Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia so haben sie sich aufs Rauben gelegt, und gesucht, conqueten zu machen.Wenn sie nun in ein Land gekommen, welches commode, so sind sie da geblieben. Als wie Caesar von dem Ariovisto erzehlet, daß derselbe nach Gallien gegangen, weil daselbst mollius solum. Sie haben gerne wol- len erndten, wo sie nichts gesäet. Carolus Magnus hat deßwegen die Sachsen weg transportiret, weil er sie wollen cultiviren: Denn das ist das beste Mittel. Die Leute, welche jetzo da sind, wo Genua liegt, ha- ben die Römer aus Dauphine dahin transportiret, weil sie daselbst auf Bergen gewohnet, und hartnäckige Köpffe gewesen. Pompejus, da er die Cilicier überwunden, welche am Meer gewohnet, zwischen Klippen, und sich aufs Rauben geleget, so hat er gesehen, daß sie bald wieder wür- den revoltiren; daher transportirte er sie, gabe ihnen molle solum, da wurden sie gantz gut; daher muß man eben nicht gleich sagen, daß ein Herr eine böse intention habe, wenn er seine Unterthanen transportiret. Der Czaar macht es eben so: wie er alt Neugard erobert, so hat er ge- sehen, die Leuthe würden hundert mahl revoltiren, daher brachte er sie dahin, wo jetzo Novogrod stehet. Constantinus Magnus hat seinen Söh- nen alle seine Lande aufgezeichnet, und alle populos beschrieben, und hat man diese instruction noch. Carolus V. hat eben eine solche instruction seinem Sohn Philippo gegeben; sie hat aber nicht viel geholffen. Die anima accommodiret sich bey solchen inclinationibus nach dem Leibe. Ob man gleich saget, daß die Seele kan alio sese flectere, welches in der mo- ral gewiesen wird, deßwegen kan man die nationes doch nicht darnach einrichten. Wie sie nun sich nach denen motibus corporeis richtet, so muß man sich auch im Regieren darnach accommodiren. Si contra fa- cias, infeliciter cedet totum imperandi negotium. Man nimmt klärlich wahr, daß die orientalischen Völcker sich von einem gerne regieren las- sen. Ja es kommt denen in China, Japan, Siam, und in gantz Asia paradox vor, wenn man ihnen erzehlet, dari in Europa respublicas liberas, wo keine Imperantes: denn sie halten ihre Regenten fast für Götter. Daher würde einer wunderlich thun, wenn er die orientalischen Völcker wollte laxius regieren, indem sie des Iugi Monarchici gewohnet. Als die Holländer ihre Handlung in Siam etabliret, und der König von Siam eine Gesandtschafft nach Holland geschickt, so haben die Holländer fin- giret, als wenn der Printz Moritz ihr Souverain, er muste sich als einen König aufführen, und gab denen Gesandten, auf einen Thron sitzend, audience, weil die Gesandten sonst einen schlechten concept sich von der Republic in Holland würden gemacht haben. Die Russen und Mo- scowitter sind capable gewesen, ein hartes Regiment zu erdulden, und müssen
Cap. V. De prudentia ſo haben ſie ſich aufs Rauben gelegt, und geſucht, conqueten zu machen.Wenn ſie nun in ein Land gekommen, welches commode, ſo ſind ſie da geblieben. Als wie Cæſar von dem Arioviſto erzehlet, daß derſelbe nach Gallien gegangen, weil daſelbſt mollius ſolum. Sie haben gerne wol- len erndten, wo ſie nichts geſaͤet. Carolus Magnus hat deßwegen die Sachſen weg transportiret, weil er ſie wollen cultiviren: Denn das iſt das beſte Mittel. Die Leute, welche jetzo da ſind, wo Genua liegt, ha- ben die Roͤmer aus