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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. IV.
resolviren sich alle demonstrationes in die metaphysic, wie auch Herr
VVolfius und andere dafür halten. Also ist es eben nicht närrisch, was
Campanella gesagt, und bekommt seine Meynung eine gantz andere Ge-
stalt; daher ist einen jeden zu recommendiren, daß er dieses Buch lieset.
Das aller geschickteste und ingenieuseste Buch aber ist die Histoire des
Severambes, welches zwey Theile sind, und Frantzösisch geschrieben. Der
Autor hat sich gestellet, als wenn er ein Frantzose, der sich aber lange in
Engeland aufgehalten, und vornehme Herren informiret in der Frantzö-
sischen Sprache, sein Nahme ist Allais, und hat ihn Herr Thomasius in
seiner monathlichen Unterredung am ersten entdecket, da er einen Extract
von diesem Buch gemacht. Er hat es erfahren von seinem Herrn Bru-
der, der in Nürnberg ist, und in Engeland gewesen, woselbst er solches
erfahren. Clerc in Holland hat erst gemeynet, es wäre Allais nicht Au-
tor;
nachgehends aber hat er sich corrigiret, und gesetzt, er wüste nun
gewiß, daß es Allais wäre. * Man muß das Buch freylich cum grano
salis
lesen, im übrigen ist es aber sehr ingenicux geschrieben, und admi-
rable fingi
rt, welches man daraus sehen kan: Er fingirt, daß ein Land
in der terra Magellonica entdecket worden, welche sich die Severamber nen-
neten, welches er so wahrscheinlich gemacht, daß der Lie. Joach. Feller,
ein gelehrter Mann, welcher sonst artige Noten über des Hornii Orbem
Imperantem
geschrieben, gemeynet, es wäre in der That ein solches Land,
zuletzt hat er doch gemeynet, es müste fingirt seyn, weil die Leute allzu-
tugendhafft. Es ist auch gut Frantzösisch geschrieben, nur muß man die
Frantzösische Sprache recht verstehen, weil viel termini artificiales dar-
innen vorkommen. Er erzehlet, daß das Land von seinem Legislatore
Severias
wäre benennet worden. In diesem Buche hat er zwey Haupt-
Meynungen: 1) die Religion mache turbas, 2) auch die differenten
status. Da hat er nun erzehlet, was die Leute vor eine Religion hätten,
und meynet er, der Severias müsse ein Persianer gewesen seyn. Er hat
gewiesen, daß das Christenthum zwar viel vor sich habe, aber es wären
da so viele Secten, weßwegen so viele Kriege entstünden, daher scheinet
es, daß er gemeynet, es wäre am besten, wenn sich die Menschen der na-
türlichen Religion bedieneten: Denn es wären die alten Patriarchen
ebenfalls bey dieser Religion geblieben, daß er aber ein Atheist seyn soll-
te, wie Morhoff gemeynet, ist nicht wahr, und hat auch Herr Thoma-
fius
gemeynet, daß Morhoff ihn nicht recht müsse gelesen haben. Man

kan
* Er war aus Languedoc bürtig, und hat man von ihm auch eine Grammaire Me-
thodique, welche wohl gemacht.

Cap. IV.
reſolviren ſich alle demonſtrationes in die metaphyſic, wie auch Herr
VVolfius und andere dafuͤr halten. Alſo iſt es eben nicht naͤrriſch, was
Campanella geſagt, und bekommt ſeine Meynung eine gantz andere Ge-
ſtalt; daher iſt einen jeden zu recommendiren, daß er dieſes Buch lieſet.
Das aller geſchickteſte und ingenieuſeſte Buch aber iſt die Hiſtoire des
Severambes, welches zwey Theile ſind, und Frantzoͤſiſch geſchrieben. Der
Autor hat ſich geſtellet, als wenn er ein Frantzoſe, der ſich aber lange in
Engeland aufgehalten, und vornehme Herren informiret in der Frantzoͤ-
ſiſchen Sprache, ſein Nahme iſt Allais, und hat ihn Herr Thomaſius in
ſeiner monathlichen Unterredung am erſten entdecket, da er einen Extract
von dieſem Buch gemacht. Er hat es erfahren von ſeinem Herrn Bru-
der, der in Nuͤrnberg iſt, und in Engeland geweſen, woſelbſt er ſolches
erfahren. Clerc in Holland hat erſt gemeynet, es waͤre Allais nicht Au-
tor;
nachgehends aber hat er ſich corrigiret, und geſetzt, er wuͤſte nun
gewiß, daß es Allais waͤre. * Man muß das Buch freylich cum grano
ſalis
leſen, im uͤbrigen iſt es aber ſehr ingenicux geſchrieben, und admi-
rable fingi
rt, welches man daraus ſehen kan: Er fingirt, daß ein Land
in der terra Magellonica entdecket worden, welche ſich die Severamber nen-
neten, welches er ſo wahrſcheinlich gemacht, daß der Lie. Joach. Feller,
ein gelehrter Mann, welcher ſonſt artige Noten uͤber des Hornii Orbem
Imperantem
geſchrieben, gemeynet, es waͤre in der That ein ſolches Land,
zuletzt hat er doch gemeynet, es muͤſte fingirt ſeyn, weil die Leute allzu-
tugendhafft. Es iſt auch gut Frantzoͤſiſch geſchrieben, nur muß man die
Frantzoͤſiſche Sprache recht verſtehen, weil viel termini artificiales dar-
innen vorkommen. Er erzehlet, daß das Land von ſeinem Legislatore
Severias
waͤre benennet worden. In dieſem Buche hat er zwey Haupt-
Meynungen: 1) die Religion mache turbas, 2) auch die differenten
ſtatus. Da hat er nun erzehlet, was die Leute vor eine Religion haͤtten,
und meynet er, der Severias muͤſſe ein Perſianer geweſen ſeyn. Er hat
gewieſen, daß das Chriſtenthum zwar viel vor ſich habe, aber es waͤren
da ſo viele Secten, weßwegen ſo viele Kriege entſtuͤnden, daher ſcheinet
es, daß er gemeynet, es waͤre am beſten, wenn ſich die Menſchen der na-
tuͤrlichen Religion bedieneten: Denn es waͤren die alten Patriarchen
ebenfalls bey dieſer Religion geblieben, daß er aber ein Atheiſt ſeyn ſoll-
te, wie Morhoff gemeynet, iſt nicht wahr, und hat auch Herr Thoma-
fius
gemeynet, daß Morhoff ihn nicht recht muͤſſe geleſen haben. Man

