Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. gäben. Man hat auch bey unserm Hof einmahl Willens gehabt, einenProfessorem Politicae von Policey-Sachen zu setzen, welches gut gewesen wäre, aber man hat keinen finden können, der sich darzu geschickt, denn niemand legt sich sonderlich hierauf. Beckmann in Franckfurth an der Oder hat auch eingesehen, daß man das studium oeconomicum nicht sollte negiren. Wenn nur erst ein Professor da wäre, welcher diese disciplin docirte, so würden sich alsdenn auch schon Leute finden, welche solche hörten, und würde ein Herr dadurch in seinen Landen grossen Nutzen haben. Man siehet, daß so viele Pachter herunter kommen, und so vie- le von der Noblesse zu Grunde gehen, eben deßwegen, weil sie die oeco- nomie nicht verstehen. Vor diesem bestund die gröste force eines Caval- liers darinnen, daß er ein guter Haußwirth war, und den Krieg verstund. Denn im Winter war er zu Hause, und im Frühlinge, wenn es was gabe, setzte er sich zu Pferde. Man hat wahr genommen, daß einer, Nahmens Benno, aus dem Billingischen Geschlechte, zu seiner Zeit ein so grosses Ansehen erhalten, weil er seine Länder so cultiviret, daß sie die übrigen alle übertroffen. Das ist der gröste Fehler der Türcken, daß sie die grossen Länder, welche sie acquiriren, nicht cultiviren. Warum follte man nicht auch die oeconomie in 24. oder 30. Cap. vorstellen kön- nen, da könnte man alles vorstellen, was zum Land-Leben, Stadt-Le- ben, Waldungen etc. gehöret. Aber es gehöret freylich eine grosse appli- cation dazu, wenn einer solches verrichten will. Ein grosser Herr sollte einen lassen reisen, der sich recht auf solche Dinge legen müste. Alsdenn würde ein grosser Herr auch eher Leute finden können, welche er könn- te gebrauchen in seiner Haußhaltung. Es würde auch solches andern viel helffen. Denn was ist es, wenn ich was erworben, und meine Kinder kommen durch übele Haußhaltung herunter. Es darff keiner dencken, wenn er die Iurisprudenz verstünde, brauchte er dieses nicht: Denn er wird finden, daß ihm noch vieles fehlete. Wir haben auch viel dissertat. peculares von dieser materie, und hat der Herr von Rohr, welcher in Merseburg ist, einen tractat ediret, von oeconomischen Rech- ten, worinnen er nichts gethan, als unterschiedene curieuse dissertat. ins Teutsche übersetzet. Ich habe das Buch wohl gebrauchen können, man hat hier sehr viel Bücher, und könnte ich viel recommendiren; aber man kan hier des Rohrs Haußhaltungs Bibliothec gebrauchen, welches sehr gut ist, und eine gute cognitionem librariam giebt. Denn in dem ersten Capitel handelt er von dem studio oeconomico überhaupt; her- nach hat er ein Capitel von Cameral-Wesen, von privat. Wirthschaff- ten, Ackerbau, Weinbau, Koch-Kunst, von Wäldern, von der Jäge- rey etc.
Cap. V. gaͤben. Man hat auch bey unſerm Hof einmahl Willens gehabt, einenProfeſſorem Politicæ von Policey-Sachen zu ſetzen, welches gut geweſen waͤre, aber man hat keinen finden koͤnnen, der ſich darzu geſchickt, denn niemand legt ſich ſonderlich hierauf. Beckmann in Franckfurth an der Oder hat auch eingeſehen, daß man das ſtudium œconomicum nicht ſollte negiren. Wenn nur erſt ein Profeſſor da waͤre, welcher dieſe diſciplin docirte, ſo wuͤrden ſich alsdenn auch ſchon Leute finden, welche ſolche hoͤrten, und wuͤrde ein Herr dadurch in ſeinen Landen groſſen Nutzen haben. Man ſiehet, daß ſo viele Pachter herunter kommen, und ſo vie- le von der Nobleſſe zu Grunde gehen, eben deßwegen, weil ſie die œco- nomie nicht verſtehen. Vor dieſem beſtund die groͤſte force eines Caval- liers darinnen, daß er ein guter Haußwirth war, und den Krieg verſtund. Denn im Winter war er zu Hauſe, und im Fruͤhlinge, wenn es was gabe, ſetzte er ſich zu Pferde. Man hat wahr genommen, daß einer, Nahmens Benno, aus dem Billingiſchen Geſchlechte, zu ſeiner Zeit ein ſo groſſes Anſehen erhalten, weil er ſeine Laͤnder ſo cultiviret, daß ſie die uͤbrigen alle uͤbertroffen. Das iſt der groͤſte Fehler der Tuͤrcken, daß ſie die groſſen Laͤnder, welche ſie acquiriren, nicht cultiviren. Warum follte man nicht auch die œconomie in 24. oder 30. Cap. vorſtellen koͤn- nen, da koͤnnte man alles vorſtellen, was zum Land-Leben, Stadt-Le- ben, Waldungen ꝛc. gehoͤret. Aber es gehoͤret freylich eine groſſe appli- cation dazu, wenn einer ſolches verrichten will. Ein groſſer Herr ſollte einen laſſen reiſen, der ſich recht auf ſolche Dinge legen muͤſte. Alsdenn wuͤrde ein groſſer Herr auch eher Leute finden koͤnnen, welche er koͤnn- te gebrauchen in ſeiner Haußhaltung. Es wuͤrde auch ſolches andern viel helffen. Denn was iſt es, wenn ich was erworben, und meine Kinder kommen durch uͤbele Haußhaltung herunter. Es darff keiner dencken, wenn er die Iurisprudenz verſtuͤnde, brauchte er dieſes nicht: Denn er wird finden, daß ihm noch vieles fehlete. Wir haben auch viel diſſertat. peculares von dieſer materie, und hat der Herr von Rohr, welcher in Merſeburg iſt, einen tractat ediret, von œconomiſchen Rech- ten, worinnen er nichts gethan, als unterſchiedene curieuſe diſſertat. ins Teutſche uͤberſetzet. Ich habe das Buch wohl gebrauchen koͤnnen, man hat hier ſehr viel Buͤcher, und koͤnnte ich viel recommendiren; aber man kan hier des Rohrs Haußhaltungs Bibliothec gebrauchen, welches ſehr gut iſt, und eine gute cognitionem librariam giebt. Denn in dem erſten Capitel handelt er von dem ſtudio œconomico uͤberhaupt; her- nach hat er ein Capitel von Cameral-Weſen, von privat. Wirthſchaff- ten, Ackerbau, Weinbau, Koch-Kunſt, von Waͤldern, von der Jaͤge- rey ꝛc.
