Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. ein Buch zu schreiben ist schwer. Merillius hat in seinen Observationi-bus 2. Cap. von dieser materie. Die Stoici sagten: sie hätten Philoso- phiam non astutum, sed germanam, welche mit praxibus, mit hominibus zu thun hat. Non in hortis philosophabantor ut Epicuri, deßwegen nen- neten sie auch Philosophiam Epicuream simulatam, sie sagten, in der That sey es keine Philosophie, weil sich die Epicurei von denen Menschen sepa- rirten. Joh. Sam. Stryck hat eine Dissertation gehalten de Jure liciti, sed non honesti, darinnen er gemeynet, die Stoici wären Ursache, daß das decorum entstanden sey, weßwegen er aber von allen, auch von dem Barbeyrac resutiret worden. Das decorum ist sein Tage gewesen, daß ich solches gebrauchen müsse, wenn ich mit dir wolle umgehen, oder dich sonst nöthig gehabt. Wir sehen, was Jacob vor Complimente gemacht, da er seinen Bruder Esau gesucht zu gewinnen; Hoc est verum, daß sich die Stoici dadurch sehr recommendiret und avantage zu wege gebracht, da man hingegen die Cynicos verachtet. vid. Prof. Siebers in Leipzig Dis- sertatio de Cynicis. rum sey? §. 9. 10. 11. Was nun die definitionem decori betrifft, so ist habe
Cap. V. ein Buch zu ſchreiben iſt ſchwer. Merillius hat in ſeinen Obſervationi-bus 2. Cap. von dieſer materie. Die Stoici ſagten: ſie haͤtten Philoſo- phiam non aſtutum, ſed germanam, welche mit praxibus, mit hominibus zu thun hat. Non in hortis philoſophabantor ut Epicuri, deßwegen nen- neten ſie auch Philoſophiam Epicuream ſimulatam, ſie ſagten, in der That ſey es keine Philoſophie, weil ſich die Epicurei von denen Menſchen ſepa- rirten. Joh. Sam. Stryck hat eine Diſſertation gehalten de Jure liciti, ſed non honeſti, darinnen er gemeynet, die Stoici waͤren Urſache, daß das decorum entſtanden ſey, weßwegen er aber von allen, auch von dem Barbeyrac reſutiret worden. Das decorum iſt ſein Tage geweſen, daß ich ſolches gebrauchen muͤſſe, wenn ich mit dir wolle umgehen, oder dich ſonſt noͤthig gehabt. Wir ſehen, was Jacob vor Complimente gemacht, da er ſeinen Bruder Eſau geſucht zu gewinnen; Hoc eſt verum, daß ſich die Stoici dadurch ſehr recommendiret und avantage zu wege gebracht, da man hingegen die Cynicos verachtet. vid. Prof. Siebers in Leipzig Diſ- ſertatio de Cynicis. rum ſey? §. 9. 10. 11. Was nun die definitionem decori betrifft, ſo iſt habe
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Cap. V.
ein Buch zu ſchreiben iſt ſchwer. Merillius hat in ſeinen Obſervationi-
bus 2. Cap. von dieſer materie. Die Stoici ſagten: ſie haͤtten Philoſo-
phiam non aſtutum, ſed germanam, welche mit praxibus, mit hominibus
zu thun hat. Non in hortis philoſophabantor ut Epicuri, deßwegen nen-
neten ſie auch Philoſophiam Epicuream ſimulatam, ſie ſagten, in der That
ſey es keine Philoſophie, weil ſich die Epicurei von denen Menſchen ſepa-
rirten. Joh. Sam. Stryck hat eine Diſſertation gehalten de Jure liciti, ſed
non honeſti, darinnen er gemeynet, die Stoici waͤren Urſache, daß das
decorum entſtanden ſey, weßwegen er aber von allen, auch von dem
Barbeyrac reſutiret worden. Das decorum iſt ſein Tage geweſen, daß
ich ſolches gebrauchen muͤſſe, wenn ich mit dir wolle umgehen, oder dich
ſonſt noͤthig gehabt. Wir ſehen, was Jacob vor Complimente gemacht,
da er ſeinen Bruder Eſau geſucht zu gewinnen; Hoc eſt verum, daß ſich
die Stoici dadurch ſehr recommendiret und avantage zu wege gebracht,
da man hingegen die Cynicos verachtet. vid. Prof. Siebers in Leipzig Diſ-
ſertatio de Cynicis.
§. 9. 10. 11. Was nun die definitionem decori betrifft, ſo iſt
kein Zweiffel, daß man hier nicht uniformes definitiones hat, und defi-
nirt es einer ſo, der andere wieder anders; ſehen wir aber auf rem ipſam,
ſo koͤnnen wir bald die definition heraus bringen. Wo ein decorum
iſt, da ſiehet man nicht allein auf ſich. Denn wenn man allein iſt, ſo
machet man keine ceremoniel, man waͤſchet ſich wohl, und reiniget ſich,
weil es einem incommodiret, wenn man nicht rein iſt, und uͤberlaͤſt man
es da eines jeden ſeinem arbitrio. Iſt man allein, ſo thut man vieles,
welches ſich nicht ſchicket, wenn man in converſation iſt. Hier aber ent-
ſtehet die Frage: Wenn einer unter andern Menſchen iſt, es ſind homi-
nes inæquales, oder wenigſtens ſolche, die du braucheſt, wie man ſich ver-
halten ſoll? Reſpond. Du muſt dich nach ihnen richten, und aller der
Freyheit, welche du ſonſt gebrauchen kanſt, entſagen. Das iſt der erſte
paß, daß ich reflectire auf andere Menſchen, die neben mir ſind. Man
braucht das decorum ſowohl, wenn man mit inæqualibus zu thun hat,
als auch bey æqualibus, wenn ich ſolche brauche, e. g. Groſſe Herren
ſind unter einander æquales, aber wenn ſie einander brauchen, ſo brau-
chen ſie die groͤſte Hoͤflichkeit, alles nehmen ſie genau in acht. Wenn
ſie auch bisweilen uneinig geweſen, ſie brauchen aber einander, ſo wer-
den ſie durch die Complaiſance wieder einig. Wir leben ſub imperio;
ſub imperio iſt eine inæqualitas, und wenn wir auch alle egal waͤren, ſo
wollen wir doch des andern Freundſchafft erwerben, oder wenigſtens
ihn nicht zum Feinde haben, alſo muß ich mich accommodiren. Ich
habe
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