Dauphiné dahin transportiret, weil ſie daſelbſt auf Bergen gewohnet, und hartnaͤckige Koͤpffe geweſen. Pompejus, da er die Cilicier uͤberwunden, welche am Meer gewohnet, zwiſchen Klippen, und ſich aufs Rauben geleget, ſo hat er geſehen, daß ſie bald wieder wuͤr- den revoltiren; daher transportirte er ſie, gabe ihnen molle ſolum, da wurden ſie gantz gut; daher muß man eben nicht gleich ſagen, daß ein Herr eine boͤſe intention habe, wenn er ſeine Unterthanen transportiret. Der Czaar macht es eben ſo: wie er alt Neugard erobert, ſo hat er ge- ſehen, die Leuthe wuͤrden hundert mahl revoltiren, daher brachte er ſie dahin, wo jetzo Novogrod ſtehet. Conſtantinus Magnus hat ſeinen Soͤh- nen alle ſeine Lande aufgezeichnet, und alle populos beſchrieben, und hat man dieſe inſtruction noch. Carolus V. hat eben eine ſolche inſtruction ſeinem Sohn Philippo gegeben; ſie hat aber nicht viel geholffen. Die anima accommodiret ſich bey ſolchen inclinationibus nach dem Leibe. Ob man gleich ſaget, daß die Seele kan alio ſeſe flectere, welches in der mo- ral gewieſen wird, deßwegen kan man die nationes doch nicht darnach einrichten. Wie ſie nun ſich nach denen motibus corporeis richtet, ſo muß man ſich auch im Regieren darnach accommodiren. Si contra fa- cias, infeliciter cedet totum imperandi negotium. Man nimmt klaͤrlich wahr, daß die orientaliſchen Voͤlcker ſich von einem gerne regieren laſ- ſen. Ja es kommt denen in China, Japan, Siam, und in gantz Aſia paradox vor, wenn man ihnen erzehlet, dari in Europa respublicas liberas, wo keine Imperantes: denn ſie halten ihre Regenten faſt fuͤr Goͤtter. Daher wuͤrde einer wunderlich thun, wenn er die orientaliſchen Voͤlcker wollte laxius regieren, indem ſie des Iugi Monarchici gewohnet. Als die Hollaͤnder ihre Handlung in Siam etabliret, und der Koͤnig von Siam eine Geſandtſchafft nach Holland geſchickt, ſo haben die Hollaͤnder fin- giret, als wenn der Printz Moritz ihr Souverain, er muſte ſich als einen Koͤnig auffuͤhren, und gab denen Geſandten, auf einen Thron ſitzend, audience, weil die Geſandten ſonſt einen ſchlechten concept ſich von der Republic in Holland wuͤrden gemacht haben. Die Ruſſen und Mo- ſcowitter ſind capable geweſen, ein hartes Regiment zu erdulden, und muͤſſen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0184" n="164"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> V. De prudentia</hi></fw><lb/> ſo haben ſie ſich aufs Rauben gelegt, und geſucht, <hi rendition="#aq">conquet</hi>en zu machen.<lb/> Wenn ſie nun in ein Land gekommen, welches <hi rendition="#aq">commode,</hi> ſo ſind ſie da<lb/> geblieben. Als wie <hi rendition="#aq">Cæſar</hi> von dem <hi rendition="#aq">Arioviſto</hi> erzehlet, daß derſelbe nach<lb/> Gallien gegangen, weil daſelbſt <hi rendition="#aq">mollius ſolum.</hi> Sie haben gerne wol-<lb/> len erndten, wo ſie nichts geſaͤet. <hi rendition="#aq">Carolus Magnus</hi> hat deßwegen die<lb/> Sachſen weg <hi rendition="#aq">transporti</hi>ret, weil er ſie wollen <hi rendition="#aq">cultivi</hi>ren: Denn das iſt<lb/> das beſte Mittel. Die Leute, welche jetzo da ſind, wo Genua liegt, ha-<lb/> ben die Roͤmer aus <hi rendition="#aq">Dauphiné</hi> dahin <hi rendition="#aq">transporti</hi>ret, weil ſie daſelbſt auf<lb/> Bergen gewohnet, und hartnaͤckige Koͤpffe geweſen. <hi