Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia criminibus nicht warten, welche wie eine mine; nehme ich mich nicht inacht, so bin ich in die Lufft. Obgleich der Hertzog von Alba sonst ein guter Soldat gewesen, der in der execution ein gut consilium ge- ben können, so hat er doch absurd gehandelt, daß er den Graf Horn und Egmont publiquement hinrichten lassen, da doch dem peuble ihre meriten bekannt, und wenn sie auch gravirt gewesen, wiewohl ich den Egmond perfect defendiren wollte, so hätte er es doch nicht sollen öffentlich thun. Es entstund deßwegen in Brüssel ein tumult, die Leute schlossen die Bou- tiquen zu, und war der Hertzog von Alba selbst nicht sicher. Er zog sich zurück, wodurch erdie Sache nur schlimmer gemacht: Denn die Leu- te waren gantz desperat, das hat auch verursachet, daß sich die Hollän- der hernach separiret, die Leute wollten lieber sterben, als so regieret seyn. Lipsius in seiner politic handelt auch hievon, der peuble hat allezeit Mit- leiden mit demjenigen, so inferior. Ein princeps soll auch nicht selbst Hencker seyn, sondern andern die execution überlassen. Daher Curtius dem Alexandro mißbilliget, daß er den Clytum selbst erstochen, und kan man hier lesen, was die Commentatores über den Curtium hierbey colli- giret. Orosius in Historia Emanuelis tadelt an dem Johanne, daß er selbst des Emanuelis Vater, den Hertzog Ferdinand von Viseo, ums Le- ben gebracht, wenn er auch gleich coupable gewesen, und ein Crimen laesae Ma- jestatis begangen hätte, so hätte er doch solches nicht selbst thun sollen. Man hat nicht geglaubet, daß er es boni publici gratia gethan. Es giebet ein affreuses Ansehen, wenn der princeps selbst die execution ver- richtet, oder auch nur dabey ist. Niemand wird sagen, daß die Hertzo- ge von Guisen unschuldig gewesen, unterdessen aber wird doch ein jeder, der die Historie Henrici III. beschrieben, mißbilligen, daß er sie lassen zu sich kommen, und indem er mit ihnen geredet, hat die Wache müssen her- vor treten, und sie massacriren, dadurch hat er eben verursachet, daß nicht allein ihre Freunde sich gereget, sondern es haben auch viele andere Par- tisans tumultuiret, welche nicht geruhet, bis der König von einem Jaco- biner-Mönch massacriret worden, welcher ihn mit einem vergiffteten * Messer * sucht zu embelliren, aus der alten und neuen Historie hat viele Exempel bey-
gebracht, von geschwinder execution. Jo. Christfried Sagirtarius, Superin- tendent in Altenburg, als er noch in Jena gewesen, hat den Clapmarium von nenen auflegen lassen, und Noten dazu gemacht. Dieser Clapmarius hat auch Nobile Triennium geschrieben, worinnen er gewiesen, wie ein no- bilis binnen drey Jahren lernen könne, so viel, als ein nobilis brauche. Tho- mas Crenius hat solches nebst andern Tractaten, de hac materia lassen zu- sammen drucken. Cap. V. De prudentia criminibus nicht warten, welche wie eine mine; nehme ich mich nicht inacht, ſo bin ich in die Lufft. Obgleich der Hertzog von Alba ſonſt ein guter Soldat geweſen, der in der execution ein gut conſilium ge- ben koͤnnen, ſo hat er doch abſurd gehandelt, daß er den Graf Horn und Egmont publiquement hinrichten laſſen, da doch dem peuble ihre meriten bekannt, und wenn ſie auch gravirt geweſen, wiewohl ich den Egmond perfect defendiren wollte, ſo haͤtte er es doch nicht ſollen oͤffentlich thun. Es entſtund deßwegen in Bruͤſſel ein tumult, die Leute ſchloſſen die Bou- tiquen zu, und war der Hertzog von Alba ſelbſt nicht ſicher. Er zog ſich zuruͤck, wodurch erdie Sache nur ſchlimmer gemacht: Denn die Leu- te waren gantz deſperat, das hat auch verurſachet, daß ſich die Hollaͤn- der hernach ſepariret, die Leute wollten lieber ſterben, als ſo regieret ſeyn. Lipſius in ſeiner politic handelt auch hievon, der peuble hat allezeit Mit- leiden mit demjenigen, ſo inferior. Ein princeps ſoll auch nicht ſelbſt Hencker ſeyn, ſondern andern die execution uͤberlaſſen. Daher Curtius dem Alexandro mißbilliget, daß er den Clytum ſelbſt erſtochen, und kan man hier leſen, was die Commentatores uͤber den Curtium hierbey colli- giret. Oroſius in Hiſtoria Emanuelis tadelt an dem Johanne, daß er ſelbſt des Emanuelis Vater, den Hertzog Ferdinand von Viſeo, ums Le- ben gebracht, wenn er auch gleich coupable geweſen, und ein Crimen læſæ Ma- jeſtatis begangen haͤtte, ſo haͤtte er doch ſolches nicht ſelbſt