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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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De Mediis statum conservandi.
seyn soll; Er muß es nicht eben machen wie auf dem Tantzboden, son-
dern mit distinction. Wenn einer mit vornehmen Herren redet, so muß
er nicht stehen, als wenn ihm ein Scheid im Rücken, das läßt nicht, der
Kopf muß herunter. Wenn man bey seines gleichen ist, so kan man
wohl gerade zugehen; aber wenn es ein Vornehmer ist, den ich nöthig
brauche, durch welchen ich meine Fortune machen will, da muß es an-
ders seyn. Daher ist allen Leuten zu rathen, daß, wenn sie auch nicht
springen wollen, doch nur um deßwillen auf den Tantzboden gehen, daß
sie lernen einen rechten reverence machen. Hernach müssen sie freylich
selbst reflectiren wie tieff sie es bey einem jeden machen müssen; observi-
ret es aber einer nicht, so halten sie ihn vor stoltz, vor hoffärtig, denen
Hoffärtigen aber widerstehet man. Mancher ist noch stöltzer, hat aber
potenz dabey, und thut hernach dem andern Tort. Ich weiß einen
Mann, der gute qualitäten hatte, man hatte aber die opinion von ihm,
daß er stoltz wäre, daher er unterdrucket worden. Mancher meynet es
nicht böse, ist aber nur so ein Pengel, daß er steiff gehet, dem ist jeder-
mann nicht gut: doch muß es einer auch nicht machen wie ein Hund,
und nicht zeigen, daß er schmeichele, denn es kommet auf das medium,
auf eine prudenz an. Wenn einer wollte bey uns einen Spanischen
reverence machen, das würde sich nicht schicken; Hergegen am Kayser-
lichen Hof muß einer einen Spanischen reverence machen; drum heißt
es: Si fueris Romae &c. Den Fecht-Meister muß einer auch nicht neg-
ligi
ren, denn das Fechten hilfft dazu, daß der Leib eine rechte taille be-
kommt, und man geschwind wird. Wenn einer Füsse hat, welche keine
rechte Form haben, so werden sie durch das Fechten gantz anders, und
deßwegen muß man das Fechten nicht negligiren, und wenn auch das
Fechten zur defension nichts nutzte, so macht es doch den Leib geschickt.
Daher wenn ein solcher in Krieg gehet, so kan er sich dreymahl umwen-
den, ehe sich ein anderer einmahl umwendet, man lernet es auch, daß
man kan recht zuhauen, und nicht hauet wie ein Mädgen. Das Reiten
thut auch viel, und siehet es sehr elend aus, wenn einer nicht gut zu Pfer-
de sitzet. Leute, so von condition sind, müssen bisweilen tantzen, und
wird einer deßwegen nicht gleich verliebt, wenn er einmahl mit einem
Frauenzimmer herum springet. Die saltatio giebt auch spiritus, und
machet einen allard. Man muß also auf Universitäten die exercitia nicht
negligiren, und wenn man sie treibet, so kan man doch darneben was
studiren. Die sie negligiren, wollen solche hernach in Franckreich ler-
nen, da es ihnen aber dreymahl soviel kostet, und stehet noch dahin, ob
sie einen guten Maitre bekommen. Es hat freylich ein Mensch auf sehr