rendition="#aq">Pompejus,</hi> da er<lb/> die Cilicier uͤberwunden, welche am Meer gewohnet, zwiſchen Klippen,<lb/> und ſich aufs Rauben geleget, ſo hat er geſehen, daß ſie bald wieder wuͤr-<lb/> den <hi rendition="#aq">revolti</hi>ren; daher <hi rendition="#aq">transporti</hi>rte er ſie, gabe ihnen <hi rendition="#aq">molle ſolum,</hi> da<lb/> wurden ſie gantz gut; daher muß man eben nicht gleich ſagen, daß ein<lb/> Herr eine boͤſe <hi rendition="#aq">intention</hi> habe, wenn er ſeine Unterthanen <hi rendition="#aq">transporti</hi>ret.<lb/> Der Czaar macht es eben ſo: wie er alt Neugard erobert, ſo hat er ge-<lb/> ſehen, die Leuthe wuͤrden hundert mahl <hi rendition="#aq">revolti</hi>ren, daher brachte er ſie<lb/> dahin, wo jetzo Novogrod ſtehet. <hi rendition="#aq">Conſtantinus Magnus</hi> hat ſeinen Soͤh-<lb/> nen alle ſeine Lande aufgezeichnet, und alle <hi rendition="#aq">populos</hi> beſchrieben, und hat<lb/> man dieſe <hi rendition="#aq">inſtruction</hi> noch. <hi rendition="#aq">Carolus V.</hi> hat eben eine ſolche <hi rendition="#aq">inſtruction</hi><lb/> ſeinem Sohn <hi rendition="#aq">Philippo</hi> gegeben; ſie hat aber nicht viel geholffen. Die<lb/><hi rendition="#aq">anima accommodi</hi>ret ſich bey ſolchen <hi rendition="#aq">inclinationibus</hi> nach dem Leibe. Ob<lb/> man gleich ſaget, daß die Seele kan <hi rendition="#aq">alio ſeſe flectere,</hi> welches in der <hi rendition="#aq">mo-<lb/> ral</hi> gewieſen wird, deßwegen kan man die <hi rendition="#aq">nationes</hi> doch nicht darnach<lb/> einrichten. Wie ſie nun ſich nach denen <hi rendition="#aq">motibus corporeis</hi> richtet, ſo<lb/> muß man ſich auch im Regieren darnach <hi rendition="#aq">accommodi</hi>ren. <hi rendition="#aq">Si contra fa-<lb/> cias, infeliciter cedet totum imperandi negotium.</hi> Man nimmt klaͤrlich<lb/> wahr, daß die <hi rendition="#aq">orientali</hi>ſchen Voͤlcker ſich von einem gerne regieren laſ-<lb/> ſen. Ja es kommt denen in China, Japan, Siam, und in gantz Aſia<lb/><hi rendition="#aq">paradox</hi> vor, wenn man ihnen erzehlet, <hi rendition="#aq">dari in Europa respublicas liberas,</hi><lb/> wo keine <hi rendition="#aq">Imperantes:</hi> denn ſie halten ihre Regenten faſt fuͤr Goͤtter.<lb/> Daher wuͤrde einer wunderlich thun, wenn er die <hi rendition="#aq">orientali</hi>ſchen Voͤlcker<lb/> wollte <hi rendition="#aq">laxius</hi> regieren, indem ſie des <hi rendition="#aq">Iugi Monarchici</hi> gewohnet. Als die<lb/> Hollaͤnder ihre Handlung in Siam <hi rendition="#aq">etabli</hi>ret, und der Koͤnig von Siam<lb/> eine Geſandtſchafft nach Holland geſchickt, ſo haben die Hollaͤnder <hi rendition="#aq">fin-<lb/> gi</hi>ret, als wenn der Printz Moritz ihr <hi rendition="#aq">Souverain,</hi> er muſte ſich als einen<lb/> Koͤnig auffuͤhren, und gab denen Geſandten, auf einen Thron ſitzend,<lb/><hi rendition="#aq">audience,</hi> weil die Geſandten ſonſt einen ſchlechten <hi rendition="#aq">concept</hi> ſich von der<lb/> Republic in Holland wuͤrden gemacht haben. Die Ruſſen und Mo-<lb/> ſcowitter ſind <hi rendition="#aq">capable</hi> geweſen, ein hartes Regiment zu erdulden, und<lb/> <fw place="bottom" type="catch">muͤſſen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [164/0184]
Cap. V. De prudentia
ſo haben ſie ſich aufs Rauben gelegt, und geſucht, conqueten zu machen.
