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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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De Mediis statum conservandi.
machen. Ja es kan fast einer eher seine fortune in einem andern me-
tier
machen als da. Man fiehet hier insgemein, daß man was verlan-
get, und weiß nicht, ob man die dona besitzet, welche dazu erfordert
werden. Man will den finem haben, und giebt nicht acht, ob auch die
capacite vorhanden, daher müssen diese difficultäten am ersten überstan-
den werden. Wenn einer ein Kauffmann werden will, so muß er erst
die Wissenschafft haben, alsdenn muß er auf media gehen, und Leute
suchen, welche ihm was fourniren, daß er sein metier exerciren kan. Es
wird auch probitas erfordert, und wenn einer auch dieses alles hat, so
finden sich doch noch obstacula. Wenn nun einer ein Cavallier ist, oder
auch ein illustrior, er will sein fortun a la Cour machen, wo will er das
thun? Bey einem Herrn, der ein miles? er machet es nicht. Er hat
etwann einen üblen Geruch aus dem Halse, oder schleppet den Fuß hin-
ter sich drein, dieses kan der Herr nicht leiden. Es muß einer sehen,
ob der Herr, bey dem er ascendiren will, alt oder jung, darnach muß er
sich accommodiren. Ein Fürst brauchet freylich allerhand Personen,
junge und alte, aber sie sind nicht allczeit klug, und judiciren, wie sie wä-
ren, so müssen auch ihre Bedienten seyn. Man wird auch sehen, daß
derjenige absurd handelt, welcher einen Printzen, der ein Liebhaber vom
Krieg und vom Jagen ist, will den Salustium cum notis Variorum de-
dici
ren lassen, oder eine piece ad Legem Cinciam. Ja wenn der Pre-
mier-Ministre
noch ein Liebhaber davon ist, so gehet es noch an. Will
einer in Krieg gehen, so muß er auch sehen, ob er dauerhafftig ist, oder
courage hat? Uberlegte dieses ein jeder, so würde er seinen Fehler fin-
den, und hernach nicht klagen dürffen, daß er nicht glücklich seye; sonst
gehet es ihm eben wie einem Kerl, der studiren will, und hat keine
memorie, kein judicium, ingenium, der sollte es lieber bleiben lassen.
Ist einer von extraction, und doch nicht geschickt zum studiren, so appli-
ci
re er sich auf was anders, auf die Haußwirthschafft, da braucht er
keinen grossen Verstand, und kan er leicht lernen den Weitzen von Ro-
cken unterscheiden. Der keinen guten Kopff hat, ist capable, mit dem
Leibe zu arbeiten, und wird da besser reussiren, als wenn er mit seinen
Seelen arbeiten will; au contraire, er wird ridicule unter denen Leuten;
wenn er studiren will, nicht anders, als wie einer sich ridicule machet,
welcher bey Hofe suchet seine fortune zu machen, und doch das talent
nicht hat. Die Eltern wären sehr gescheuet, wenn sie drauf sähen, wo-
zu die Kinder sich schicken. Mehrentheils haben sie die facon, daß sie
das metier müssen ergreiffen, was der Vater hat. Ist der Vater ein
Priester, so soll der Sohn auch ein Priester werden, da er sich doch offt

