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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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De vera cujuslibet status felicitate.
men, so hat es GOtt gehen lassen, denn er wollte nicht, daß sie sollten
Monarchen haben. Was GOtt sonst gethan immediate, das wollten
sie hernach thun lassen per sacerdotes, die taugten hernach nichts, und
die Könige wusten auch nicht viel, damit gieng die Republic übern Hauf-
fen. Hievon hat Prideaux in seiner Historie des Juifs unvergleichlich rai-
sonni
ret. Hertius sagt auch, die respublica Iudaica könnte nicht genug
betrachtet werden, weßwegen er selbst einen Tractat de Republ. Iud. schrei-
ben wollen, und wäre gut gewesen, wenn er es gethan: Denn er ist eine
Zeitlang Professor Polit. in Giesen gewesen, und hat die politischen Sa-
chen gut verstanden. Wir haben sonst schon viele Bücher von dieser
materie. Mir hat keiner besser gefallen, als der Fleury in seinen Tractat
des Moeurs des Israelits,
welches ein Buch ist, das von Studenten gar
geschwind kan durchgelesen werden. Petrus Cunaeus hat auch davon ge-
schrieben. Ingleichen Carolus Sigonius, welchen ich sehr aestimire, in-
dem derselbe über die Leges forenses artige reflexiones gemacht.

§. 13. 14. Der structurae reipublicae, soll nullum insigne vitiumDurch was
vor Mittel die
Glückseligkeit
eines Staats
erhalten wer-
de?

inhaerere, welches der Autor hätte sollen erklären. Wir haben drey for-
mas Rerumpublicarum: Aut unus imperat; aut optimates; aut populus
in varias curias distrubutus.
Da ist ohnmöglich, daß gar keine irregula-
ritas
solle vorhanden seyn. Ja wir finden in ipsa Republica Iudaica,
daß Seniores da gewesen, und auch der populus was zu sagen gehabt;
wer das wollte eine irregularite nennen, wo das Volck etwas zu sagen
gehabt, würde nicht recht thun; oder wenn er es ja so nennen wollte,
so würde es non insigne vitium seyn. Man kan es in der Welt nicht
so hoch bringen, daß alles sollte vollkommen seyn. Könnte man unum
finden, der gar nicht declinirte a via recta, so wäre es freylich besser, als
daß ein gantzes Collegium es dirigiret: Denn derjenige, so sapiens, kan
alles gut regieren, aber labi possunt, sunt homines. Ergo ist eine gute
Vorsorge, daß man ihnen noch andere adjungiret, damit man sicherer
gehe. Wir haben gesehen, quod ipse Salomo declinaverit, und einen
weisern Mann hat man doch nicht unter der Sonnen gesunden, als die-
sen; wie man auch aus seinen Sachen sehen kan. Die Menschen sind
nicht einerley; sie haben nicht einerley temperamenta; nicht einerley in-
clinationes;
nicht einerley Laster. Wer einen Fuchs kennet, der kennet
alle Füchse, daher ist kein Thier, man mag es angeben, wie man will,
wir sind maitres: Das kommt daher, weil wir sie können auf einerley
Art fangen; sie haben einen instinctum. Hergegen wenn du gleich hast
kennen lernen funffzig bis hundert Menschen, so werden dir doch tausend
andere subjecta vorkommen, welche, wenn du sie consideriren wirst, alle

so

De vera cujuslibet ſtatus felicitate.
men, ſo hat es GOtt gehen laſſen, denn er wollte nicht, daß ſie ſollten
Monarchen haben. Was GOtt ſonſt gethan immediate, das wollten
ſie hernach thun laſſen per ſacerdotes, die taugten hernach nichts, und
die Koͤnige wuſten auch nicht viel, damit gieng die Republic uͤbern Hauf-
fen. Hievon hat Prideaux in ſeiner Hiſtorie des Juifs unvergleichlich rai-
ſonni
ret. Hertius ſagt auch, die respublica Iudaica koͤnnte nicht genug
betrachtet werden, weßwegen er ſelbſt einen Tractat de Republ. Iud. ſchrei-
ben wollen, und waͤre gut geweſen, wenn er es gethan: Denn er iſt eine
Zeitlang Profeſſor Polit. in Gieſen geweſen, und hat die politiſchen Sa-
chen gut verſtanden. Wir haben ſonſt ſchon viele Buͤcher von dieſer
materie. Mir hat keiner beſſer gefallen, als der Fleury in ſeinen Tractat
des Moeurs des Iſraelits,
welches ein Buch iſt, das von Studenten gar
geſchwind kan durchgeleſen werden. Petrus Cunæus hat auch davon ge-
ſchrieben. Ingleichen Carolus Sigonius, welchen ich ſehr æſtimire, in-
dem derſelbe uͤber die Leges forenſes artige reflexiones gemacht.