Wenn ſie nun in ein Land gekommen, welches commode, ſo ſind ſie da
geblieben. Als wie Cæſar von dem Arioviſto erzehlet, daß derſelbe nach
Gallien gegangen, weil daſelbſt mollius ſolum. Sie haben gerne wol-
len erndten, wo ſie nichts geſaͤet. Carolus Magnus hat deßwegen die
Sachſen weg transportiret, weil er ſie wollen cultiviren: Denn das iſt
das beſte Mittel. Die Leute, welche jetzo da ſind, wo Genua liegt, ha-
ben die Roͤmer aus Dauphiné dahin transportiret, weil ſie daſelbſt auf
Bergen gewohnet, und hartnaͤckige Koͤpffe geweſen. Pompejus, da er
die Cilicier uͤberwunden, welche am Meer gewohnet, zwiſchen Klippen,
und ſich aufs Rauben geleget, ſo hat er geſehen, daß ſie bald wieder wuͤr-
den revoltiren; daher transportirte er ſie, gabe ihnen molle ſolum, da
wurden ſie gantz gut; daher muß man eben nicht gleich ſagen, daß ein
Herr eine boͤſe intention habe, wenn er ſeine Unterthanen transportiret.
Der Czaar macht es eben ſo: wie er alt Neugard erobert, ſo hat er ge-
ſehen, die Leuthe wuͤrden hundert mahl revoltiren, daher brachte er ſie
dahin, wo jetzo Novogrod ſtehet. Conſtantinus Magnus hat ſeinen Soͤh-
nen alle ſeine Lande aufgezeichnet, und alle populos beſchrieben, und hat
man dieſe inſtruction noch. Carolus V. hat eben eine ſolche inſtruction
ſeinem Sohn Philippo gegeben; ſie hat aber nicht viel geholffen. Die
anima accommodiret ſich bey ſolchen inclinationibus nach dem Leibe. Ob
man gleich ſaget, daß die Seele kan alio ſeſe flectere, welches in der mo-
ral gewieſen wird, deßwegen kan man die nationes doch nicht darnach
einrichten. Wie ſie nun ſich nach denen motibus corporeis richtet, ſo
muß man ſich auch im Regieren darnach accommodiren. Si contra fa-
cias, infeliciter cedet totum imperandi negotium. Man nimmt klaͤrlich
wahr, daß die orientaliſchen Voͤlcker ſich von einem gerne regieren laſ-
ſen. Ja es kommt denen in China, Japan, Siam, und in gantz Aſia
paradox vor, wenn man ihnen erzehlet, dari in Europa respublicas liberas,
wo keine Imperantes: denn ſie halten ihre Regenten faſt fuͤr Goͤtter.
Daher wuͤrde einer wunderlich thun, wenn er die orientaliſchen Voͤlcker
wollte laxius regieren, indem ſie des Iugi Monarchici gewohnet. Als die
Hollaͤnder ihre Handlung in Siam etabliret, und der Koͤnig von Siam
eine Geſandtſchafft nach Holland geſchickt, ſo haben die Hollaͤnder fin-
giret, als wenn der Printz Moritz ihr Souverain, er muſte ſich als einen
Koͤnig auffuͤhren, und gab denen Geſandten, auf einen Thron ſitzend,
audience, weil die Geſandten ſonſt einen ſchlechten concept ſich von der
Republic in Holland wuͤrden gemacht haben. Die Ruſſen und Mo-
ſcowitter ſind capable geweſen, ein hartes Regiment zu erdulden, und
muͤſſen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |