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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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De Mediis statum conservandi.
auf sie sehen sollten, deßwegen hat Johannes Praecursor eine besondere
Kleidung angehabt, damit die Leute auf ihn sehen möchten, was er vor
Wunder thäte. Wir sind keine Propheten, hierinnen dürffen wir also
denen Propheten nicht nachahmen. Wenn alle Leute kleine Hüte tra-
gen, und ich trage einen grossen, so mache ich mich ridicule. Dicis:
Manche Moden sind doch sündlich, die kan ich nicht nachthun? Wie
man vordem die grossen fantangen getragen, so sagen sie, habe man
Exempel, daß Kinder mit fantangen gebohren worden, welches ein An-
zeigen, daß diese mode GOtt nicht gefallen. Allein hoch und niedrig ist
eine indifferente Sache; Wenn alle hohe fronten auf denen peruquen
tragen, so darff ich keine kleine tragen, und wenn grosse Herren was an-
fangen, so sind gleich andere, die solche imitiren. Bey denenjenigen
aber, welche Tag und Nacht drauf dencken neue moden aufzubringen,
ist es nicht indifferent, hoch und niedrig; daher ist wohl wahr, daß derje-
nige, so neue moden aufbringet, kan pecciren, er ist inconstans homo,
aber diejenigen, welche es nachmachen, pecciren nicht. Wie die Mada-
me la Fantage
bey dem König in Franckreich in grossen credit stund, so
fiel sie eben darauf grosse fantangen zu tragen, aus Franckreich kam es
nachgehends bald in andere Länder, da denn die Prediger anfiengen er-
schrecklich drauf zu schmählen. Bayle aber sagt in seinem Diction. Hist.
Crit. sub voce Habit
und Fantange; das alles habe nicht geholffen.
Denn da alle zusammen grosse fantangen getragen, und eine hätte wol-
len alleine kleine tragen, so würde sie seyn ausgelachet worden. Man
kan aber eben nicht sagen, daß es GOtt mißfallen, denn es werden ja
auch andere Kinder mit allerhand Zeichen gebohren. Bayle sagt: Wenn
sie hätten wollen haben, daß die Leute solche nicht mehr tragen sollen, so
hätten sie die Fürsten-Kinder dahin bringen sollen, daß sie solche nicht
mehr getragen, alsdenn würden ihnen die andern gefolget seyn; Jetzo
haben die Prediger, was sie längst verlanget, da sie nunmehro kleine
fantangen tragen, welche nur als ein Nacht-Zeug aussehen, deßwegen
findet man aber nicht, daß die Leute ein besseres Leben führen als vorher.
Es ist nicht auf ihr Predigen ankommen, und wenn sie jetzo die Predi-
ger wollten hoch haben, so würden sie lange predigen müssen ehe es ge-
schehe. Bayle hat cit. l. gewiesen, wie sie sich prostituiret. Mons. de
la Mathe le Vayer
erzehlet von Carolo V. daß, als er einsmahls von ei-
ner Kugel in Nacken geschrammet worden, so habe er das Haar gantz
kurtz lassen abschneiden, weil er keines an den Ort leiden können, da ha-
ben ihm alle im gantzen Reich gefolget. Hergegen in Franckreich hätten
sie das nicht gethan, sondern lange Haäre getragen. Es kan seyn, daß

von
S

De Mediis ſtatum conſervandi.
auf ſie ſehen ſollten, deßwegen hat Johannes Præcurſor eine beſondere
Kleidung angehabt, damit die Leute auf ihn ſehen moͤchten, was er vor
Wunder thaͤte. Wir ſind keine Propheten, hierinnen duͤrffen wir alſo
denen Propheten nicht nachahmen. Wenn alle Leute kleine Huͤte tra-
gen, und ich trage einen groſſen, ſo mache ich mich ridicule. Dicis:
Manche Moden ſind doch ſuͤndlich, die kan ich nicht nachthun? Wie
man vordem die groſſen fantangen getragen, ſo ſagen ſie, habe man
Exempel, daß Kinder mit fantangen gebohren worden, welches ein An-
zeigen, daß dieſe mode GOtt nicht gefallen. Allein hoch und niedrig iſt
eine indifferente Sache; Wenn alle hohe fronten auf denen peruquen
tragen, ſo darff ich keine kleine tragen, und wenn groſſe Herren was an-
fangen, ſo ſind gleich andere, die ſolche imitiren. Bey denenjenigen
aber, welche Tag und Nacht drauf dencken neue moden aufzubringen,
iſt es nicht indifferent, hoch und niedrig; daher iſt wohl wahr, daß derje-
nige, ſo neue moden aufbringet, kan pecciren, er iſt inconſtans homo,
aber diejenigen, welche es nachmachen, pecciren nicht. Wie die Mada-
me la Fantage
bey dem Koͤnig in Franckreich in groſſen credit ſtund, ſo
fiel ſie eben darauf groſſe fantangen zu tragen, aus Franckreich kam es
nachgehends bald in andere Laͤnder, da denn die Prediger anfiengen er-
ſchrecklich drauf zu ſchmaͤhlen. Bayle aber ſagt in ſeinem Diction. Hiſt.
Crit. ſub voce Habit
und Fantange; das alles habe nicht geholffen.
Denn da alle zuſammen groſſe fantangen getragen, und eine haͤtte wol-
len alleine kleine tragen, ſo wuͤrde ſie ſeyn ausgelachet worden. Man
kan aber eben nicht ſagen, daß es GOtt mißfallen, denn es werden ja
auch andere Kinder mit allerhand Zeichen gebohren. Bayle ſagt: Wenn
ſie haͤtten wollen haben, daß die Leute ſolche nicht mehr tragen ſollen, ſo
haͤtten ſie die Fuͤrſten-Kinder dahin bringen ſollen, daß ſie ſolche nicht
mehr getragen, alsdenn wuͤrden ihnen die andern gefolget ſeyn; Jetzo
haben die Prediger, was ſie laͤngſt verlanget, da ſie nunmehro kleine
fantangen tragen, welche nur als ein Nacht-Zeug ausſehen, deßwegen
findet man aber nicht, daß die Leute ein beſſeres Leben fuͤhren als vorher.
Es iſt nicht auf ihr Predigen ankommen, und wenn ſie jetzo die Predi-
ger wollten hoch haben, ſo wuͤrden ſie lange predigen muͤſſen ehe es ge-
ſchehe. Bayle hat cit. l. gewieſen, wie ſie ſich proſtituiret. Monſ. de
la Mathe le Vayer
erzehlet von Carolo V. daß, als er einsmahls von ei-
ner Kugel in Nacken geſchrammet worden, ſo habe er das Haar gantz
kurtz laſſen abſchneiden, weil er keines an den Ort leiden koͤnnen, da ha-
ben ihm alle im gantzen Reich gefolget. Hergegen in Franckreich haͤtten
ſie das nicht gethan, ſondern lange Haaͤre getragen. Es kan ſeyn, daß

