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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V.
nicht dazu schickt. Wenn der Vater ein Soldat ist, so soll der Sohn auch
ein Soldat werden, da er doch, wenn er eine Büchse loß schiessen soll, das
Gesicht davon weg thut. Man machet es hierinnen denen gemeinen
Leuten nach, da der Sohn, wenn der Vater ein Fleischer ist, auch einer
werden muß. Wenn ich nun eine excellenz habe, mache ich gleich mei-
ne fortune? minime omnium. Da findet einer noch erst die obstacula
von Menschen und Feinden. Und wenn einer auch keine Feinde hat,
so muß er doch occasion suchen. So lange einer auf Universitäten ist,
weiß er das nicht, man siehet eine foiblesse bey diesen und jenen, aber
doch keine rechte Feindseligkeit. Hergegen, wenn einer in der Welt ecla-
ti
ren will, da thut er keinem öffentlichen was, man zancket nicht, man re-
det nicht, aber heimlich hindert einer den andern. Denn wenn einer ascen-
di
ren will, so ist ein anderer, der eben das munus ambiret, der sucht ihn
zu hindern, er hat das Geld, alsdenn ist es Kunst, die obstacula zu über-
winden. Es ist auch ein excellens artifex, ein excellens opifex, welcher
dieses thun kan: Denn bald suchet ihn der princeps, bald seine Mit-
Meister zu hindern. Man wird kein metier in der gantzen Welt finden,
da nicht obstacula sind. Ich muß also suchen, diejenigen zu gewinnen,
welche mir zuwider sind, oder wenigstens verhindern, daß sie mir nicht
schaden können, ingleichen muß ich mir amicos machen, die ich vordem
Reguln, wie
diese Hinder-
nisse zu remo-
vi
ren.
nicht gehabt: Darinnen bestehet hauptsächlich die Politic. Hier sind
nun gewisse Reguln zu mercken, welche §. 20. vorkommen.

§. 20. 21. 22. Viele Leute, so kein Nachdencken haben, und ein-
fältig sind, sagen unter dem praetext einer devotion: Alles dasjenige,
was man vorbrächte, wie einer seine fortune machen solle, scheine lächer-
lich zu seyn, und müsse man vielmehr bloß auf providentiam divinam se-
hen; Sie verwerffen die Bücher, welche hiervon geschrieben, als wie
den Callieres, it. den Bessel, welcher einen politischen Glücks, Schmidt
geschrieben, darinnen artige Sachen anzutreffen, it. des Gracians l'hom-
me de Cour,
* allein auf die providentiam divinam kan man es nicht
bloß ankommen lassen: Denn GOTT operiret nicht immediate, son-
dern mediate. Warte du nur, bis einer kommen wird, und dich ruffen;
Das ist enthusiastisch, wenn man es bloß auf eine immediatam provi-
dentiam divinam
will ankommen lassen, und haben wir hier an dem Herrn
Buddaeo einen Theologum zum Vorgänger: Denn unser Autor ist eben

der
* Gracian war ein pensiver Kerl gewesen, und ist alles zu aestimiren, was er ge-
geschrieben, von seinen Büchern kan man in des Nicolai Antonii Biblioth.
Hispanica
Nachricht finden. Er ist ein Spanier, und hat Spanisch geschrie-
ben. Doct. Fridr. August. Müller in Leipzig hat ihn am besten ins Teutsche
übersetzet, und admirable discourse hinzu gesetzet.

Cap. V.
nicht dazu ſchickt. Wenn der Vater ein Soldat iſt, ſo ſoll der Sohn auch
ein Soldat werden, da er doch, wenn er eine Buͤchſe loß ſchieſſen ſoll, das
Geſicht davon weg thut. Man machet es hierinnen denen gemeinen
Leuten nach, da der Sohn, wenn der Vater ein Fleiſcher iſt, auch einer
werden muß. Wenn ich nun eine excellenz habe, mache ich gleich mei-
ne fortune? minime omnium. Da findet einer noch erſt die obſtacula
von Menſchen und Feinden. Und wenn einer auch keine Feinde hat,
ſo muß er doch occaſion ſuchen. So lange einer auf Univerſitaͤten iſt,
weiß er das nicht, man ſiehet eine foibleſſe bey dieſen und jenen, aber
doch keine rechte Feindſeligkeit. Hergegen, wenn einer in der Welt ecla-
ti
ren will, da thut er keinem oͤffentlichen was, man zancket nicht, man re-
det nicht, aber heimlich hindert einer den andern. Denn wenn einer aſcen-
di
ren will, ſo iſt ein anderer, der eben das munus ambiret, der ſucht ihn
zu hindern, er hat das Geld, alsdenn iſt es Kunſt, die obſtacula zu uͤber-
winden. Es iſt auch ein excellens artifex, ein excellens opifex, welcher
dieſes thun kan: Denn bald ſuchet ihn der princeps, bald ſeine Mit-
Meiſter zu hindern. Man wird kein metier in der gantzen Welt finden,
da nicht obſtacula ſind. Ich muß alſo ſuchen, diejenigen zu gewinnen,
welche mir zuwider ſind, oder wenigſtens verhindern, daß ſie mir nicht
ſchaden koͤnnen, ingleichen muß ich mir amicos machen, die ich vordem
Reguln, wie
dieſe Hinder-
niſſe zu remo-
vi
ren.
nicht gehabt: Darinnen beſtehet hauptſaͤchlich die Politic. Hier ſind
nun gewiſſe Reguln zu mercken, welche §. 20. vorkommen.

