Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.status circa leges & judicia. lingua, welche sie gesprochen, da sie sich etabliret haben. Es changirenbey ihnen alle Magistratus, aber der Cantzler und Secretaires d'Etaat sind bey ihnen perpetui, weil dieselben eine lange experience wegen der alten Sprache haben müssen. Das muß also sapiens respublica seyn, und ist sie auch beständig in florenti statu gewesen, nur sind sie durch die Hollän- der, Etrgeländer, und Portugiesen von ihrem Reichthum etwas herun- ter kommen, weil sonst das gantze commercium bey ihnen gewesen; sie machen aber doch noch eine ziemliche figur. Ludovicus XIV. in Franck- reich hat sich einen grossen Ruhm erworben, daß, da man so viele leges hat, und fast in jeder Stadt besondere leges waren, er den Codicem Lu- dovicianum verfertigen lassen. Denen Städten hat er noch einige cou- tumen confirmirt: Denn alles hat nicht auf einmahl können aufgehoben werden, pour le reste aber richten sie sich alle nach dem Codice Ludovi- ciano. Daher ist in Franckreich auch schnelle justiz. In Dännemarck haben sie ein kluges Recht, welchen Codicem der König Christian V. ver- fertigen lassen, der nicht groß, da doch die Dänen so viele See-Rechte haben. Man darff da kein Ius Civ. Rom. allegiren. Die Wahrheit zu sagen, so findet man keine Leute, welche fähig wären, einen Codicem zu machen: Denn die wenigsten appliciren sich auf dergleichen Dinge, und doch schicken sich die wenigsten Leges Rom. vor uns, deßwegen kommt fast kein einiger Tit. iu Pand. vor, bey welchen man nicht saget, usu mo- ribus aliter obtinet. Bey uns in Teutschland ist nicht zu vermuthen, daß es wird geändert werden, ja es wird alle Tage noch mehr hinzu gesetzet; denn es sind derer Herren zu viel. Hievon habe ich auch etwas gedacht in meiner praefation bey denen pandecten. Mancher Fürst könn- te was thun, aber es fehlet ihn an Leuten, welche dergleichen bewerck- stelligen könnten. Wäre in Franckreich der Colbert nicht gewesen, so wäre der Codex Ludovicianus mein Tage nicht zu Stande kommen. §. 5. 6. Die ordre, so ein princeps in civitate giebt, muß so be-Von Privile- bald
ſtatus circa leges & judicia. lingua, welche ſie geſprochen, da ſie ſich etabliret haben. Es changirenbey ihnen alle Magiſtratus, aber der Cantzler und Secretaires d’Etaat ſind bey ihnen perpetui, weil dieſelben eine lange experience wegen der alten Sprache haben muͤſſen. Das muß alſo ſapiens respublica ſeyn, und iſt ſie auch beſtaͤndig in florenti ſtatu geweſen, nur ſind ſie durch die Hollaͤn- der, Etrgelaͤnder, und Portugieſen von ihrem Reichthum etwas herun- ter kommen, weil ſonſt das gantze commercium bey ihnen geweſen; ſie machen aber doch noch eine ziemliche figur. Ludovicus XIV. in Franck- reich hat ſich einen groſſen Ruhm erworben, daß, da man ſo viele leges hat, und faſt in jeder Stadt beſondere leges waren, er den Codicem Lu- dovicianum verfertigen laſſen. Denen Staͤdten hat er noch einige cou- tumen confirmirt: Denn alles hat nicht auf einmahl koͤnnen aufgehoben werden, pour le reſte aber richten ſie ſich alle nach dem Codice Ludovi- ciano. Daher iſt in Franckreich auch ſchnelle juſtiz. In Daͤnnemarck haben ſie ein kluges Recht, welchen Codicem der Koͤnig Chriſtian V. ver- fertigen laſſen, der nicht groß, da doch die Daͤnen ſo viele See-Rechte haben. Man darff da kein Ius Civ. Rom. allegiren. Die Wahrheit zu ſagen, ſo findet man keine Leute, welche faͤhig waͤren, einen Codicem zu machen: Denn die wenigſten appliciren ſich auf dergleichen Dinge, und doch ſchicken ſich die wenigſten Leges Rom. vor uns, deßwegen kommt faſt kein einiger Tit. iu Pand. vor, bey welchen man nicht ſaget, uſu mo- ribus aliter obtinet. Bey uns in Teutſchland iſt nicht zu vermuthen, daß es wird geaͤndert werden, ja es wird alle Tage noch mehr hinzu geſetzet; denn es ſind derer Herren zu viel. Hievon habe ich auch etwas gedacht in meiner præfation bey denen pandecten. Mancher Fuͤrſt koͤnn- te was thun, aber es fehlet ihn an Leuten, welche dergleichen bewerck- ſtelligen koͤnnten. Waͤre in Franckreich der Colbert nicht geweſen, ſo waͤre der Codex Ludovicianus mein Tage nicht zu Stande kommen. §. 5. 6. Die ordre, ſo ein princeps in civitate giebt, muß ſo be-Von Privile- bald
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ſtatus circa leges & judicia.
