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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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De prudentia status oeconomici.
bey allen Dingen gemacht wird, gezeiget wird, und habe ich aus solchen
Büchern viel profitiret. Hauptsächlich habe ich mich beflissen, zu erfah-
ren, wie man die Leute betrieget, damit ich wissen kan, wie guter Coffee,
Thee,
gutes Tuch, und gute Strümpffe zu erkennen. Man hat von al-
len Handwercken die Betrügereyen drucken lassen, und sind viele schöne
Bücher hievon geschrieben. Man muß sich nicht allein auf Theoreti-
sche, sondern auch auf practische Sachen legen: Denn mancher gehet
zu Grunde, weil er kein guter Haußwirth ist. Quaer. Woher kommt
es, daß man die oeconomie so negligiret? Respond. Die Ursachen sind
folgende: 1) Hat die oeconomie mit Haußhaltungs-Sachen zu thun,
da sagen sie, solche gehöreten vor die Weiber, und diese sind, so zu sagen,
in possessione. 2) Was Land-Sachen sind, so hält man sich zu gut,
daß man wollte wissen, wie man mit Schäffereyen, mit Mist etc. umge-
hen solle, da doch höchst-nöthig in der oeconomie ein gantz Cap. de ster-
core
zu verfertigen; die vornehmsten Leute haben Land-Güther, und brau-
chen also die oeconomie, und ist nothwendig. Des Herrn seine Cam-
mer muß bestehen in einer oeconomia, und wer solche nicht verste-
het, wie will er dieselbe gut einrichten. 3) Haben sie gemeynet/ es
wäre dieses eine disciplin, welche mehr empirisch, man lernet mehr aus
der Erfahrung, und wäre es sehr leichte. Allein generalia kan man bald
lernen, kommt man aber ad specialia, so finden sich viele difficultäten.
Aristoteles hat etwas gesehen, und deßwegen libros oeconomicos bey sei-
ner Politic mit angehänget, worüber viele gelesen. Jo. Paul. Felwinger
hat auch einen tractat darüber geschrieben; aber Aristoteles ist nur in
generalibus
stehen blieben. Der berühmte Schottländer, Danaldsonus,
hat auch artem oeconomicam geschrieben, weil er aber ein Aristotelicus,
so ist er auch nicht ad specialia gegangen. Henricus VIII. in Engeland,
welcher selbst studiret, hat auch wahrgenommen, daß seine Cammer-Sa-
chen und oeconomie nicht taugten: denn er hatte den Cardinal Wolsey
zum Premier-Ministre, welcher diese Dinge nicht verstunde, so wenig als
der Richelien und Mazarin in Franckreich, daher sagte Henricus VIII.
ich habe ein hauffen Leute, einer ist ein Poet, einer ist ein Orator, einer
ein Jurist, einer ein Scholasticus, ich möchte aber auch Leute haben, wel-
che man brauchen könnte in Cameral-Sachen. Es berichtet der Baron
Edoard Herbert
von Cherbury, daß er auf die Gedancken gefallen, die
Leute auf Güther zu thun, wo grosse Haußhaltungen wären, ut scien-
tiam cum praxi conjungere possent
. Dieses war eben nichts närrisches,
aber man hätte es nicht einmahl nöthig, sondern man könnte nur Profes-
sores
setzen, welche nicht allein regulas generales, sondern auch speciales

gäben.
T 2

De prudentia ſtatus œconomici.
bey allen Dingen gemacht wird, gezeiget wird, und habe ich aus ſolchen
Buͤchern viel profitiret. Hauptſaͤchlich habe ich mich befliſſen, zu erfah-
ren, wie man die Leute betrieget, damit ich wiſſen kan, wie guter Coffée,
Thée,
gutes Tuch, und gute Struͤmpffe zu erkennen. Man hat von al-
len Handwercken die Betruͤgereyen drucken laſſen, und ſind viele ſchoͤne
Buͤcher hievon geſchrieben. Man muß ſich nicht allein auf Theoreti-
ſche, ſondern auch auf practiſche Sachen legen: Denn mancher gehet
zu Grunde, weil er kein guter Haußwirth iſt. Quær. Woher kommt
es, daß man die œconomie ſo negligiret? Reſpond. Die Urſachen ſind
folgende: 1) Hat die œconomie mit Haußhaltungs-Sachen zu thun,
da ſagen ſie, ſolche gehoͤreten vor die Weiber, und dieſe ſind, ſo zu ſagen,
in poſſesſione. 2) Was Land-Sachen ſind, ſo haͤlt man ſich zu gut,
daß man wollte wiſſen, wie man mit Schaͤffereyen, mit Miſt ꝛc. umge-
hen ſolle, da doch hoͤchſt-noͤthig in der œconomie ein gantz Cap. de ſter-
core
zu verfertigen; die vornehmſten Leute haben Land-Guͤther, und brau-
chen alſo die œconomie, und iſt nothwendig. Des Herrn ſeine Cam-
mer muß beſtehen in einer œconomia, und wer ſolche nicht verſte-
het, wie will er dieſelbe gut einrichten. 3) Haben ſie gemeynet/ es
waͤre dieſes eine diſciplin, welche mehr empiriſch, man lernet mehr aus
der Erfahrung, und waͤre es ſehr leichte. Allein generalia kan man bald
lernen, kommt man aber ad ſpecialia, ſo finden ſich viele difficultaͤten.
Ariſtoteles hat etwas geſehen, und deßwegen libros œconomicos bey ſei-
ner Politic mit angehaͤnget, woruͤber viele geleſen. Jo. Paul. Felwinger
hat auch einen tractat daruͤber geſchrieben; aber Ariſtoteles iſt nur in
generalibus
ſtehen blieben. Der beruͤhmte Schottlaͤnder, Danaldſonus,
hat auch artem œconomicam geſchrieben, weil er aber ein Ariſtotelicus,
ſo iſt er auch nicht ad ſpecialia gegangen. Henricus VIII. in Engeland,
welcher ſelbſt ſtudiret, hat auch wahrgenommen, daß ſeine Cammer-Sa-
chen und œconomie nicht taugten: denn er hatte den Cardinal Wolſey
zum Premier-Miniſtre, welcher dieſe Dinge nicht verſtunde, ſo wenig als
der Richelien und Mazarin in Franckreich, daher ſagte Henricus VIII.
ich habe ein hauffen Leute, einer iſt ein Poët, einer iſt ein Orator, einer
ein Juriſt, einer ein Scholaſticus, ich moͤchte aber auch Leute haben, wel-
che man brauchen koͤnnte in Cameral-Sachen. Es berichtet der Baron
Edoard Herbert
von Cherbury, daß er auf die Gedancken gefallen, die
Leute auf Guͤther zu thun, wo groſſe Haußhaltungen waͤren, ut ſcien-
tiam cum praxi conjungere poſſent
. Dieſes war eben nichts naͤrriſches,
aber man haͤtte es nicht einmahl noͤthig, ſondern man koͤnnte nur Profeſ-
ſores
ſetzen, welche nicht allein regulas generales, ſondern auch ſpeciales

