Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

Bild:
<< vorherige Seite

De prudentia status oeconomici.
mich darnach richten, und accommodiren, nicht eben, daß ich dieselben
annehme. Ich brauche auch die Leute, welche bey ihm in credit stehen;
daher kan ich aber nicht sagen, daß der Printz von Conde wohl raison-
ni
ret, wenn er von einem, der durch die Mad, de Montespan gestiegen,
immer verächtlich gesprochen. Es kan einer bona conscientia Leute ge-
brauchen, so nichts taugen, von einer Maitresse hält man nicht viel, quae
se substernit libidinis gratia
. Indeß, wenn man siehet, wie dieselbe oben
an sitzet, und von ihr alle chargen dependiren, als wie in Franckreich
von der Mad. de Montespan, und Mad. de Maintenon alles dependiret;
Denn es war Rex uxorius, so ist kein Zweiffel, daß man auch durch sol-
che seine fortune machen kan. Der König Sigismund in Pohlen, wur-
de von einer alten Frau und ihrer Tochter regieret, bey welchen sich vie-
le vornehme Polacken melden musten, wenn sie wollten avanciren. Man
muß sich also an solche addressiren, so was gelten. Dicis: Es ist nicht
zu erhalten, als durchs Geld, wie in Franckreich? Respond. Es ist die-
ses ein grosser Verfall, weil es aber nicht anders ist, so muß man es ge-
ben: Denn wo man den Pumpernickel in der Kirche singet, singet man
ihn mit, das ist aber doch in Franckreich, daß, wenn vier sind, welche
um eine charge anhalten, so müssen auch alle vier habile dazu seyn, und
alsdenn obtiniret derjenige, so am meisten giebet. Will ich aber nun
kein Geld geben, so muß ich in der Wüsten leben, oder hinter den Pflug
hergehen, man kan hierbey nachlesen, was der Mad, Scudery ihr Bruder
George Scudery geschrieben hat.

Sectio II.
de
Prudentia status oeconomici.

BIsher ist gehandelt worden von denen mediis diejenigen zu gewin-Ratio con[e]-
xionis.

nen, welche mehr sind als ich. Wir haben aber auch Leute,
welche weniger als wir, sie sind uns aber doch auxilio: Derglei-
chen finden sich eben in re familiari. Man wird sehen, daß wenn einer
in re familiari will gut reussiren, so muß er gutes Gesinde haben: Denn
aus der choix seines Gesindes kan man einen guten Hauß-Vater er-
kennen. Dieses ist nicht allein in re familiari so, sondern wir werden
unten finden, daß kein besserer character eines guten Regenten, als wenn
er gute Ministres hat. Mons. Perefix, welcher das Leben Henrici IV.

sehr
T

De prudentia ſtatus œconomici.
mich darnach richten, und accommodiren, nicht eben, daß ich dieſelben
annehme. Ich brauche auch die Leute, welche bey ihm in credit ſtehen;
daher kan ich aber nicht ſagen, daß der Printz von Condé wohl raiſon-
ni
ret, wenn er von einem, der durch die Mad, de Monteſpan geſtiegen,
immer veraͤchtlich geſprochen. Es kan einer bona conſcientia Leute ge-
brauchen, ſo nichts taugen, von einer Maitreſſe haͤlt man nicht viel, quæ
ſe ſubſternit libidinis gratia
. Indeß, wenn man ſiehet, wie dieſelbe oben
an ſitzet, und von ihr alle chargen dependiren, als wie in Franckreich
von der Mad. de Monteſpan, und Mad. de Maintenon alles dependiret;
Denn es war Rex uxorius, ſo iſt kein Zweiffel, daß man auch durch ſol-
che ſeine fortune machen kan. Der Koͤnig Sigismund in Pohlen, wur-
de von einer alten Frau und ihrer Tochter regieret, bey welchen ſich vie-
le vornehme Polacken melden muſten, wenn ſie wollten avanciren. Man
muß ſich alſo an ſolche addreſſiren, ſo was gelten. Dicis: Es iſt nicht
zu erhalten, als durchs Geld, wie in Franckreich? Reſpond. Es iſt die-
ſes ein groſſer Verfall, weil es aber nicht anders iſt, ſo muß man es ge-
ben: Denn wo man den Pumpernickel in der Kirche ſinget, ſinget man
ihn mit, das iſt aber doch in Franckreich, daß, wenn vier ſind, welche
um eine charge anhalten, ſo muͤſſen auch alle vier habile dazu ſeyn, und
alsdenn obtiniret derjenige, ſo am meiſten giebet. Will ich aber nun
kein Geld geben, ſo muß ich in der Wuͤſten leben, oder hinter den Pflug
hergehen, man kan hierbey nachleſen, was der Mad, Scudery ihr Bruder
George Scudery geſchrieben hat.

