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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
vorkommen. In omni republica aber ist auch eine summa potestas; il-
la summa potestas est exercenda,
sonst wäre dieselbe nicht nützlich, und
würde zu consideriren seyn, als wenn sie todt wäre, da doch diese summa
potestas,
wie Seneca sagt, ein spiritus vitalis, qui tot millia hominum re-
git.
Diese summa potestas ist nun so zu gebrauchen, damit alles nach
einer proportione Geometrica in toto corpore zusammen hange, und be-
stehet der gantze Theil der Politic in recto usu summae potestatis & jurium
majestaticorum.
Die summa potestas kan consideriret werden als ein
totum morale. Titius hat in seinem grossen Werck von der jurisprudenz
gewiesen, daß viele Doctores in denen Gedancken stünden, als wenn die
summa potestas ein totum physicum, welches nicht getheilct werden könn-
te, und antwortete er: physice könnte freylich summa potestas nicht ge-
theilet werden, aber es sey auch kein ens physicum, sondern ein ens mo-
rale, intelligibile,
welches allerhand partes hat. Die diversae partes aber
sind nur diversae relationes, welches man aus der Logic lernet, und ist
ein Unglück, daß die Leute das Caput de relationibus nicht recht lernen.
Es ist una summa potestas, welche sich aber diversimode consideriren läßt,
e. g. considerire ich summam potestatem, daß sie exercirt wird in Legibus
ferendis,
so bekommen wir einen besondern respectum und denominatio-
nem,
das nennen wir potestatem legislatoriam. Exercirt sie sich circa
bellum, pacem foedera,
so heißt sie jus belli, pacis, foederum, so ferne sie
exercirt wird in vectigalibus, heißt sie jus vectigalium; jus collectandi,
und ist indeß immer summa potestas. Man hat in der Schulen die ju-
ra majestatica
eingetheilet in jura majestatica aequiparantiae und disquipa-
rantiae. Disquiparantiae
sind, da man consideriret den principem ad suos
subditos,
denn hier ist eine dissimilitudo. Ad jura majestatica gehöret
jus legislatorium, constituendi judicia, imponendi vectigalia: Denn da
ist der princeps dissimilis von andern, hergegen bey denen juribus maje-
staticis aequiparantiae
hat er mit sui similibus zu thun, e. g. das jus belli,
pacis, foederum
ist inter principes & respublicas, welche unter einander
aequales. Einige nennen auch die jura majestatica aequiparantiae, homo-
genea,
und disquiparantiae, heterogenea.

Jus Legislato-
rium.
und wie
es zu exerci-
ren?

§. 2. 3. 4. Unter denen juribus majestaticis ist hauptsächlich zu con-
sideri
ren, die facultas legislatoria. Es ist eine grosse Kunst und Weiß-
heit leges ferre, und ist also nichts dagegen. Denn die leges müssen eine
proportionem Geometricam halten, und zu wege bringen, ut omnia con-
spirent.
Da muß man sich accommodiren ad omnes, und es so ein-
richten, damit ein jeder nach dem scopo civitatis lebe, tunc est tranquilli-
tas, est sufficientia.
Wo alles so in acht genommen wird, daß nichts

aus

Cap. V. De prudentia
vorkommen. In omni republica aber iſt auch eine ſumma poteſtas; il-
la ſumma poteſtas eſt exercenda,
ſonſt waͤre dieſelbe nicht nuͤtzlich, und
wuͤrde zu conſideriren ſeyn, als wenn ſie todt waͤre, da doch dieſe ſumma
poteſtas,
wie Seneca ſagt, ein ſpiritus vitalis, qui tot millia hominum re-
git.
Dieſe ſumma poteſtas iſt nun ſo zu gebrauchen, damit alles nach
einer proportione Geometrica in toto corpore zuſammen hange, und be-
ſtehet der gantze Theil der Politic in recto uſu ſummæ poteſtatis & jurium
majeſtaticorum.
Die ſumma poteſtas kan conſideriret werden als ein
totum morale. Titius hat in ſeinem groſſen Werck von der jurisprudenz
gewieſen, daß viele Doctores in denen Gedancken ſtuͤnden, als wenn die
ſumma poteſtas ein totum phyſicum, welches nicht getheilct werden koͤnn-
te, und antwortete er: phyſice koͤnnte freylich ſumma poteſtas nicht ge-
theilet werden, aber es ſey auch kein ens phyſicum, ſondern ein ens mo-
rale, intelligibile,
welches allerhand partes hat. Die diverſæ partes aber
ſind nur diverſæ relationes, welches man aus der Logic lernet, und iſt
ein Ungluͤck, daß die Leute das Caput de relationibus nicht recht lernen.
Es iſt una ſumma poteſtas, welche ſich aber diverſimodé conſideriren laͤßt,
e. g. conſiderire ich ſummam poteſtatem, daß ſie exercirt wird in Legibus
ferendis,
ſo bekommen wir einen beſondern reſpectum und denominatio-
nem,
das nennen wir poteſtatem legislatoriam. Exercirt ſie ſich circa
bellum, pacem fœdera,
ſo heißt ſie jus belli, pacis, fœderum, ſo ferne ſie
exercirt wird in vectigalibus, heißt ſie jus vectigalium; jus collectandi,
und iſt indeß immer ſumma poteſtas. Man hat in der Schulen die ju-
ra majeſtatica
eingetheilet in jura majeſtatica æquiparantiæ und diſquipa-
rantiæ. Diſquiparantiæ
ſind, da man conſideriret den principem ad ſuos
ſubditos,
denn hier iſt eine disſimilitudo. Ad jura majeſtatica gehoͤret
jus legislatorium, conſtituendi judicia, imponendi vectigalia: Denn da
iſt der princeps disſimilis von andern, hergegen bey denen juribus maje-
ſtaticis æquiparantiæ
hat er mit ſui ſimilibus zu thun, e. g. das jus belli,
pacis, fœderum
iſt inter principes & respublicas, welche unter einander
æquales. Einige nennen auch die jura majeſtatica æquiparantiæ, homo-
genea,
und diſquiparantiæ, heterogenea.