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Cap. V.
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Profeſſorem Politicæ von Policey-Sachen zu ſetzen, welches gut geweſen
waͤre, aber man hat keinen finden koͤnnen, der ſich darzu geſchickt, denn
niemand legt ſich ſonderlich hierauf. Beckmann in Franckfurth an der
Oder hat auch eingeſehen, daß man das ſtudium œconomicum nicht
ſollte negiren. Wenn nur erſt ein Profeſſor da waͤre, welcher dieſe diſciplin
docirte, ſo wuͤrden ſich alsdenn auch ſchon Leute finden, welche ſolche
hoͤrten, und wuͤrde ein Herr dadurch in ſeinen Landen groſſen Nutzen
haben. Man ſiehet, daß ſo viele Pachter herunter kommen, und ſo vie-
le von der Nobleſſe zu Grunde gehen, eben deßwegen, weil ſie die œco-
nomie nicht verſtehen. Vor dieſem beſtund die groͤſte force eines Caval-
liers darinnen, daß er ein guter Haußwirth war, und den Krieg verſtund.
Denn im Winter war er zu Hauſe, und im Fruͤhlinge, wenn es was
gabe, ſetzte er ſich zu Pferde. Man hat wahr genommen, daß einer,
Nahmens Benno, aus dem Billingiſchen Geſchlechte, zu ſeiner Zeit ein
ſo groſſes Anſehen erhalten, weil er ſeine Laͤnder ſo cultiviret, daß ſie die
uͤbrigen alle uͤbertroffen. Das iſt der groͤſte Fehler der Tuͤrcken, daß
ſie die groſſen Laͤnder, welche ſie acquiriren, nicht cultiviren. Warum
follte man nicht auch die œconomie in 24. oder 30. Cap. vorſtellen koͤn-
nen, da koͤnnte man alles vorſtellen, was zum Land-Leben, Stadt-Le-
ben, Waldungen ꝛc. gehoͤret. Aber es gehoͤret freylich eine groſſe appli-
cation dazu, wenn einer ſolches verrichten will. Ein groſſer Herr ſollte
einen laſſen reiſen, der ſich recht auf ſolche Dinge legen muͤſte. Alsdenn
wuͤrde ein groſſer Herr auch eher Leute finden koͤnnen, welche er koͤnn-
te gebrauchen in ſeiner Haußhaltung. Es wuͤrde auch ſolches andern
viel helffen. Denn was iſt es, wenn ich was erworben, und meine
Kinder kommen durch uͤbele Haußhaltung herunter. Es darff keiner
dencken, wenn er die Iurisprudenz verſtuͤnde, brauchte er dieſes nicht:
Denn er wird finden, daß ihm noch vieles fehlete. Wir haben auch
viel diſſertat. peculares von dieſer materie, und hat der Herr von Rohr,
welcher in Merſeburg iſt, einen tractat ediret, von œconomiſchen Rech-
ten, worinnen er nichts gethan, als unterſchiedene curieuſe diſſertat. ins
Teutſche uͤberſetzet. Ich habe das Buch wohl gebrauchen koͤnnen, man
hat hier ſehr viel Buͤcher, und koͤnnte ich viel recommendiren; aber
man kan hier des Rohrs Haußhaltungs Bibliothec gebrauchen, welches
ſehr gut iſt, und eine gute cognitionem librariam giebt. Denn in dem
erſten Capitel handelt er von dem ſtudio œconomico uͤberhaupt; her-
nach hat er ein Capitel von Cameral-Weſen, von privat. Wirthſchaff-
ten, Ackerbau, Weinbau, Koch-Kunſt, von Waͤldern, von der Jaͤge-
rey ꝛc.
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