lassen orgeln, Lichter anstecken, aber deßwegen darff man nicht dencken, daß sie so gut lebten, respectu derer Nachbarn. Man könnte nun sa- gen, es könnte doch unser HErr GOtt einen mitten unter denen poten- tibus erhalten; Allein, das ist extraordinarium, wer will nach denen ex- ceptionibus leben. Diejenigen also, welche meynen, man könne es nicht thun, haben keine experientiam neque propriam, neque alienam; sie ha- ben keine Historie gelesen.
2) Durch die Regenten selbst.
§. 9. & 10. Wer in einem Staat will glücklich leben, der muß auch acht geben auf die Imperantes, was von diesen vor impedimenta vorkommen können: Denn bisher ist gewiesen worden, wie man müsse acht geben auf auswärtige, aber ab imperantibus saepissime quoque ma- gnum malum creatur. Und solche Fehler findet man auch in Aristocra- tia und Democratia, daß sie nicht auf salutem populi sehen. Die Impe- rantes negligiren das Volck, und meynen, sie könnten solches gebrau- chen, wie ihren Pflug; sie bilden sich ein, der peuple wäre wegen sie. Es ist nicht anders, als wenn der Hirte sich wollte einbilden, die Schaafe wären wegen ihn, da doch der Hirte wegen der Schaafe ist. Die ignoranz verursachet bey denen meisten Regenten, daß sie nicht wissen, wie sie re- gieren sollen. Denn weiß einer nicht, was imperium ist, wie will er imperare? Kommt nun eine malitia dazu, so ist es nicht ärger: Daher ist es geschehen, daß man gemeynet, man sollte wehlen. Man muß nicht dencken, tantum successionem observari Monarchia: Denn es sind auch etliche Aristocratien, und also sind sie überall auf die Wahl gefallen. Dicis: Es ist doch sehr gut, wenn man wehlet: Denn man kan da den Tapffersten, Frömmsten, und Klügsten wehlen? Respond. In abstracto läßt sich es eben so gut hören, als des Henrici Cardinalis in Portugall principium: Rex esse debet optimus. Ja, wenn lauter weise Leute wä- ren, so die Wahl hätten. Wenn das Veni Sancte Spiritus operirte, daß sie überschattet würden mit dem Heiligen Geist, und hätten den spiritum sapientiae, so wäre es gut. Allein einer hat interesse ambitionis, der an- dere interesse voluptatis, der dritte avaritiae, da suchet ein jeder seinen Candidaten auf das Beste zu embelliren. Man kan hier lesen ein Buch sub tit. Candidati Poloniae, welches in Holland heraus kommen, um eben die Zeit, da der Casimir abgedanckt. Es ist ein curieuses Buch, und hat es Schurzfleisch sehr aestimiret. Es erzehlet der Autor desselben, daß, als Casimir abgedanckt, hätten sich unterschiedene Candidati gefunden, unter andern ist auch der Tartar-Cham kommen, und hat wollen König in Pohlen werden, weil er nun gesehen, daß so viele Religionen in Poh- len, so hat er gesagt: Tuus Lutherus est meus Lutherus, tuus Papa est meus
Papa
Cap. V. De prudentia
laſſen orgeln, Lichter anſtecken, aber deßwegen darff man nicht dencken, daß ſie ſo gut lebten, reſpectu derer Nachbarn. Man koͤnnte nun ſa- gen, es koͤnnte doch unſer HErr GOtt einen mitten unter denen poten- tibus erhalten; Allein, das iſt extraordinarium, wer will nach denen ex- ceptionibus leben. Diejenigen alſo, welche meynen, man koͤnne es nicht thun, haben keine experientiam neque propriam, neque alienam; ſie ha- ben keine Hiſtorie geleſen.
2) Durch die Regenten ſelbſt.