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T 2
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[147/0167] De prudentia ſtatus œconomici. bey allen Dingen gemacht wird, gezeiget wird, und habe ich aus ſolchen Buͤchern viel profitiret. Hauptſaͤchlich habe ich mich befliſſen, zu erfah- ren, wie man die Leute betrieget, damit ich wiſſen kan, wie guter Coffée, Thée, gutes Tuch, und gute Struͤmpffe zu erkennen. Man hat von al- len Handwercken die Betruͤgereyen drucken laſſen, und ſind viele ſchoͤne Buͤcher hievon geſchrieben. Man muß ſich nicht allein auf Theoreti- ſche, ſondern auch auf practiſche Sachen legen: Denn mancher gehet zu Grunde, weil er kein guter Haußwirth iſt. Quær. Woher kommt es, daß man die œconomie ſo negligiret? Reſpond. Die Urſachen ſind folgende: 1) Hat die œconomie mit Haußhaltungs-Sachen zu thun, da ſagen ſie, ſolche gehoͤreten vor die Weiber, und dieſe ſind, ſo zu ſagen, in poſſesſione. 2) Was Land-Sachen ſind, ſo haͤlt man ſich zu gut, daß man wollte wiſſen, wie man mit Schaͤffereyen, mit Miſt ꝛc. umge- hen ſolle, da doch hoͤchſt-noͤthig in der œconomie ein gantz Cap. de ſter- core zu verfertigen; die vornehmſten Leute haben Land-Guͤther, und brau- chen alſo die œconomie, und iſt nothwendig. Des Herrn ſeine Cam- mer muß beſtehen in einer œconomia, und wer ſolche nicht verſte- het, wie will er dieſelbe gut einrichten. 3) Haben ſie gemeynet/ es waͤre dieſes eine diſciplin, welche mehr empiriſch, man lernet mehr aus der Erfahrung, und waͤre es ſehr leichte. Allein generalia kan man bald lernen, kommt man aber ad ſpecialia, ſo finden ſich viele difficultaͤten. Ariſtoteles hat etwas geſehen, und deßwegen libros œconomicos bey ſei- ner Politic mit angehaͤnget, woruͤber viele geleſen. Jo. Paul. Felwinger hat auch einen tractat daruͤber geſchrieben; aber Ariſtoteles iſt nur in generalibus ſtehen blieben. Der beruͤhmte Schottlaͤnder, Danaldſonus, hat auch artem œconomicam geſchrieben, weil er aber ein Ariſtotelicus, ſo iſt er auch nicht ad ſpecialia gegangen. Henricus VIII. in Engeland, welcher ſelbſt ſtudiret, hat auch wahrgenommen, daß ſeine Cammer-Sa- chen und œconomie nicht taugten: denn er hatte den Cardinal Wolſey zum Premier-Miniſtre, welcher dieſe Dinge nicht verſtunde, ſo wenig als der Richelien und Mazarin in Franckreich, daher ſagte Henricus VIII. ich habe ein hauffen Leute, einer iſt ein Poët, einer iſt ein Orator, einer ein Juriſt, einer ein Scholaſticus, ich moͤchte aber auch Leute haben, wel- che man brauchen koͤnnte in Cameral-Sachen. Es berichtet der Baron Edoard Herbert von Cherbury, daß er auf die Gedancken gefallen, die Leute auf Guͤther zu thun, wo groſſe Haußhaltungen waͤren, ut ſcien- tiam cum praxi conjungere poſſent. Dieſes war eben nichts naͤrriſches, aber man haͤtte es nicht einmahl noͤthig, ſondern man koͤnnte nur Profeſ- ſores ſetzen, welche nicht allein regulas generales, ſondern auch ſpeciales gaͤben. T 2

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/167>, abgerufen am 24.11.2024.