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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V.
wohl anstehen, oder man kan auch von Dingen, die einem wohl anste-
hen per allagorias, per similia, oder auch metaphoras reden, und wer sol-
che wohl anbringen kan, ist ingenieux. Alle absurda, falsa können ri-
dicule
vorstellig gemacht werden, daher kan man nicht absolute sagen,
alles dasjenige was ridicule vorstellig gemachet wird, ist böse. Bey ei-
nem falso setzet einer was, das nicht zu einem Dinge gehöret. Das ri-
diculum
ist, und ist es ein Anzeigen, das einer eine force von der Logic
hat, welcher das, was absurdum ist, kein ridicule vorstellig machen.
Wer dieses nicht glauben will, der kan nur erst eine Wahrheit directe hinse-
tzen, und solche beweisen, da wird er sehen, daß alsdenn das falsum gleich
wird ridiculum seyn; Alles was ich per directum demonstriren kan, kan ich
auch per absurdum demonstriren, da brauchet man nun etliche phraseologien,
etliche ingenieuse Redens-Arten, so wird es satyrisch. Niemand aber will ger-
ne ridicule seyn, daher muß man davon abstrahiren, und wenn ich unter
guten Freunden bin, die ich etwa will dociren, so muß ich omne ridicu-
lum removi
ren. Man muß dergleichen satyren gebrauchen zur defension,
wie einen Degen. Wer schertzen will, muß nicht von solchen Dingen
schertzen, die einer sagen kan, dem gleich gilt verum dicere. Obscoena
muß man auch nicht sagen. Man kan freylich zeigen daß an dem gan-
tzen Menschen keine obscoena membra, sondern alle müssen nothwendig
so seyn, daher man auch nicht nöthig hat, mit der Madame Bourignon
und dem Mons. Sateur zu sagen, in statu integritatis wäre an dem Ort
eine Nase gewesen, wo die genitalia sind. Alle membra haben ihren
scopum, und ist derjenige vielmehr impotens, si ipsi natura aliquid nega-
vit
. Aber weil das opus generationis mit vielen imperfectionibus ver-
gesellschafftet, mit der libidine, und wie die Menschen Essen und Trincken
mißbrauchen, so thun sie solches auch ratione veneris. Eigentlich soll es
auch bey dem opere generationis ordentlich zu gehen, und bekommt die-
jenige Republic eine affreuse Gestalt, wo alles hurt, denn wo keine Aus-
erziehung ist, bekommt man Diebe, Spitzbuben. Also ist das keine
respublica bene ordinata, wo zugelassen ist, vagas libidines zu exerciren.
Was die Lacedämonier hierinnen vor Ordnung gehalten, davon kan
Nachricht geben Thomas Cragius, ein Däne, in seinem Tractat de Re-
publica Lacedemon. Ubbo Emmicus
hat auch von denen Griechischen
Republiquen geschrieben; * Die res publicas graecas hat er recht politisch

be-
* Er war ein Rector zu Emden, aber viele grosse Herren haben ihn in ihren affai-
ren gebraucht; Bayle sagt auch, er habe keinen Schulmann gleich gesehen,
als nur dem Habit nach. Er war pour la liberte, weßwegen Brenneysen
in seinen Schrifften viel wider ihn beygebracht.

Cap. V.
wohl anſtehen, oder man kan auch von Dingen, die einem wohl anſte-
hen per allagorias, per ſimilia, oder auch metaphoras reden, und wer ſol-
che wohl anbringen kan, iſt ingenieux. Alle abſurda, falſa koͤnnen ri-
dicule
vorſtellig gemacht werden, daher kan man nicht abſolute ſagen,
alles dasjenige was ridicule vorſtellig gemachet wird, iſt boͤſe. Bey ei-
nem falſo ſetzet einer was, das nicht zu einem Dinge gehoͤret. Das ri-
diculum
iſt, und iſt es ein Anzeigen, das einer eine force von der Logic
hat, welcher das, was abſurdum iſt, kein ridicule vorſtellig machen.
Wer dieſes nicht glauben will, der kan nur erſt eine Wahrheit directe hinſe-
tzen, und ſolche beweiſen, da wird er ſehen, daß alsdenn das falſum gleich
wird ridiculum ſeyn; Alles was ich per directum demonſtriren kan, kan ich
auch per abſurdum demonſtriren, da brauchet man nun etliche phraſeologien,
etliche ingenieuſe Redens-Arten, ſo wird es ſatyriſch. Niemand aber will ger-
ne ridicule ſeyn, daher muß man davon abſtrahiren, und wenn ich unter
guten Freunden bin, die ich etwa will dociren, ſo muß ich omne ridicu-
lum removi
ren. Man muß dergleichen ſatyren gebrauchen zur defenſion,
wie einen Degen. Wer ſchertzen will, muß nicht von ſolchen Dingen
ſchertzen, die einer ſagen kan, dem gleich gilt verum dicere. Obſcœna
muß man auch nicht ſagen. Man kan freylich zeigen daß an dem gan-
tzen Menſchen keine obſcœna membra, ſondern alle muͤſſen nothwendig
ſo ſeyn, daher man auch nicht noͤthig hat, mit der Madame Bourignon
und dem Monſ. Sateur zu ſagen, in ſtatu integritatis waͤre an dem Ort
eine Naſe geweſen, wo die genitalia ſind. Alle membra haben ihren
ſcopum, und iſt derjenige vielmehr impotens, ſi ipſi natura aliquid nega-
vit
. Aber weil das opus generationis mit vielen imperfectionibus ver-
geſellſchafftet, mit der libidine, und wie die Menſchen Eſſen und Trincken
mißbrauchen, ſo thun ſie ſolches auch ratione veneris. Eigentlich ſoll es
auch bey dem opere generationis ordentlich zu gehen, und bekommt die-
jenige Republic eine affreuſe Geſtalt, wo alles hurt, denn wo keine Auſ-
erziehung iſt, bekommt man Diebe, Spitzbuben. Alſo iſt das keine
respublica bene ordinata, wo zugelaſſen iſt, vagas libidines zu exerciren.
Was die Lacedaͤmonier hierinnen vor Ordnung gehalten, davon kan
Nachricht geben Thomas Cragius, ein Daͤne, in ſeinem Tractat de Re-
publica Lacedemon. Ubbo Emmicus
hat auch von denen Griechiſchen
Republiquen geſchrieben; * Die res publicas græcas hat er recht politiſch