nicht
S 3

De Mediis ſtatum conſervandi.
machen. Ja es kan faſt einer eher ſeine fortune in einem andern me-
tier
machen als da. Man fiehet hier insgemein, daß man was verlan-
get, und weiß nicht, ob man die dona beſitzet, welche dazu erfordert
werden. Man will den finem haben, und giebt nicht acht, ob auch die
capacitè vorhanden, daher muͤſſen dieſe difficultaͤten am erſten uͤberſtan-
den werden. Wenn einer ein Kauffmann werden will, ſo muß er erſt
die Wiſſenſchafft haben, alsdenn muß er auf media gehen, und Leute
ſuchen, welche ihm was fourniren, daß er ſein metier exerciren kan. Es
wird auch probitas erfordert, und wenn einer auch dieſes alles hat, ſo
finden ſich doch noch obſtacula. Wenn nun einer ein Cavallier iſt, oder
auch ein illuſtrior, er will ſein fortun à la Cour machen, wo will er das
thun? Bey einem Herrn, der ein miles? er machet es nicht. Er hat
etwann einen uͤblen Geruch aus dem Halſe, oder ſchleppet den Fuß hin-
ter ſich drein, dieſes kan der Herr nicht leiden. Es muß einer ſehen,
ob der Herr, bey dem er aſcendiren will, alt oder jung, darnach muß er
ſich accommodiren. Ein Fuͤrſt brauchet freylich allerhand Perſonen,
junge und alte, aber ſie ſind nicht allczeit klug, und judiciren, wie ſie waͤ-
ren, ſo muͤſſen auch ihre Bedienten ſeyn. Man wird auch ſehen, daß
derjenige abſurd handelt, welcher einen Printzen, der ein Liebhaber vom
Krieg und vom Jagen iſt, will den Saluſtium cum notis Variorum de-
dici
ren laſſen, oder eine piece ad Legem Cinciam. Ja wenn der Pre-
mier-Miniſtre
noch ein Liebhaber davon iſt, ſo gehet es noch an. Will
einer in Krieg gehen, ſo muß er auch ſehen, ob er dauerhafftig iſt, oder
courage hat? Uberlegte dieſes ein jeder, ſo wuͤrde er ſeinen Fehler fin-
den, und hernach nicht klagen duͤrffen, daß er nicht gluͤcklich ſeye; ſonſt
gehet es ihm eben wie einem Kerl, der ſtudiren will, und hat keine
memorie, kein judicium, ingenium, der ſollte es lieber bleiben laſſen.
Iſt einer von extraction, und doch nicht geſchickt zum ſtudiren, ſo appli-
ci
re er ſich auf was anders, auf die Haußwirthſchafft, da braucht er
keinen groſſen Verſtand, und kan er leicht lernen den Weitzen von Ro-
cken unterſcheiden. Der keinen guten Kopff hat, iſt capable, mit dem
Leibe zu arbeiten, und wird da beſſer reuſſiren, als wenn er mit ſeinen
Seelen arbeiten will; au contraire, er wird ridicule unter denen Leuten;
wenn er ſtudiren will, nicht anders, als wie einer ſich ridicule machet,
welcher bey Hofe ſuchet ſeine fortune zu machen, und doch das talent
nicht hat. Die Eltern waͤren ſehr geſcheuet, wenn ſie drauf ſaͤhen, wo-
zu die Kinder ſich ſchicken. Mehrentheils haben ſie die façon, daß ſie
das metier muͤſſen ergreiffen, was der Vater hat. Iſt der Vater ein
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nicht
S 3
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[141/0161] De Mediis ſtatum conſervandi. machen. Ja es kan faſt einer eher ſeine fortune in einem andern me- tier machen als da. Man fiehet hier insgemein, daß man was verlan- get, und weiß nicht, ob man die dona beſitzet, welche dazu erfordert werden. Man will den finem haben, und giebt nicht acht, ob auch die capacitè vorhanden, daher muͤſſen dieſe difficultaͤten am erſten uͤberſtan- den werden. Wenn einer ein Kauffmann werden will, ſo muß er erſt die Wiſſenſchafft haben, alsdenn muß er auf media gehen, und Leute ſuchen, welche ihm was fourniren, daß er ſein metier exerciren kan. Es wird auch probitas erfordert, und wenn einer auch dieſes alles hat, ſo finden ſich doch noch obſtacula. Wenn nun einer ein Cavallier iſt, oder auch ein illuſtrior, er will ſein fortun à la Cour machen, wo will er das thun? Bey einem Herrn, der ein miles? er machet es nicht. Er hat etwann einen uͤblen Geruch aus dem Halſe, oder ſchleppet den Fuß hin- ter ſich drein, dieſes kan der Herr nicht leiden. Es muß einer ſehen, ob der Herr, bey dem er aſcendiren will, alt oder jung, darnach muß er ſich accommodiren. Ein Fuͤrſt brauchet freylich allerhand Perſonen, junge und alte, aber ſie ſind nicht allczeit klug, und judiciren, wie ſie waͤ- ren, ſo muͤſſen auch ihre Bedienten ſeyn. Man wird auch ſehen, daß derjenige abſurd handelt, welcher einen Printzen, der ein Liebhaber vom Krieg und vom Jagen iſt, will den Saluſtium cum notis Variorum de- diciren laſſen, oder eine piece ad Legem Cinciam. Ja wenn der Pre- mier-Miniſtre noch ein Liebhaber davon iſt, ſo gehet es noch an. Will einer in Krieg gehen, ſo muß er auch ſehen, ob er dauerhafftig iſt, oder courage hat? Uberlegte dieſes ein jeder, ſo wuͤrde er ſeinen Fehler fin- den, und hernach nicht klagen duͤrffen, daß er nicht gluͤcklich ſeye; ſonſt gehet es ihm eben wie einem Kerl, der ſtudiren will, und hat keine memorie, kein judicium, ingenium, der ſollte es lieber bleiben laſſen. Iſt einer von extraction, und doch nicht geſchickt zum ſtudiren, ſo appli- cire er ſich auf was anders, auf die Haußwirthſchafft, da braucht er keinen groſſen Verſtand, und kan er leicht lernen den Weitzen von Ro- cken unterſcheiden. Der keinen guten Kopff hat, iſt capable, mit dem Leibe zu arbeiten, und wird da beſſer reuſſiren, als wenn er mit ſeinen Seelen arbeiten will; au contraire, er wird ridicule unter denen Leuten; wenn er ſtudiren will, nicht anders, als wie einer ſich ridicule machet, welcher bey Hofe ſuchet ſeine fortune zu machen, und doch das talent nicht hat. Die Eltern waͤren ſehr geſcheuet, wenn ſie drauf ſaͤhen, wo- zu die Kinder ſich ſchicken. Mehrentheils haben ſie die façon, daß ſie das metier muͤſſen ergreiffen, was der Vater hat. Iſt der Vater ein Prieſter, ſo ſoll der Sohn auch ein Prieſter werden, da er ſich doch offt nicht S 3

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/161>, abgerufen am 24.11.2024.