Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. IV. Wir finden keine Republic die vollkommen ist, aber wir machen es wieder berühmte Mahler Zeuxes, dieser machte auch ein Bild, welches in der gantzen Welt nicht anzutreffen war. Von einen Frauenzimmer nahm er die Augen, von der andern die Augen-Braunen, von der dritten die Nase. Es ist wie in Iure Nat. wenn man den Grotium und Puffendorff lieset, so findet man, daß sie bald aus diesen, bald aus jenen auctore passagen genommen, wo sie was Gutes gefunden. Wir setzen auch bey der Republic alles zusammen, was wir hier und dar Gutes finden. Ob aber ein Regiment dieses thue? Ist eine andere Frage. Man siehet ja wohl, daß unter tausenden nicht einer, der die artes regnandi verstehet. Daß viele Fürsten des Cronwells Tochter verlanget zu heyrathen, so hat er dieselbe keinen wollen geben, und gesagt, einige Fürsten hätten wohl schön Land, aber sie verstünden die artes regnandi nicht; Cronwell verstund sie wohl, nur er hatte kein Ius, die Fürsten aber sind es nicht alleine, welche die artes regnandi nicht verstehen, sondern man findet auch, daß sich von andern Leuten niemand darauf appliciret, sondern wenn sie zu einer Char- ge employret werden, alsdenn legen sie sich erst darauf. Bey solchen Sachen aber, die man in der Geschwindigkeit gelernet, ist nichts als confusion. Hat einer ja etwas gelernet, so ist es das lus, und der Pro- ceß, welches man wohl muß wissen; aber da kan einer noch nicht die artes regnandi, Man muß die Leute kennen; Moral wissen; man muß wissen Leges zu geben; Denn der Legislator höret sein Tage nicht auf, bald wird dieses bald jenes changirt, deßwegen muß man sich nicht wun- dern, wenn die Leges immer geändert werden. Man gehe auch alle klei- ne Republiquen durch, so wird man finden, daß unter sechs und dreyßig Raths-Herren kaum drey halb-kluge. Alles gehet nach dem impetu. Daher ist in praxi wahr: mundus regitur parva sapientia; magna stul- titia. Es ist aber auch ein schlecht regimen. Der Autor hat die Sache wohl proponiret, und es appliciret auf rempublicam ludaicam. Hertius hat einen schönen Einfall, wenn er saget, GOtt habe die rempublicam judaicam regieret, daher es auch Conring Theogratiam genennet. Con- ring hat es genommen aus dem Jüdischen Scribenten Josepho, welches ein kluger Kerl gewesen und meritirt, daß man ihn lieset. Es ist nur zu bedauren, daß man so schlechte editiones von ihm gehabt, die nicht gut emendiret gewesen. Daher hat man immer bessere Codices gesucht, ihn zu verbessern. Er war ein Jude, und hat die Jüdischen Sachen per- fect inne gehabt, und hat auch die revolutiones des Alten Testaments. Er kam unter die Römer, da ist er gereiset, und hat die Heydnischen Sa- chen mit den Jüdischen compariret. Wie die Jüden Monarchen beka- men,
Cap. IV. Wir finden keine Republic die vollkommen iſt, aber wir machen es wieder beruͤhmte Mahler Zeuxes, dieſer machte auch ein Bild, welches in der gantzen Welt nicht anzutreffen war. Von einen Frauenzimmer nahm er die Augen, von der andern die Augen-Braunen, von der dritten die Naſe. Es iſt wie in Iure Nat. wenn man den Grotium und Puffendorff lieſet, ſo findet man, daß ſie bald aus dieſen, bald aus jenen auctore paſſagen genommen, wo ſie was Gutes gefunden. Wir ſetzen auch bey der Republic alles zuſammen, was wir hier und dar Gutes finden. Ob aber ein Regiment dieſes thue? Iſt eine andere Frage. Man ſiehet ja wohl, daß unter tauſenden nicht einer, der die artes regnandi verſtehet. Daß viele Fuͤrſten des Cronwells Tochter verlanget zu heyrathen, ſo hat er dieſelbe keinen wollen geben, und geſagt, einige Fuͤrſten haͤtten wohl ſchoͤn Land, aber ſie verſtuͤnden die artes regnandi nicht; Cronwell verſtund ſie wohl, nur er hatte kein Ius, die Fuͤrſten aber ſind es nicht alleine, welche die artes regnandi nicht verſtehen, ſondern man findet auch, daß ſich von andern Leuten niemand darauf appliciret, ſondern wenn ſie zu einer Char- ge employret werden, alsdenn legen ſie ſich erſt darauf. Bey ſolchen Sachen aber, die man in der Geſchwindigkeit gelernet, iſt nichts als confuſion. Hat einer ja etwas gelernet, ſo iſt es das lus, und der Pro- ceß, welches