lingua, welche ſie geſprochen, da ſie ſich etabliret haben. Es changiren
bey ihnen alle Magiſtratus, aber der Cantzler und Secretaires d’Etaat ſind
bey ihnen perpetui, weil dieſelben eine lange experience wegen der alten
Sprache haben muͤſſen. Das muß alſo ſapiens respublica ſeyn, und iſt
ſie auch beſtaͤndig in florenti ſtatu geweſen, nur ſind ſie durch die Hollaͤn-
der, Etrgelaͤnder, und Portugieſen von ihrem Reichthum etwas herun-
ter kommen, weil ſonſt das gantze commercium bey ihnen geweſen; ſie
machen aber doch noch eine ziemliche figur. Ludovicus XIV. in Franck-
reich hat ſich einen groſſen Ruhm erworben, daß, da man ſo viele leges
hat, und faſt in jeder Stadt beſondere leges waren, er den Codicem Lu-
dovicianum verfertigen laſſen. Denen Staͤdten hat er noch einige cou-
tumen confirmirt: Denn alles hat nicht auf einmahl koͤnnen aufgehoben
werden, pour le reſte aber richten ſie ſich alle nach dem Codice Ludovi-
ciano. Daher iſt in Franckreich auch ſchnelle juſtiz. In Daͤnnemarck
haben ſie ein kluges Recht, welchen Codicem der Koͤnig Chriſtian V. ver-
fertigen laſſen, der nicht groß, da doch die Daͤnen ſo viele See-Rechte
haben. Man darff da kein Ius Civ. Rom. allegiren. Die Wahrheit
zu ſagen, ſo findet man keine Leute, welche faͤhig waͤren, einen Codicem
zu machen: Denn die wenigſten appliciren ſich auf dergleichen Dinge,
und doch ſchicken ſich die wenigſten Leges Rom. vor uns, deßwegen kommt
faſt kein einiger Tit. iu Pand. vor, bey welchen man nicht ſaget, uſu mo-
ribus aliter obtinet. Bey uns in Teutſchland iſt nicht zu vermuthen,
daß es wird geaͤndert werden, ja es wird alle Tage noch mehr hinzu
geſetzet; denn es ſind derer Herren zu viel. Hievon habe ich auch etwas
gedacht in meiner præfation bey denen pandecten. Mancher Fuͤrſt koͤnn-
te was thun, aber es fehlet ihn an Leuten, welche dergleichen bewerck-
ſtelligen koͤnnten. Waͤre in Franckreich der Colbert nicht geweſen, ſo
waͤre der Codex Ludovicianus mein Tage nicht zu Stande kommen.
§. 5. 6. Die ordre, ſo ein princeps in civitate giebt, muß ſo be-
ſchaffen ſeyn, ut omnes conſtringat, jubeat univerſos. Denn wenn man
nicht uͤber die Geſetze haͤlt, dergeſtalt, ut nullus eximatur, ut privilegia
evitentur, ſo haben ſie keinen groſſen effect. Der Senatus ſagt beym
Tacito dem Neroni: tribuendum telum, quod ſperni nequeat. Was iſt
das vor ein Lex, da dieſe oder jene privilegia bekommen, wodurch nur
eine inæqualitas entſtehet. Und obgleich ein Juriſt erkennet, daß ein
princeps es de jure thun koͤnne; quid ad te, wenn ein Princeps einem
ein privilegium giebt? aber was hilfft hier das jus, da wir de prudentia
reden, quid in republica contingat? Es mag recht ſeyn oder nicht, die
Leute beſchweren ſich, und ſo lange einer force hat, pariren die Leute, ſo
bald
Von Privile-
giis und Aen-
derung der
Geſetze.
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