§. 13. 14. Der ſtructuræ reipublicæ, ſoll nullum inſigne vitiumDurch was
vor Mittel die
Gluͤckſeligkeit
eines Staats
erhalten wer-
de?

inhærere, welches der Autor haͤtte ſollen erklaͤren. Wir haben drey for-
mas Rerumpublicarum: Aut unus imperat; aut optimates; aut populus
in varias curias diſtrubutus.
Da iſt ohnmoͤglich, daß gar keine irregula-
ritas
ſolle vorhanden ſeyn. Ja wir finden in ipſa Republica Iudaica,
daß Seniores da geweſen, und auch der populus was zu ſagen gehabt;
wer das wollte eine irregularité nennen, wo das Volck etwas zu ſagen
gehabt, wuͤrde nicht recht thun; oder wenn er es ja ſo nennen wollte,
ſo wuͤrde es non inſigne vitium ſeyn. Man kan es in der Welt nicht
ſo hoch bringen, daß alles ſollte vollkommen ſeyn. Koͤnnte man unum
finden, der gar nicht declinirte a via recta, ſo waͤre es freylich beſſer, als
daß ein gantzes Collegium es dirigiret: Denn derjenige, ſo ſapiens, kan
alles gut regieren, aber labi poſſunt, ſunt homines. Ergo iſt eine gute
Vorſorge, daß man ihnen noch andere adjungiret, damit man ſicherer
gehe. Wir haben geſehen, quod ipſe Salomo declinaverit, und einen
weiſern Mann hat man doch nicht unter der Sonnen geſunden, als die-
ſen; wie man auch aus ſeinen Sachen ſehen kan. Die Menſchen ſind
nicht einerley; ſie haben nicht einerley temperamenta; nicht einerley in-
clinationes;
nicht einerley Laſter. Wer einen Fuchs kennet, der kennet
alle Fuͤchſe, daher iſt kein Thier, man mag es angeben, wie man will,
wir ſind maitres: Das kommt daher, weil wir ſie koͤnnen auf einerley
Art fangen; ſie haben einen inſtinctum. Hergegen wenn du gleich haſt
kennen lernen funffzig bis hundert Menſchen, ſo werden dir doch tauſend
andere ſubjecta vorkommen, welche, wenn du ſie conſideriren wirſt, alle

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[103/0123] De vera cujuslibet ſtatus felicitate. men, ſo hat es GOtt gehen laſſen, denn er wollte nicht, daß ſie ſollten Monarchen haben. Was GOtt ſonſt gethan immediate, das wollten ſie hernach thun laſſen per ſacerdotes, die taugten hernach nichts, und die Koͤnige wuſten auch nicht viel, damit gieng die Republic uͤbern Hauf- fen. Hievon hat Prideaux in ſeiner Hiſtorie des Juifs unvergleichlich rai- ſonniret. Hertius ſagt auch, die respublica Iudaica koͤnnte nicht genug betrachtet werden, weßwegen er ſelbſt einen Tractat de Republ. Iud. ſchrei- ben wollen, und waͤre gut geweſen, wenn er es gethan: Denn er iſt eine Zeitlang Profeſſor Polit. in Gieſen geweſen, und hat die politiſchen Sa- chen gut verſtanden. Wir haben ſonſt ſchon viele Buͤcher von dieſer materie. Mir hat keiner beſſer gefallen, als der Fleury in ſeinen Tractat des Moeurs des Iſraelits, welches ein Buch iſt, das von Studenten gar geſchwind kan durchgeleſen werden. Petrus Cunæus hat auch davon ge- ſchrieben. Ingleichen Carolus Sigonius, welchen ich ſehr æſtimire, in- dem derſelbe uͤber die Leges forenſes artige reflexiones gemacht. §. 13. 14. Der ſtructuræ reipublicæ, ſoll nullum inſigne vitium inhærere, welches der Autor haͤtte ſollen erklaͤren. Wir haben drey for- mas Rerumpublicarum: Aut unus imperat; aut optimates; aut populus in varias curias diſtrubutus. Da iſt ohnmoͤglich, daß gar keine irregula- ritas ſolle vorhanden ſeyn. Ja wir finden in ipſa Republica Iudaica, daß Seniores da geweſen, und auch der populus was zu ſagen gehabt; wer das wollte eine irregularité nennen, wo das Volck etwas zu ſagen gehabt, wuͤrde nicht recht thun; oder wenn er es ja ſo nennen wollte, ſo wuͤrde es non inſigne vitium ſeyn. Man kan es in der Welt nicht ſo hoch bringen, daß alles ſollte vollkommen ſeyn. Koͤnnte man unum finden, der gar nicht declinirte a via recta, ſo waͤre es freylich beſſer, als daß ein gantzes Collegium es dirigiret: Denn derjenige, ſo ſapiens, kan alles gut regieren, aber labi poſſunt, ſunt homines. Ergo iſt eine gute Vorſorge, daß man ihnen noch andere adjungiret, damit man ſicherer gehe. Wir haben geſehen, quod ipſe Salomo declinaverit, und einen weiſern Mann hat man doch nicht unter der Sonnen geſunden, als die- ſen; wie man auch aus ſeinen Sachen ſehen kan. Die Menſchen ſind nicht einerley; ſie haben nicht einerley temperamenta; nicht einerley in- clinationes; nicht einerley Laſter. Wer einen Fuchs kennet, der kennet alle Fuͤchſe, daher iſt kein Thier, man mag es angeben, wie man will, wir ſind maitres: Das kommt daher, weil wir ſie koͤnnen auf einerley Art fangen; ſie haben einen inſtinctum. Hergegen wenn du gleich haſt kennen lernen funffzig bis hundert Menſchen, ſo werden dir doch tauſend andere ſubjecta vorkommen, welche, wenn du ſie conſideriren wirſt, alle ſo Durch was vor Mittel die Gluͤckſeligkeit eines Staats erhalten wer- de?

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/123>, abgerufen am 09.11.2024.