thun ſollen. Man hat nicht geglaubet, daß er es boni publici gratia gethan. Es giebet ein affreuſes Anſehen, wenn der princeps ſelbſt die execution ver- richtet, oder auch nur dabey iſt. Niemand wird ſagen, daß die Hertzo- ge von Guiſen unſchuldig geweſen, unterdeſſen aber wird doch ein jeder, der die Hiſtorie Henrici III. beſchrieben, mißbilligen, daß er ſie laſſen zu ſich kommen, und indem er mit ihnen geredet, hat die Wache muͤſſen her- vor treten, und ſie maſſacriren, dadurch hat er eben verurſachet, daß nicht allein ihre Freunde ſich gereget, ſondern es haben auch viele andere Par- tiſans tumultuiret, welche nicht geruhet, bis der Koͤnig von einem Jaco- biner-Moͤnch maſſacriret worden, welcher ihn mit einem vergiffteten * Meſſer * ſucht zu embelliren, aus der alten und neuen Hiſtorie hat viele Exempel bey-
gebracht, von geſchwinder execution. Jo. Chriſtfried Sagirtarius, Superin- tendent in Altenburg, als er noch in Jena geweſen, hat den Clapmarium von nenen auflegen laſſen, und Noten dazu gemacht. Dieſer Clapmarius hat auch Nobile Triennium geſchrieben, worinnen er gewieſen, wie ein no- bilis binnen drey Jahren lernen koͤnne, ſo viel, als ein nobilis brauche. Tho- mas Crenius hat ſolches nebſt andern Tractaten, de hac materia laſſen zu- ſammen drucken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0230" n="210"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> V. De prudentia</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">criminibus</hi> nicht warten, welche wie eine <hi rendition="#aq">mine;</hi> nehme ich mich nicht in<lb/> acht, ſo bin ich in die Lufft. 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guter Soldat geweſen, der in der execution ein gut conſilium ge-
ben koͤnnen, ſo hat er doch abſurd gehandelt, daß er den Graf Horn und
Egmont publiquement hinrichten laſſen, da doch dem peuble ihre meriten
bekannt, und wenn ſie auch gravirt geweſen, wiewohl ich den Egmond
perfect defendiren wollte, ſo haͤtte er es doch nicht ſollen oͤffentlich thun.
Es entſtund deßwegen in Bruͤſſel ein tumult, die Leute ſchloſſen die Bou-
tiquen zu, und war der Hertzog von Alba ſelbſt nicht ſicher. Er zog
ſich zuruͤck, wodurch erdie Sache nur ſchlimmer gemacht: Denn die Leu-
te waren gantz deſperat, das hat auch verurſachet, daß ſich die Hollaͤn-
der hernach ſepariret, die Leute wollten lieber ſterben, als ſo regieret ſeyn.
Lipſius in ſeiner politic handelt auch hievon, der peuble hat allezeit Mit-
leiden mit demjenigen, ſo inferior. Ein princeps ſoll auch nicht ſelbſt
Hencker ſeyn, ſondern andern die execution uͤberlaſſen. Daher Curtius
dem Alexandro mißbilliget, daß er den Clytum ſelbſt erſtochen, und kan
man hier leſen, was die Commentatores uͤber den Curtium hierbey colli-
giret. Oroſius in Hiſtoria Emanuelis tadelt an dem Johanne, daß er
ſelbſt des Emanuelis Vater, den Hertzog Ferdinand von Viſeo, ums Le-
ben gebracht, wenn er auch gleich coupable geweſen, und ein Crimen læſæ Ma-
jeſtatis begangen haͤtte, ſo haͤtte er doch ſolches nicht ſelbſt thun ſollen.
Man hat nicht geglaubet, daß er es boni publici gratia gethan. Es
giebet ein affreuſes Anſehen, wenn der princeps ſelbſt die execution ver-
richtet, oder auch nur dabey iſt. Niemand wird ſagen, daß die Hertzo-
ge von Guiſen unſchuldig geweſen, unterdeſſen aber wird doch ein jeder, der
die Hiſtorie Henrici III. beſchrieben, mißbilligen, daß er ſie laſſen zu ſich
kommen, und indem er mit ihnen geredet, hat die Wache muͤſſen her-
vor treten, und ſie maſſacriren, dadurch hat er eben verurſachet, daß nicht
allein ihre Freunde ſich gereget, ſondern es haben auch viele andere Par-
tiſans tumultuiret, welche nicht geruhet, bis der Koͤnig von einem Jaco-
biner-Moͤnch maſſacriret worden, welcher ihn mit einem vergiffteten
Meſſer
*
* ſucht zu embelliren, aus der alten und neuen Hiſtorie hat viele Exempel bey-
gebracht, von geſchwinder execution. Jo. Chriſtfried Sagirtarius, Superin-
tendent in Altenburg, als er noch in Jena geweſen, hat den Clapmarium
von nenen auflegen laſſen, und Noten dazu gemacht. Dieſer Clapmarius
hat auch Nobile Triennium geſchrieben, worinnen er gewieſen, wie ein no-
bilis binnen drey Jahren lernen koͤnne, ſo viel, als ein nobilis brauche. Tho-
mas Crenius hat ſolches nebſt andern Tractaten, de hac materia laſſen zu-
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