Jus Legislato-
rium.
und wie
es zu exerci-
ren?

§. 2. 3. 4. Unter denen juribus majeſtaticis iſt hauptſaͤchlich zu con-
ſideri
ren, die facultas legislatoria. Es iſt eine groſſe Kunſt und Weiß-
heit leges ferre, und iſt alſo nichts dagegen. Denn die leges muͤſſen eine
proportionem Geometricam halten, und zu wege bringen, ut omnia con-
ſpirent.
Da muß man ſich accommodiren ad omnes, und es ſo ein-
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[176/0196] Cap. V. De prudentia vorkommen. In omni republica aber iſt auch eine ſumma poteſtas; il- la ſumma poteſtas eſt exercenda, ſonſt waͤre dieſelbe nicht nuͤtzlich, und wuͤrde zu conſideriren ſeyn, als wenn ſie todt waͤre, da doch dieſe ſumma poteſtas, wie Seneca ſagt, ein ſpiritus vitalis, qui tot millia hominum re- git. Dieſe ſumma poteſtas iſt nun ſo zu gebrauchen, damit alles nach einer proportione Geometrica in toto corpore zuſammen hange, und be- ſtehet der gantze Theil der Politic in recto uſu ſummæ poteſtatis & jurium majeſtaticorum. Die ſumma poteſtas kan conſideriret werden als ein totum morale. Titius hat in ſeinem groſſen Werck von der jurisprudenz gewieſen, daß viele Doctores in denen Gedancken ſtuͤnden, als wenn die ſumma poteſtas ein totum phyſicum, welches nicht getheilct werden koͤnn- te, und antwortete er: phyſice koͤnnte freylich ſumma poteſtas nicht ge- theilet werden, aber es ſey auch kein ens phyſicum, ſondern ein ens mo- rale, intelligibile, welches allerhand partes hat. Die diverſæ partes aber ſind nur diverſæ relationes, welches man aus der Logic lernet, und iſt ein Ungluͤck, daß die Leute das Caput de relationibus nicht recht lernen. Es iſt una ſumma poteſtas, welche ſich aber diverſimodé conſideriren laͤßt, e. g. conſiderire ich ſummam poteſtatem, daß ſie exercirt wird in Legibus ferendis, ſo bekommen wir einen beſondern reſpectum und denominatio- nem, das nennen wir poteſtatem legislatoriam. Exercirt ſie ſich circa bellum, pacem fœdera, ſo heißt ſie jus belli, pacis, fœderum, ſo ferne ſie exercirt wird in vectigalibus, heißt ſie jus vectigalium; jus collectandi, und iſt indeß immer ſumma poteſtas. Man hat in der Schulen die ju- ra majeſtatica eingetheilet in jura majeſtatica æquiparantiæ und diſquipa- rantiæ. Diſquiparantiæ ſind, da man conſideriret den principem ad ſuos ſubditos, denn hier iſt eine disſimilitudo. Ad jura majeſtatica gehoͤret jus legislatorium, conſtituendi judicia, imponendi vectigalia: Denn da iſt der princeps disſimilis von andern, hergegen bey denen juribus maje- ſtaticis æquiparantiæ hat er mit ſui ſimilibus zu thun, e. g. das jus belli, pacis, fœderum iſt inter principes & respublicas, welche unter einander æquales. Einige nennen auch die jura majeſtatica æquiparantiæ, homo- genea, und diſquiparantiæ, heterogenea. §. 2. 3. 4. Unter denen juribus majeſtaticis iſt hauptſaͤchlich zu con- ſideriren, die facultas legislatoria. Es iſt eine groſſe Kunſt und Weiß- heit leges ferre, und iſt alſo nichts dagegen. Denn die leges muͤſſen eine proportionem Geometricam halten, und zu wege bringen, ut omnia con- ſpirent. Da muß man ſich accommodiren ad omnes, und es ſo ein- richten, damit ein jeder nach dem ſcopo civitatis lebe, tunc eſt tranquilli- tas, eſt ſufficientia. Wo alles ſo in acht genommen wird, daß nichts aus

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/196>, abgerufen am 24.11.2024.