vieles

De Mediis ſtatum conſervandi.
ſeyn ſoll; Er muß es nicht eben machen wie auf dem Tantzboden, ſon-
dern mit diſtinction. Wenn einer mit vornehmen Herren redet, ſo muß
er nicht ſtehen, als wenn ihm ein Scheid im Ruͤcken, das laͤßt nicht, der
Kopf muß herunter. Wenn man bey ſeines gleichen iſt, ſo kan man
wohl gerade zugehen; aber wenn es ein Vornehmer iſt, den ich noͤthig
brauche, durch welchen ich meine Fortune machen will, da muß es an-
ders ſeyn. Daher iſt allen Leuten zu rathen, daß, wenn ſie auch nicht
ſpringen wollen, doch nur um deßwillen auf den Tantzboden gehen, daß
ſie lernen einen rechten reverence machen. Hernach muͤſſen ſie freylich
ſelbſt reflectiren wie tieff ſie es bey einem jeden machen muͤſſen; obſervi-
ret es aber einer nicht, ſo halten ſie ihn vor ſtoltz, vor hoffaͤrtig, denen
Hoffaͤrtigen aber widerſtehet man. Mancher iſt noch ſtoͤltzer, hat aber
potenz dabey, und thut hernach dem andern Tort. Ich weiß einen
Mann, der gute qualitaͤten hatte, man hatte aber die opinion von ihm,
daß er ſtoltz waͤre, daher er unterdrucket worden. Mancher meynet es
nicht boͤſe, iſt aber nur ſo ein Pengel, daß er ſteiff gehet, dem iſt jeder-
mann nicht gut: doch muß es einer auch nicht machen wie ein Hund,
und nicht zeigen, daß er ſchmeichele, denn es kommet auf das medium,
auf eine prudenz an. Wenn einer wollte bey uns einen Spaniſchen
reverence machen, das wuͤrde ſich nicht ſchicken; Hergegen am Kayſer-
lichen Hof muß einer einen Spaniſchen reverence machen; drum heißt
es: Si fueris Romæ &c. Den Fecht-Meiſter muß einer auch nicht neg-
ligi
ren, denn das Fechten hilfft dazu, daß der Leib eine rechte taille be-
kommt, und man geſchwind wird. Wenn einer Fuͤſſe hat, welche keine
rechte Form haben, ſo werden ſie durch das Fechten gantz anders, und
deßwegen muß man das Fechten nicht negligiren, und wenn auch das
Fechten zur defenſion nichts nutzte, ſo macht es doch den Leib geſchickt.
Daher wenn ein ſolcher in Krieg gehet, ſo kan er ſich dreymahl umwen-
den, ehe ſich ein anderer einmahl umwendet, man lernet es auch, daß
man kan recht zuhauen, und nicht hauet wie ein Maͤdgen. Das Reiten
thut auch viel, und ſiehet es ſehr elend aus, wenn einer nicht gut zu Pfer-
de ſitzet. Leute, ſo von condition ſind, muͤſſen bisweilen tantzen, und
wird einer deßwegen nicht gleich verliebt, wenn er einmahl mit einem
Frauenzimmer herum ſpringet. Die ſaltatio giebt auch ſpiritus, und
machet einen allard. Man muß alſo auf Univerſitaͤten die exercitia nicht
negligiren, und wenn man ſie treibet, ſo kan man doch darneben was
ſtudiren. Die ſie negligiren, wollen ſolche hernach in Franckreich ler-
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[135/0155] De Mediis ſtatum conſervandi. ſeyn ſoll; Er muß es nicht eben machen wie auf dem Tantzboden, ſon- dern mit diſtinction. Wenn einer mit vornehmen Herren redet, ſo muß er nicht ſtehen, als wenn ihm ein Scheid im Ruͤcken, das laͤßt nicht, der Kopf muß herunter. Wenn man bey ſeines gleichen iſt, ſo kan man wohl gerade zugehen; aber wenn es ein Vornehmer iſt, den ich noͤthig brauche, durch welchen ich meine Fortune machen will, da muß es an- ders ſeyn. Daher iſt allen Leuten zu rathen, daß, wenn ſie auch nicht ſpringen wollen, doch nur um deßwillen auf den Tantzboden gehen, daß ſie lernen einen rechten reverence machen. Hernach muͤſſen ſie freylich ſelbſt reflectiren wie tieff ſie es bey einem jeden machen muͤſſen; obſervi- ret es aber einer nicht, ſo halten ſie ihn vor ſtoltz, vor hoffaͤrtig, denen Hoffaͤrtigen aber widerſtehet man. Mancher iſt noch ſtoͤltzer, hat aber potenz dabey, und thut hernach dem andern Tort. Ich weiß einen Mann, der gute qualitaͤten hatte, man hatte aber die opinion von ihm, daß er ſtoltz waͤre, daher er unterdrucket worden. Mancher meynet es nicht boͤſe, iſt aber nur ſo ein Pengel, daß er ſteiff gehet, dem iſt jeder- mann nicht gut: doch muß es einer auch nicht machen wie ein Hund, und nicht zeigen, daß er ſchmeichele, denn es kommet auf das medium, auf eine prudenz an. Wenn einer wollte bey uns einen Spaniſchen reverence machen, das wuͤrde ſich nicht ſchicken; Hergegen am Kayſer- lichen Hof muß einer einen Spaniſchen reverence machen; drum heißt es: Si fueris Romæ &c. Den Fecht-Meiſter muß einer auch nicht neg- ligiren, denn das Fechten hilfft dazu, daß der Leib eine rechte taille be- kommt, und man geſchwind wird. Wenn einer Fuͤſſe hat, welche keine rechte Form haben, ſo werden ſie durch das Fechten gantz anders, und deßwegen muß man das Fechten nicht negligiren, und wenn auch das Fechten zur defenſion nichts nutzte, ſo macht es doch den Leib geſchickt. Daher wenn ein ſolcher in Krieg gehet, ſo kan er ſich dreymahl umwen- den, ehe ſich ein anderer einmahl umwendet, man lernet es auch, daß man kan recht zuhauen, und nicht hauet wie ein Maͤdgen. Das Reiten thut auch viel, und ſiehet es ſehr elend aus, wenn einer nicht gut zu Pfer- de ſitzet. Leute, ſo von condition ſind, muͤſſen bisweilen tantzen, und wird einer deßwegen nicht gleich verliebt, wenn er einmahl mit einem Frauenzimmer herum ſpringet. Die ſaltatio giebt auch ſpiritus, und machet einen allard. Man muß alſo auf Univerſitaͤten die exercitia nicht negligiren, und wenn man ſie treibet, ſo kan man doch darneben was ſtudiren. Die ſie negligiren, wollen ſolche hernach in Franckreich ler- nen, da es ihnen aber dreymahl ſoviel koſtet, und ſtehet noch dahin, ob ſie einen guten Maitre bekommen. Es hat freylich ein Menſch auf ſehr vieles

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/155>, abgerufen am 24.11.2024.