von
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[137/0157] De Mediis ſtatum conſervandi. auf ſie ſehen ſollten, deßwegen hat Johannes Præcurſor eine beſondere Kleidung angehabt, damit die Leute auf ihn ſehen moͤchten, was er vor Wunder thaͤte. Wir ſind keine Propheten, hierinnen duͤrffen wir alſo denen Propheten nicht nachahmen. Wenn alle Leute kleine Huͤte tra- gen, und ich trage einen groſſen, ſo mache ich mich ridicule. Dicis: Manche Moden ſind doch ſuͤndlich, die kan ich nicht nachthun? Wie man vordem die groſſen fantangen getragen, ſo ſagen ſie, habe man Exempel, daß Kinder mit fantangen gebohren worden, welches ein An- zeigen, daß dieſe mode GOtt nicht gefallen. Allein hoch und niedrig iſt eine indifferente Sache; Wenn alle hohe fronten auf denen peruquen tragen, ſo darff ich keine kleine tragen, und wenn groſſe Herren was an- fangen, ſo ſind gleich andere, die ſolche imitiren. Bey denenjenigen aber, welche Tag und Nacht drauf dencken neue moden aufzubringen, iſt es nicht indifferent, hoch und niedrig; daher iſt wohl wahr, daß derje- nige, ſo neue moden aufbringet, kan pecciren, er iſt inconſtans homo, aber diejenigen, welche es nachmachen, pecciren nicht. Wie die Mada- me la Fantage bey dem Koͤnig in Franckreich in groſſen credit ſtund, ſo fiel ſie eben darauf groſſe fantangen zu tragen, aus Franckreich kam es nachgehends bald in andere Laͤnder, da denn die Prediger anfiengen er- ſchrecklich drauf zu ſchmaͤhlen. Bayle aber ſagt in ſeinem Diction. Hiſt. Crit. ſub voce Habit und Fantange; das alles habe nicht geholffen. Denn da alle zuſammen groſſe fantangen getragen, und eine haͤtte wol- len alleine kleine tragen, ſo wuͤrde ſie ſeyn ausgelachet worden. Man kan aber eben nicht ſagen, daß es GOtt mißfallen, denn es werden ja auch andere Kinder mit allerhand Zeichen gebohren. Bayle ſagt: Wenn ſie haͤtten wollen haben, daß die Leute ſolche nicht mehr tragen ſollen, ſo haͤtten ſie die Fuͤrſten-Kinder dahin bringen ſollen, daß ſie ſolche nicht mehr getragen, alsdenn wuͤrden ihnen die andern gefolget ſeyn; Jetzo haben die Prediger, was ſie laͤngſt verlanget, da ſie nunmehro kleine fantangen tragen, welche nur als ein Nacht-Zeug ausſehen, deßwegen findet man aber nicht, daß die Leute ein beſſeres Leben fuͤhren als vorher. Es iſt nicht auf ihr Predigen ankommen, und wenn ſie jetzo die Predi- ger wollten hoch haben, ſo wuͤrden ſie lange predigen muͤſſen ehe es ge- ſchehe. Bayle hat cit. l. gewieſen, wie ſie ſich proſtituiret. Monſ. de la Mathe le Vayer erzehlet von Carolo V. daß, als er einsmahls von ei- ner Kugel in Nacken geſchrammet worden, ſo habe er das Haar gantz kurtz laſſen abſchneiden, weil er keines an den Ort leiden koͤnnen, da ha- ben ihm alle im gantzen Reich gefolget. Hergegen in Franckreich haͤtten ſie das nicht gethan, ſondern lange Haaͤre getragen. Es kan ſeyn, daß von S

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/157>, abgerufen am 24.11.2024.