Sectio II.
de
Prudentia ſtatus œconomici.

BIsher iſt gehandelt worden von denen mediis diejenigen zu gewin-Ratio con[e]-
xionis.

nen, welche mehr ſind als ich. Wir haben aber auch Leute,
welche weniger als wir, ſie ſind uns aber doch auxilio: Derglei-
chen finden ſich eben in re familiari. Man wird ſehen, daß wenn einer
in re familiari will gut reuſſiren, ſo muß er gutes Geſinde haben: Denn
aus der choix ſeines Geſindes kan man einen guten Hauß-Vater er-
kennen. Dieſes iſt nicht allein in re familiari ſo, ſondern wir werden
unten finden, daß kein beſſerer character eines guten Regenten, als wenn
er gute Miniſtres hat. Monſ. Perefix, welcher das Leben Henrici IV.

ſehr
T
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0165" n="145"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">De prudentia &#x017F;tatus &#x0153;conomici.</hi></fw><lb/>
mich darnach richten, und <hi rendition="#aq">accommodi</hi>ren, nicht eben, daß ich die&#x017F;elben<lb/>
annehme. Ich brauche auch die Leute, welche bey ihm in <hi rendition="#aq">credit</hi> &#x017F;tehen;<lb/>
daher kan ich aber nicht &#x017F;agen, daß der Printz von <hi rendition="#aq">Condé</hi> wohl <hi rendition="#aq">rai&#x017F;on-<lb/>
ni</hi>ret, wenn er von einem, der durch die <hi rendition="#aq">Mad, de Monte&#x017F;pan</hi> ge&#x017F;tiegen,<lb/>
immer vera&#x0364;chtlich ge&#x017F;prochen. Es kan einer <hi rendition="#aq">bona con&#x017F;cientia</hi> Leute ge-<lb/>
brauchen, &#x017F;o nichts taugen, von einer <hi rendition="#aq">Maitre&#x017F;&#x017F;e</hi> ha&#x0364;lt man nicht viel, <hi rendition="#aq">quæ<lb/>
&#x017F;e &#x017F;ub&#x017F;ternit libidinis gratia</hi>. Indeß, wenn man &#x017F;iehet, wie die&#x017F;elbe oben<lb/>
an &#x017F;itzet, und von ihr alle <hi rendition="#aq">charg</hi>en <hi rendition="#aq">dependi</hi>ren, als wie in Franckreich<lb/>
von der <hi rendition="#aq">Mad. de Monte&#x017F;pan,</hi> und <hi rendition="#aq">Mad. de Maintenon</hi> alles <hi rendition="#aq">dependi</hi>ret;<lb/>
Denn es war <hi rendition="#aq">Rex uxorius,</hi> &#x017F;o i&#x017F;t kein Zweiffel, daß man auch durch &#x017F;ol-<lb/>
che &#x017F;eine <hi rendition="#aq">fortune</hi> machen kan. Der Ko&#x0364;nig <hi rendition="#aq">Sigismund</hi> in Pohlen, wur-<lb/>
de von einer alten Frau und ihrer Tochter regieret, bey welchen &#x017F;ich vie-<lb/>
le vornehme Polacken melden mu&#x017F;ten, wenn &#x017F;ie wollten <hi rendition="#aq">avanci</hi>ren. Man<lb/>
muß &#x017F;ich al&#x017F;o an &#x017F;olche <hi rendition="#aq">addre&#x017F;&#x017F;i</hi>ren, &#x017F;o was gelten. <hi rendition="#aq">Dicis</hi>: Es i&#x017F;t nicht<lb/>
zu erhalten, als durchs Geld, wie in Franckreich? <hi rendition="#aq">Re&#x017F;pond</hi>. Es i&#x017F;t die-<lb/>
&#x017F;es ein gro&#x017F;&#x017F;er Verfall, weil es aber nicht anders i&#x017F;t, &#x017F;o muß man es ge-<lb/>
ben: Denn wo man den Pumpernickel in der Kirche &#x017F;inget, &#x017F;inget man<lb/>
ihn mit, das i&#x017F;t aber doch in Franckreich, daß, wenn vier &#x017F;ind, welche<lb/>
um eine <hi rendition="#aq">charge</hi> anhalten, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en auch alle vier <hi rendition="#aq">habile</hi> dazu &#x017F;eyn, und<lb/>
alsdenn <hi rendition="#aq">obtini</hi>ret derjenige, &#x017F;o am mei&#x017F;ten giebet. Will ich aber nun<lb/>
kein Geld geben, &#x017F;o muß ich in der Wu&#x0364;&#x017F;ten leben, oder hinter den Pflug<lb/>
hergehen, man kan hierbey nachle&#x017F;en, was der <hi rendition="#aq">Mad, Scudery</hi> ihr Bruder<lb/><hi rendition="#aq">George Scudery</hi> ge&#x017F;chrieben hat.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">Sectio II.<lb/>
de<lb/>
Prudentia &#x017F;tatus &#x0153;conomici.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">B</hi>Isher i&#x017F;t gehandelt worden von denen <hi rendition="#aq">mediis</hi> diejenigen zu gewin-<note place="right"><hi rendition="#aq">Ratio con<supplied>e</supplied>-<lb/>
xionis.</hi></note><lb/>
nen, welche mehr &#x017F;ind als ich. Wir haben aber auch Leute,<lb/>
welche weniger als wir, &#x017F;ie &#x017F;ind uns aber doch <hi rendition="#aq">auxilio</hi>: Derglei-<lb/>
chen finden &#x017F;ich eben <hi rendition="#aq">in re familiari</hi>. Man wird &#x017F;ehen, daß wenn einer<lb/><hi rendition="#aq">in re familiari</hi> will gut <hi rendition="#aq">reu&#x017F;&#x017F;i</hi>ren, &#x017F;o muß er gutes Ge&#x017F;inde haben: Denn<lb/>
aus der <hi rendition="#aq">choix</hi> &#x017F;eines Ge&#x017F;indes kan man einen guten Hauß-Vater er-<lb/>
kennen. Die&#x017F;es i&#x017F;t nicht allein <hi rendition="#aq">in re familiari</hi> &#x017F;o, &#x017F;ondern wir werden<lb/>
unten finden, daß kein be&#x017F;&#x017F;erer <hi rendition="#aq">character</hi> eines guten Regenten, als wenn<lb/>
er gute <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;tres</hi> hat. <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. Perefix,</hi> welcher das Leben <hi rendition="#aq">Henrici IV.</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ehr</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0165] De prudentia ſtatus œconomici. mich darnach richten, und accommodiren, nicht eben, daß ich dieſelben annehme. Ich brauche auch die Leute, welche bey ihm in credit ſtehen; daher kan ich aber nicht ſagen, daß der Printz von Condé wohl raiſon- niret, wenn er von einem, der durch die Mad, de Monteſpan geſtiegen, immer veraͤchtlich geſprochen. Es kan einer bona conſcientia Leute ge- brauchen, ſo nichts taugen, von einer Maitreſſe haͤlt man nicht viel, quæ ſe ſubſternit libidinis gratia. Indeß, wenn man ſiehet, wie dieſelbe oben an ſitzet, und von ihr alle chargen dependiren, als wie in Franckreich von der Mad. de Monteſpan, und Mad. de Maintenon alles dependiret; Denn es war Rex uxorius, ſo iſt kein Zweiffel, daß man auch durch ſol- che ſeine fortune machen kan. Der Koͤnig Sigismund in Pohlen, wur- de von einer alten Frau und ihrer Tochter regieret, bey welchen ſich vie- le vornehme Polacken melden muſten, wenn ſie wollten avanciren. Man muß ſich alſo an ſolche addreſſiren, ſo was gelten. Dicis: Es iſt nicht zu erhalten, als durchs Geld, wie in Franckreich? Reſpond. Es iſt die- ſes ein groſſer Verfall, weil es aber nicht anders iſt, ſo muß man es ge- ben: Denn wo man den Pumpernickel in der Kirche ſinget, ſinget man ihn mit, das iſt aber doch in Franckreich, daß, wenn vier ſind, welche um eine charge anhalten, ſo muͤſſen auch alle vier habile dazu ſeyn, und alsdenn obtiniret derjenige, ſo am meiſten giebet. Will ich aber nun kein Geld geben, ſo muß ich in der Wuͤſten leben, oder hinter den Pflug hergehen, man kan hierbey nachleſen, was der Mad, Scudery ihr Bruder George Scudery geſchrieben hat. Sectio II. de Prudentia ſtatus œconomici. BIsher iſt gehandelt worden von denen mediis diejenigen zu gewin- nen, welche mehr ſind als ich. Wir haben aber auch Leute, welche weniger als wir, ſie ſind uns aber doch auxilio: Derglei- chen finden ſich eben in re familiari. Man wird ſehen, daß wenn einer in re familiari will gut reuſſiren, ſo muß er gutes Geſinde haben: Denn aus der choix ſeines Geſindes kan man einen guten Hauß-Vater er- kennen. Dieſes iſt nicht allein in re familiari ſo, ſondern wir werden unten finden, daß kein beſſerer character eines guten Regenten, als wenn er gute Miniſtres hat. Monſ. Perefix, welcher das Leben Henrici IV. ſehr Ratio cone- xionis. T

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/165
Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/165>, abgerufen am 21.11.2024.