Jäger-Spieß, oder einem Priester ein paar
harte Stiefeln schencken wollte, das würde ihnen nicht angenehm seyn.
So ist es auch mit denen praemiis. Wenn wohl meritirte Leute da
sind, die will ich recompensiren, so muß ich auf ihre inclination und
andere Umstände acht geben; Haben sie nicht viel, so muß ich ihnen
erst was geben, daß sie haben de quoi, aber bey allen kan man dieses
nicht thun.

Sectio VI.
de
Prudentia status circa Ministros & Magistratus
inferiores.
§. 1. 2.
Daß bey der
Wahl der Mi-
nistres
auf de-
ren Geschick-
lichkeit zu se-
hen.

EIn Princeps muß Ministres haben, Burgermeister, Raths-Herren.
Es gehet dieses in allen Republiquen an, und changiret es nur
ratione denominationis. Die Alten, so Aristotelici gewesen,
haben ein Gleichniß gegeben, und gesagt, die Seele habe zwey Kräffte,
Verstand und Willen; der Wille sey zwar das Hauptsächlichste, aber
der intellectus sey der Consiliarius, der Wille sey eine potentia coeca,
und müssen von dem intellectu illustriret werden. So haben die Aristo-
telici
ihren introitum bey denen Magistrats-Personen gemacht. Bey
denen Magistrats-Personen haben sie gemeynet, wäre der Princeps vo-
luntas, reliqui consiliarii repraesenti
rten intellectum, a quo collustretur
illa voluntas
. Ob ich zwar nun wohl weiß, daß die Aristotelici offt

lassen

Cap. V. De prudentia
geſchiehet wegen meiner Helden-Thaten: denn wenn wir groſſe Thaten
thun, ſo ſind wir ſchon ziemlich bey Jahren, wir werden ja nicht gleich
groß, und alſo kan man die Ehre nicht lange genieſſen. Sehen wir
aber, daß auch unſere poſteri deßwegen nicht vergeſſen werden, ſo entſte-
het eine flamma in animis noſtris, welche uns excitirt mehr zu thun.

§. 13. Prudentia iſt bey denen præmiis die Richtſchnur, welche
man in acht nehmen muß. Seneca ſagt: Wenn ich einen ein præmium
geben will, ſo muß es ihm angenehm ſeyn, nicht anders, als wenn ich
einen zu Gaſte bitte, ſo kan ich ihm nicht vorſetzen, was ich nur gerne
eſſe, und der andere iſſet es nicht gerne, das iſt eine ſtultitia. Da hat
Seneca gezeiget, daß es ſolchen Leuten am judicio fehle. Wenn ich ei-
nem Frauenzimmer einen Jaͤger-Spieß, oder einem Prieſter ein paar
harte Stiefeln ſchencken wollte, das wuͤrde ihnen nicht angenehm ſeyn.
So iſt es auch mit denen præmiis. Wenn wohl meritirte Leute da
ſind, die will ich recompenſiren, ſo muß ich auf ihre inclination und
andere Umſtaͤnde acht geben; Haben ſie nicht viel, ſo muß ich ihnen
erſt was geben, daß ſie haben de quoi, aber bey allen kan man dieſes
nicht thun.

Sectio VI.
de
Prudentia ſtatus circa Miniſtros & Magiſtratus
inferiores.
§. 1. 2.
Daß bey der
Wahl der Mi-
niſtres
auf de-
ren Geſchick-
lichkeit zu ſe-
hen.

EIn Princeps muß Miniſtres haben, Burgermeiſter, Raths-Herren.
Es gehet dieſes in allen Republiquen an, und changiret es nur
ratione denominationis. Die Alten, ſo Ariſtotelici geweſen,
haben ein Gleichniß gegeben, und geſagt, die Seele habe zwey Kraͤffte,
Verſtand und Willen; der Wille ſey zwar das Hauptſaͤchlichſte, aber
der intellectus ſey der Conſiliarius, der Wille ſey eine potentia cœca,
und muͤſſen von dem intellectu illuſtriret werden. So haben die Ariſto-
telici
ihren introitum bey denen Magiſtrats-Perſonen gemacht. Bey
denen Magiſtrats-Perſonen haben ſie gemeynet, waͤre der Princeps vo-
luntas, reliqui conſiliarii repræſenti
rten intellectum, a quo colluſtretur
illa voluntas
. Ob ich zwar nun wohl weiß, daß die Ariſtotelici offt

laſſen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0238" n="218"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> V. De prudentia</hi></fw><lb/>
ge&#x017F;chiehet wegen meiner Helden-Thaten: denn wenn wir gro&#x017F;&#x017F;e Thaten<lb/>
thun, &#x017F;o &#x017F;ind wir &#x017F;chon ziemlich bey Jahren, wir werden ja nicht gleich<lb/>
groß, und al&#x017F;o kan man die Ehre nicht lange genie&#x017F;&#x017F;en. Sehen wir<lb/>
aber, daß auch un&#x017F;ere <hi rendition="#aq">po&#x017F;teri</hi> deßwegen nicht verge&#x017F;&#x017F;en werden, &#x017F;o ent&#x017F;te-<lb/>
het eine <hi rendition="#aq">flamma in animis no&#x017F;tris,</hi> welche uns <hi rendition="#aq">exciti</hi>rt mehr zu thun.</p><lb/>
            <p>§. 13. <hi rendition="#aq">Prudentia</hi> i&#x017F;t bey denen <hi rendition="#aq">præmiis</hi> die Richt&#x017F;chnur, welche<lb/>
man in acht nehmen muß. <hi rendition="#aq">Seneca</hi> &#x017F;agt: Wenn ich einen ein <hi rendition="#aq">præmium</hi><lb/>
geben will, &#x017F;o muß es ihm angenehm &#x017F;eyn, nicht anders, als wenn ich<lb/>
einen zu Ga&#x017F;te bitte, &#x017F;o kan ich ihm nicht vor&#x017F;etzen, was ich nur gerne<lb/>
e&#x017F;&#x017F;e, und der andere i&#x017F;&#x017F;et es nicht gerne, das i&#x017F;t eine <hi rendition="#aq">&#x017F;tultitia</hi>. Da hat<lb/><hi rendition="#aq">Seneca</hi> gezeiget, daß es &#x017F;olchen Leuten am <hi rendition="#aq">judicio</hi> fehle. Wenn ich ei-<lb/>
nem Frauenzimmer einen Ja&#x0364;ger-Spieß, oder einem Prie&#x017F;ter ein paar<lb/>
harte Stiefeln &#x017F;chencken wollte, das wu&#x0364;rde ihnen nicht angenehm &#x017F;eyn.<lb/>
So i&#x017F;t es auch mit denen <hi rendition="#aq">præmiis</hi>. Wenn wohl <hi rendition="#aq">meriti</hi>rte Leute da<lb/>
&#x017F;ind, die will ich <hi rendition="#aq">recompen&#x017F;i</hi>ren, &#x017F;o muß ich auf ihre <hi rendition="#aq">inclination</hi> und<lb/>
andere Um&#x017F;ta&#x0364;nde acht geben; Haben &#x017F;ie nicht viel, &#x017F;o muß ich ihnen<lb/>
er&#x017F;t was geben, daß &#x017F;ie haben <hi rendition="#aq">de quoi,</hi> aber bey allen kan man die&#x017F;es<lb/>
nicht thun.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">Sectio VI.<lb/>
de<lb/>
Prudentia &#x017F;tatus circa Mini&#x017F;tros &amp; Magi&#x017F;tratus<lb/>
inferiores.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 1. 2.</head><lb/>
            <note place="left">Daß bey der<lb/>
Wahl der <hi rendition="#aq">Mi-<lb/>
ni&#x017F;tres</hi> auf de-<lb/>
ren Ge&#x017F;chick-<lb/>
lichkeit zu &#x017F;e-<lb/>
hen.</note>
            <p><hi rendition="#in">E</hi>In <hi rendition="#aq">Princeps</hi> muß <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;tres</hi> haben, Burgermei&#x017F;ter, Raths-Herren.<lb/>
Es gehet die&#x017F;es in allen Republiquen an, und <hi rendition="#aq">changi</hi>ret es nur<lb/><hi rendition="#aq">ratione denominationis</hi>. Die Alten, &#x017F;o <hi rendition="#aq">Ari&#x017F;totelici</hi> gewe&#x017F;en,<lb/>
haben ein Gleichniß gegeben, und ge&#x017F;agt, die Seele habe zwey Kra&#x0364;ffte,<lb/>
Ver&#x017F;tand und Willen; der Wille &#x017F;ey zwar das Haupt&#x017F;a&#x0364;chlich&#x017F;te, aber<lb/>
der <hi rendition="#aq">intellectus</hi> &#x017F;ey der <hi rendition="#aq">Con&#x017F;iliarius,</hi> der Wille &#x017F;ey eine <hi rendition="#aq">potentia c&#x0153;ca,</hi><lb/>
und mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en von dem <hi rendition="#aq">intellectu illu&#x017F;tri</hi>ret werden. So haben die <hi rendition="#aq">Ari&#x017F;to-<lb/>
telici</hi> ihren <hi rendition="#aq">introitum</hi> bey denen <hi rendition="#aq">Magi&#x017F;trats-</hi>Per&#x017F;onen gemacht. Bey<lb/>
denen <hi rendition="#aq">Magi&#x017F;trats-</hi>Per&#x017F;onen haben &#x017F;ie gemeynet, wa&#x0364;re der <hi rendition="#aq">Princeps vo-<lb/>
luntas, reliqui con&#x017F;iliarii repræ&#x017F;enti</hi>rten <hi rendition="#aq">intellectum, a quo collu&#x017F;tretur<lb/>
illa voluntas</hi>. Ob ich zwar nun wohl weiß, daß die <hi rendition="#aq">Ari&#x017F;totelici</hi> offt<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">la&#x017F;&#x017F;en</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0238] Cap. V. De prudentia geſchiehet wegen meiner Helden-Thaten: denn wenn wir groſſe Thaten thun, ſo ſind wir ſchon ziemlich bey Jahren, wir werden ja nicht gleich groß, und alſo kan man die Ehre nicht lange genieſſen. Sehen wir aber, daß auch unſere poſteri deßwegen nicht vergeſſen werden, ſo entſte- het eine flamma in animis noſtris, welche uns excitirt mehr zu thun. §. 13. Prudentia iſt bey denen præmiis die Richtſchnur, welche man in acht nehmen muß. Seneca ſagt: Wenn ich einen ein præmium geben will, ſo muß es ihm angenehm ſeyn, nicht anders, als wenn ich einen zu Gaſte bitte, ſo kan ich ihm nicht vorſetzen, was ich nur gerne eſſe, und der andere iſſet es nicht gerne, das iſt eine ſtultitia. Da hat Seneca gezeiget, daß es ſolchen Leuten am judicio fehle. Wenn ich ei- nem Frauenzimmer einen Jaͤger-Spieß, oder einem Prieſter ein paar harte Stiefeln ſchencken wollte, das wuͤrde ihnen nicht angenehm ſeyn. So iſt es auch mit denen præmiis. Wenn wohl meritirte Leute da ſind, die will ich recompenſiren, ſo muß ich auf ihre inclination und andere Umſtaͤnde acht geben; Haben ſie nicht viel, ſo muß ich ihnen erſt was geben, daß ſie haben de quoi, aber bey allen kan man dieſes nicht thun. Sectio VI. de Prudentia ſtatus circa Miniſtros & Magiſtratus inferiores. §. 1. 2. EIn Princeps muß Miniſtres haben, Burgermeiſter, Raths-Herren. Es gehet dieſes in allen Republiquen an, und changiret es nur ratione denominationis. Die Alten, ſo Ariſtotelici geweſen, haben ein Gleichniß gegeben, und geſagt, die Seele habe zwey Kraͤffte, Verſtand und Willen; der Wille ſey zwar das Hauptſaͤchlichſte, aber der intellectus ſey der Conſiliarius, der Wille ſey eine potentia cœca, und muͤſſen von dem intellectu illuſtriret werden. So haben die Ariſto- telici ihren introitum bey denen Magiſtrats-Perſonen gemacht. Bey denen Magiſtrats-Perſonen haben ſie gemeynet, waͤre der Princeps vo- luntas, reliqui conſiliarii repræſentirten intellectum, a quo colluſtretur illa voluntas. Ob ich zwar nun wohl weiß, daß die Ariſtotelici offt laſſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/238
Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/238>, abgerufen am 22.12.2024.