§. 20. 21. 22. Viele Leute, ſo kein Nachdencken haben, und ein-
faͤltig ſind, ſagen unter dem prætext einer devotion: Alles dasjenige,
was man vorbraͤchte, wie einer ſeine fortune machen ſolle, ſcheine laͤcher-
lich zu ſeyn, und muͤſſe man vielmehr bloß auf providentiam divinam ſe-
hen; Sie verwerffen die Buͤcher, welche hiervon geſchrieben, als wie
den Callieres, it. den Beſſel, welcher einen politiſchen Gluͤcks, Schmidt
geſchrieben, darinnen artige Sachen anzutreffen, it. des Gracians l’hom-
me de Cour,
* allein auf die providentiam divinam kan man es nicht
bloß ankommen laſſen: Denn GOTT operiret nicht immediate, ſon-
dern mediate. Warte du nur, bis einer kommen wird, und dich ruffen;
Das iſt enthuſiaſtiſch, wenn man es bloß auf eine immediatam provi-
dentiam divinam
will ankommen laſſen, und haben wir hier an dem Herrn
Buddæo einen Theologum zum Vorgaͤnger: Denn unſer Autor iſt eben

der
* Gracian war ein penſiver Kerl geweſen, und iſt alles zu æſtimiren, was er ge-
geſchrieben, von ſeinen Buͤchern kan man in des Nicolai Antonii Biblioth.
Hiſpanica
Nachricht finden. Er iſt ein Spanier, und hat Spaniſch geſchrie-
ben. Doct. Fridr. Auguſt. Müller in Leipzig hat ihn am beſten ins Teutſche
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[142/0162] Cap. V. nicht dazu ſchickt. Wenn der Vater ein Soldat iſt, ſo ſoll der Sohn auch ein Soldat werden, da er doch, wenn er eine Buͤchſe loß ſchieſſen ſoll, das Geſicht davon weg thut. Man machet es hierinnen denen gemeinen Leuten nach, da der Sohn, wenn der Vater ein Fleiſcher iſt, auch einer werden muß. Wenn ich nun eine excellenz habe, mache ich gleich mei- ne fortune? minime omnium. Da findet einer noch erſt die obſtacula von Menſchen und Feinden. Und wenn einer auch keine Feinde hat, ſo muß er doch occaſion ſuchen. So lange einer auf Univerſitaͤten iſt, weiß er das nicht, man ſiehet eine foibleſſe bey dieſen und jenen, aber doch keine rechte Feindſeligkeit. Hergegen, wenn einer in der Welt ecla- tiren will, da thut er keinem oͤffentlichen was, man zancket nicht, man re- det nicht, aber heimlich hindert einer den andern. Denn wenn einer aſcen- diren will, ſo iſt ein anderer, der eben das munus ambiret, der ſucht ihn zu hindern, er hat das Geld, alsdenn iſt es Kunſt, die obſtacula zu uͤber- winden. Es iſt auch ein excellens artifex, ein excellens opifex, welcher dieſes thun kan: Denn bald ſuchet ihn der princeps, bald ſeine Mit- Meiſter zu hindern. Man wird kein metier in der gantzen Welt finden, da nicht obſtacula ſind. Ich muß alſo ſuchen, diejenigen zu gewinnen, welche mir zuwider ſind, oder wenigſtens verhindern, daß ſie mir nicht ſchaden koͤnnen, ingleichen muß ich mir amicos machen, die ich vordem nicht gehabt: Darinnen beſtehet hauptſaͤchlich die Politic. Hier ſind nun gewiſſe Reguln zu mercken, welche §. 20. vorkommen. Reguln, wie dieſe Hinder- niſſe zu remo- viren. §. 20. 21. 22. Viele Leute, ſo kein Nachdencken haben, und ein- faͤltig ſind, ſagen unter dem prætext einer devotion: Alles dasjenige, was man vorbraͤchte, wie einer ſeine fortune machen ſolle, ſcheine laͤcher- lich zu ſeyn, und muͤſſe man vielmehr bloß auf providentiam divinam ſe- hen; Sie verwerffen die Buͤcher, welche hiervon geſchrieben, als wie den Callieres, it. den Beſſel, welcher einen politiſchen Gluͤcks, Schmidt geſchrieben, darinnen artige Sachen anzutreffen, it. des Gracians l’hom- me de Cour, * allein auf die providentiam divinam kan man es nicht bloß ankommen laſſen: Denn GOTT operiret nicht immediate, ſon- dern mediate. Warte du nur, bis einer kommen wird, und dich ruffen; Das iſt enthuſiaſtiſch, wenn man es bloß auf eine immediatam provi- dentiam divinam will ankommen laſſen, und haben wir hier an dem Herrn Buddæo einen Theologum zum Vorgaͤnger: Denn unſer Autor iſt eben der * Gracian war ein penſiver Kerl geweſen, und iſt alles zu æſtimiren, was er ge- geſchrieben, von ſeinen Buͤchern kan man in des Nicolai Antonii Biblioth. Hiſpanica Nachricht finden. Er iſt ein Spanier, und hat Spaniſch geſchrie- ben. Doct. Fridr. Auguſt. Müller in Leipzig hat ihn am beſten ins Teutſche uͤberſetzet, und admirable diſcourſe hinzu geſetzet.

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/162>, abgerufen am 24.11.2024.