be-
* Er war ein Rector zu Emden, aber viele groſſe Herren haben ihn in ihren affai-
ren gebraucht; Bayle ſagt auch, er habe keinen Schulmann gleich geſehen,
als nur dem Habit nach. Er war pour la liberté, weßwegen Brenneyſen
in ſeinen Schrifften viel wider ihn beygebracht.
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[132/0152] Cap. V. wohl anſtehen, oder man kan auch von Dingen, die einem wohl anſte- hen per allagorias, per ſimilia, oder auch metaphoras reden, und wer ſol- che wohl anbringen kan, iſt ingenieux. Alle abſurda, falſa koͤnnen ri- dicule vorſtellig gemacht werden, daher kan man nicht abſolute ſagen, alles dasjenige was ridicule vorſtellig gemachet wird, iſt boͤſe. Bey ei- nem falſo ſetzet einer was, das nicht zu einem Dinge gehoͤret. Das ri- diculum iſt, und iſt es ein Anzeigen, das einer eine force von der Logic hat, welcher das, was abſurdum iſt, kein ridicule vorſtellig machen. Wer dieſes nicht glauben will, der kan nur erſt eine Wahrheit directe hinſe- tzen, und ſolche beweiſen, da wird er ſehen, daß alsdenn das falſum gleich wird ridiculum ſeyn; Alles was ich per directum demonſtriren kan, kan ich auch per abſurdum demonſtriren, da brauchet man nun etliche phraſeologien, etliche ingenieuſe Redens-Arten, ſo wird es ſatyriſch. Niemand aber will ger- ne ridicule ſeyn, daher muß man davon abſtrahiren, und wenn ich unter guten Freunden bin, die ich etwa will dociren, ſo muß ich omne ridicu- lum removiren. Man muß dergleichen ſatyren gebrauchen zur defenſion, wie einen Degen. Wer ſchertzen will, muß nicht von ſolchen Dingen ſchertzen, die einer ſagen kan, dem gleich gilt verum dicere. Obſcœna muß man auch nicht ſagen. Man kan freylich zeigen daß an dem gan- tzen Menſchen keine obſcœna membra, ſondern alle muͤſſen nothwendig ſo ſeyn, daher man auch nicht noͤthig hat, mit der Madame Bourignon und dem Monſ. Sateur zu ſagen, in ſtatu integritatis waͤre an dem Ort eine Naſe geweſen, wo die genitalia ſind. Alle membra haben ihren ſcopum, und iſt derjenige vielmehr impotens, ſi ipſi natura aliquid nega- vit. Aber weil das opus generationis mit vielen imperfectionibus ver- geſellſchafftet, mit der libidine, und wie die Menſchen Eſſen und Trincken mißbrauchen, ſo thun ſie ſolches auch ratione veneris. Eigentlich ſoll es auch bey dem opere generationis ordentlich zu gehen, und bekommt die- jenige Republic eine affreuſe Geſtalt, wo alles hurt, denn wo keine Auſ- erziehung iſt, bekommt man Diebe, Spitzbuben. Alſo iſt das keine respublica bene ordinata, wo zugelaſſen iſt, vagas libidines zu exerciren. Was die Lacedaͤmonier hierinnen vor Ordnung gehalten, davon kan Nachricht geben Thomas Cragius, ein Daͤne, in ſeinem Tractat de Re- publica Lacedemon. Ubbo Emmicus hat auch von denen Griechiſchen Republiquen geſchrieben; * Die res publicas græcas hat er recht politiſch be- * Er war ein Rector zu Emden, aber viele groſſe Herren haben ihn in ihren affai- ren gebraucht; Bayle ſagt auch, er habe keinen Schulmann gleich geſehen, als nur dem Habit nach. Er war pour la liberté, weßwegen Brenneyſen in ſeinen Schrifften viel wider ihn beygebracht.

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/152>, abgerufen am 24.11.2024.