man wohl muß wiſſen; aber da kan einer noch nicht die artes regnandi, Man muß die Leute kennen; Moral wiſſen; man muß wiſſen Leges zu geben; Denn der Legislator hoͤret ſein Tage nicht auf, bald wird dieſes bald jenes changirt, deßwegen muß man ſich nicht wun- dern, wenn die Leges immer geaͤndert werden. Man gehe auch alle klei- ne Republiquen durch, ſo wird man finden, daß unter ſechs und dreyßig Raths-Herren kaum drey halb-kluge. Alles gehet nach dem impetu. Daher iſt in praxi wahr: mundus regitur parva ſapientia; magna ſtul- titia. Es iſt aber auch ein ſchlecht regimen. Der Autor hat die Sache wohl proponiret, und es appliciret auf rempublicam ludaicam. Hertius hat einen ſchoͤnen Einfall, wenn er ſaget, GOtt habe die rempublicam judaicam regieret, daher es auch Conring Theogratiam genennet. Con- ring hat es genommen aus dem Juͤdiſchen Scribenten Joſepho, welches ein kluger Kerl geweſen und meritirt, daß man ihn lieſet. Es iſt nur zu bedauren, daß man ſo ſchlechte editiones von ihm gehabt, die nicht gut emendiret geweſen. Daher hat man immer beſſere Codices geſucht, ihn zu verbeſſern. Er war ein Jude, und hat die Juͤdiſchen Sachen per- fect inne gehabt, und hat auch die revolutiones des Alten Teſtaments. Er kam unter die Roͤmer, da iſt er gereiſet, und hat die Heydniſchen Sa- chen mit den Juͤdiſchen compariret. Wie die Juͤden Monarchen beka- men,
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Cap. IV.
Wir finden keine Republic die vollkommen iſt, aber wir machen es wie
der beruͤhmte Mahler Zeuxes, dieſer machte auch ein Bild, welches in der
gantzen Welt nicht anzutreffen war. Von einen Frauenzimmer nahm
er die Augen, von der andern die Augen-Braunen, von der dritten die
Naſe. Es iſt wie in Iure Nat. wenn man den Grotium und Puffendorff
lieſet, ſo findet man, daß ſie bald aus dieſen, bald aus jenen auctore
paſſagen genommen, wo ſie was Gutes gefunden. Wir ſetzen auch bey
der Republic alles zuſammen, was wir hier und dar Gutes finden. Ob
aber ein Regiment dieſes thue? Iſt eine andere Frage. Man ſiehet ja
wohl, daß unter tauſenden nicht einer, der die artes regnandi verſtehet.
Daß viele Fuͤrſten des Cronwells Tochter verlanget zu heyrathen, ſo hat
er dieſelbe keinen wollen geben, und geſagt, einige Fuͤrſten haͤtten wohl ſchoͤn
Land, aber ſie verſtuͤnden die artes regnandi nicht; Cronwell verſtund ſie
wohl, nur er hatte kein Ius, die Fuͤrſten aber ſind es nicht alleine, welche
die artes regnandi nicht verſtehen, ſondern man findet auch, daß ſich von
andern Leuten niemand darauf appliciret, ſondern wenn ſie zu einer Char-
ge employret werden, alsdenn legen ſie ſich erſt darauf. Bey ſolchen
Sachen aber, die man in der Geſchwindigkeit gelernet, iſt nichts als
confuſion. Hat einer ja etwas gelernet, ſo iſt es das lus, und der Pro-
ceß, welches man wohl muß wiſſen; aber da kan einer noch nicht die
artes regnandi, Man muß die Leute kennen; Moral wiſſen; man muß
wiſſen Leges zu geben; Denn der Legislator hoͤret ſein Tage nicht auf,
bald wird dieſes bald jenes changirt, deßwegen muß man ſich nicht wun-
dern, wenn die Leges immer geaͤndert werden. Man gehe auch alle klei-
ne Republiquen durch, ſo wird man finden, daß unter ſechs und dreyßig
Raths-Herren kaum drey halb-kluge. Alles gehet nach dem impetu.
Daher iſt in praxi wahr: mundus regitur parva ſapientia; magna ſtul-
titia. Es iſt aber auch ein ſchlecht regimen. Der Autor hat die Sache
wohl proponiret, und es appliciret auf rempublicam ludaicam. Hertius
hat einen ſchoͤnen Einfall, wenn er ſaget, GOtt habe die rempublicam
judaicam regieret, daher es auch Conring Theogratiam genennet. Con-
ring hat es genommen aus dem Juͤdiſchen Scribenten Joſepho, welches
ein kluger Kerl geweſen und meritirt, daß man ihn lieſet. Es iſt nur
zu bedauren, daß man ſo ſchlechte editiones von ihm gehabt, die nicht
gut emendiret geweſen. Daher hat man immer beſſere Codices geſucht,
ihn zu verbeſſern. Er war ein Jude, und hat die Juͤdiſchen Sachen per-
fect inne gehabt, und hat auch die revolutiones des Alten Teſtaments.
Er kam unter die Roͤmer, da iſt er gereiſet, und hat die Heydniſchen Sa-
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