§. 9. & 10. Wer in einem Staat will gluͤcklich leben, der muß auch acht geben auf die Imperantes, was von dieſen vor impedimenta vorkommen koͤnnen: Denn bisher iſt gewieſen worden, wie man muͤſſe acht geben auf auswaͤrtige, aber ab imperantibus ſæpisſime quoque ma- gnum malum creatur. Und ſolche Fehler findet man auch in Ariſtocra- tia und Democratia, daß ſie nicht auf ſalutem populi ſehen. Die Impe- rantes negligiren das Volck, und meynen, ſie koͤnnten ſolches gebrau- chen, wie ihren Pflug; ſie bilden ſich ein, der peuple waͤre wegen ſie. Es iſt nicht anders, als wenn der Hirte ſich wollte einbilden, die Schaafe waͤren wegen ihn, da doch der Hirte wegen der Schaafe iſt. Die ignoranz verurſachet bey denen meiſten Regenten, daß ſie nicht wiſſen, wie ſie re- gieren ſollen. Denn weiß einer nicht, was imperium iſt, wie will er imperare? Kommt nun eine malitia dazu, ſo iſt es nicht aͤrger: Daher iſt es geſchehen, daß man gemeynet, man ſollte wehlen. Man muß nicht dencken, tantum ſuccesſionem obſervari Monarchia: Denn es ſind auch etliche Ariſtocratien, und alſo ſind ſie uͤberall auf die Wahl gefallen. Dicis: Es iſt doch ſehr gut, wenn man wehlet: Denn man kan da den Tapfferſten, Froͤmmſten, und Kluͤgſten wehlen? Reſpond. In abſtracto laͤßt ſich es eben ſo gut hoͤren, als des Henrici Cardinalis in Portugall principium: Rex eſſe debet optimus. Ja, wenn lauter weiſe Leute waͤ- ren, ſo die Wahl haͤtten. Wenn das Veni Sancte Spiritus operirte, daß ſie uͤberſchattet wuͤrden mit dem Heiligen Geiſt, und haͤtten den ſpiritum ſapientiæ, ſo waͤre es gut. Allein einer hat intereſſe ambitionis, der an- dere intereſſe voluptatis, der dritte avaritiæ, da ſuchet ein jeder ſeinen Candidaten auf das Beſte zu embelliren. Man kan hier leſen ein Buch ſub tit. Candidati Poloniæ, welches in Holland heraus kommen, um eben die Zeit, da der Caſimir abgedanckt. Es iſt ein curieuſes Buch, und hat es Schurzfleiſch ſehr æſtimiret. Es erzehlet der Autor deſſelben, daß, als Caſimir abgedanckt, haͤtten ſich unterſchiedene Candidati gefunden, unter andern iſt auch der Tartar-Cham kommen, und hat wollen Koͤnig in Pohlen werden, weil er nun geſehen, daß ſo viele Religionen in Poh- len, ſo hat er geſagt: Tuus Lutherus eſt meus Lutherus, tuus Papa eſt meus
Papa
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Cap. V. De prudentia
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daß ſie ſo gut lebten, reſpectu derer Nachbarn. Man koͤnnte nun ſa-
gen, es koͤnnte doch unſer HErr GOtt einen mitten unter denen poten-
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ceptionibus leben. Diejenigen alſo, welche meynen, man koͤnne es nicht
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ben keine Hiſtorie geleſen.
§. 9. & 10. Wer in einem Staat will gluͤcklich leben, der muß
auch acht geben auf die Imperantes, was von dieſen vor impedimenta
vorkommen koͤnnen: Denn bisher iſt gewieſen worden, wie man muͤſſe
acht geben auf auswaͤrtige, aber ab imperantibus ſæpisſime quoque ma-
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tia und Democratia, daß ſie nicht auf ſalutem populi ſehen. Die Impe-
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chen, wie ihren Pflug; ſie bilden ſich ein, der peuple waͤre wegen ſie.
Es iſt nicht anders, als wenn der Hirte ſich wollte einbilden, die Schaafe
waͤren wegen ihn, da doch der Hirte wegen der Schaafe iſt. Die ignoranz
verurſachet bey denen meiſten Regenten, daß ſie nicht wiſſen, wie ſie re-
gieren ſollen. Denn weiß einer nicht, was imperium iſt, wie will er
imperare? Kommt nun eine malitia dazu, ſo iſt es nicht aͤrger: Daher
iſt es geſchehen, daß man gemeynet, man ſollte wehlen. Man muß nicht
dencken, tantum ſuccesſionem obſervari Monarchia: Denn es ſind auch
etliche Ariſtocratien, und alſo ſind ſie uͤberall auf die Wahl gefallen.
Dicis: Es iſt doch ſehr gut, wenn man wehlet: Denn man kan da den
Tapfferſten, Froͤmmſten, und Kluͤgſten wehlen? Reſpond. In abſtracto
laͤßt ſich es eben ſo gut hoͤren, als des Henrici Cardinalis in Portugall
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ren, ſo die Wahl haͤtten. Wenn das Veni Sancte Spiritus operirte, daß
ſie uͤberſchattet wuͤrden mit dem Heiligen Geiſt, und haͤtten den ſpiritum
ſapientiæ, ſo waͤre es gut. Allein einer hat intereſſe ambitionis, der an-
dere intereſſe voluptatis, der dritte avaritiæ, da ſuchet ein jeder ſeinen
Candidaten auf das Beſte zu embelliren. Man kan hier leſen ein Buch
ſub tit. Candidati Poloniæ, welches in Holland heraus kommen, um eben
die Zeit, da der Caſimir abgedanckt. Es iſt ein curieuſes Buch, und
hat es Schurzfleiſch ſehr æſtimiret. Es erzehlet der Autor deſſelben, daß,
als Caſimir abgedanckt, haͤtten ſich unterſchiedene Candidati gefunden,
unter andern iſt auch der Tartar-Cham kommen, und hat wollen Koͤnig
in Pohlen werden, weil er nun geſehen, daß ſo viele Religionen in Poh-
len, ſo hat er geſagt: Tuus Lutherus eſt meus Lutherus, tuus Papa eſt meus
Papa
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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/194>, abgerufen am 17.02.2025.
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