kan
* Er war aus Languedoc buͤrtig, und hat man von ihm auch eine Grammaire Me-
thodique, welche wohl gemacht.
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[114/0134] Cap. IV. reſolviren ſich alle demonſtrationes in die metaphyſic, wie auch Herr VVolfius und andere dafuͤr halten. Alſo iſt es eben nicht naͤrriſch, was Campanella geſagt, und bekommt ſeine Meynung eine gantz andere Ge- ſtalt; daher iſt einen jeden zu recommendiren, daß er dieſes Buch lieſet. Das aller geſchickteſte und ingenieuſeſte Buch aber iſt die Hiſtoire des Severambes, welches zwey Theile ſind, und Frantzoͤſiſch geſchrieben. Der Autor hat ſich geſtellet, als wenn er ein Frantzoſe, der ſich aber lange in Engeland aufgehalten, und vornehme Herren informiret in der Frantzoͤ- ſiſchen Sprache, ſein Nahme iſt Allais, und hat ihn Herr Thomaſius in ſeiner monathlichen Unterredung am erſten entdecket, da er einen Extract von dieſem Buch gemacht. Er hat es erfahren von ſeinem Herrn Bru- der, der in Nuͤrnberg iſt, und in Engeland geweſen, woſelbſt er ſolches erfahren. Clerc in Holland hat erſt gemeynet, es waͤre Allais nicht Au- tor; nachgehends aber hat er ſich corrigiret, und geſetzt, er wuͤſte nun gewiß, daß es Allais waͤre. * Man muß das Buch freylich cum grano ſalis leſen, im uͤbrigen iſt es aber ſehr ingenicux geſchrieben, und admi- rable fingirt, welches man daraus ſehen kan: Er fingirt, daß ein Land in der terra Magellonica entdecket worden, welche ſich die Severamber nen- neten, welches er ſo wahrſcheinlich gemacht, daß der Lie. Joach. Feller, ein gelehrter Mann, welcher ſonſt artige Noten uͤber des Hornii Orbem Imperantem geſchrieben, gemeynet, es waͤre in der That ein ſolches Land, zuletzt hat er doch gemeynet, es muͤſte fingirt ſeyn, weil die Leute allzu- tugendhafft. Es iſt auch gut Frantzoͤſiſch geſchrieben, nur muß man die Frantzoͤſiſche Sprache recht verſtehen, weil viel termini artificiales dar- innen vorkommen. Er erzehlet, daß das Land von ſeinem Legislatore Severias waͤre benennet worden. In dieſem Buche hat er zwey Haupt- Meynungen: 1) die Religion mache turbas, 2) auch die differenten ſtatus. Da hat er nun erzehlet, was die Leute vor eine Religion haͤtten, und meynet er, der Severias muͤſſe ein Perſianer geweſen ſeyn. Er hat gewieſen, daß das Chriſtenthum zwar viel vor ſich habe, aber es waͤren da ſo viele Secten, weßwegen ſo viele Kriege entſtuͤnden, daher ſcheinet es, daß er gemeynet, es waͤre am beſten, wenn ſich die Menſchen der na- tuͤrlichen Religion bedieneten: Denn es waͤren die alten Patriarchen ebenfalls bey dieſer Religion geblieben, daß er aber ein Atheiſt ſeyn ſoll- te, wie Morhoff gemeynet, iſt nicht wahr, und hat auch Herr Thoma- fius gemeynet, daß Morhoff ihn nicht recht muͤſſe geleſen haben. Man kan * Er war aus Languedoc buͤrtig, und hat man von ihm auch eine Grammaire Me- thodique, welche wohl gemacht.

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/134>, abgerufen am 24.11.2024.