Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. IV. machen können. Hertius sagt auch Part. I. Man sollte nur den CarlGustav ansehen, welcher nach Abdanckung der Königin Christina auf den Schwedischen Thron gestiegen. Dieser hat Verstand und bravour gnug gehabt, aber er fiel auf Abwege, daß er dachte, es müsse immer Krieg geführet werden, als wenn die Unterthanen sonst nichts zu thun hätten, und nur conquetten müßten machen. Da sagt auch Puffen- dorff: Carl sey schuld an der decadence von Schweden. Sein scopus taugte also nichts, daß er nur wollte Länder acquiriren. Er ist auch vor Chagrin gestorben, weil alles auf ihn loß gefallen, und nicht wollte zuge- ben, daß er so viel conquetiren sollte. Wenn er auch alles hätte erlan- get, so hätte er nachgehends drauf dencken müssen solches zu erhalten. Man kan auch ein Exempel nehmen an dem Königreich Portugall, da dasselbe einen guten König an dem Emanuel gehabt, so hat es in kurtzer Zeit die grossen conquetten gemacht, da sie das commercium aromatum, Gold und Silber in ihre Hände gebracht. So bald aber dieser König schlaffen gieng, so ist es geschehen, daß sie in media abundantia schwächer und ärmer werden, als sie vorher gewesen. Dieses kan kein Mensch glauben, als der die Historie von Portugall felbst mit Politischen Augen ansiehet. Man kan alsdenn wahrnehmen, wo alles hergekommen, denn sie bekamen alle Tage mehr Feinde, und entstunden Kriege, der Krieg aber frißt alles auf, und können die Leute nicht die fructus laborum ge- niessen. Absurd aber ists, wenn ich die gantze Welt gewönne, und kan ich die Oerter, welche ich ruiniret, nicht wieder aufbauen, lieber bleibe ich in meinem Lande, und conservire dasselbe. Wie nun der Emanuel die Augen zugethan, so kam sein Sohn Johannes III. auf den Thron, der ließ die Jesuiten ins Land kommen, die führten die Regierung, indeß wurde ein grosser Luxus. Wie nun Johannes gestorben war, und sie eine Ar- mee nur von dreyßig tausend Mann wollten aufbringen, so war doch kein Geld da, ob sie gleich die Africanischen Küsten bis an das Caput bo- nae spei inne hatten, und halff ihnen also die abundantia nichts. Es ist gewiß, wenn einer gleich abundantiam hat, er sucht aber nichts zu spa- ren, leget keine Magazins an, sucht seine Leute nicht in Disciplin zu er- halten; so hilfft ihm seine abundantia nichts. Denn da sie vorhero me- nagiret, und einen Thaler gebrauchet, wo sie jetzt zwantzig Thaler gebrau- chen, so wird alles durch die Depensen theuer. Der tolle Sebastian, wel- cher unter denen Pfaffen erzogen worden, erkannte wohl, daß es an Di- sciplin fehlete. Das Volck fraß, soff und spielete, und war es eben so viel als wenn sie in der veteri paupertate subsistiret. Wenn sie in der veteri paupertate subsistiret, wären sie noch tauerhafft geblieben, so aber durch
Cap. IV. machen koͤnnen. Hertius ſagt auch Part. I. Man ſollte nur den CarlGuſtav anſehen, welcher nach Abdanckung der Koͤnigin Chriſtina auf den Schwediſchen Thron geſtiegen. Dieſer hat Verſtand und bravour gnug gehabt, aber er fiel auf Abwege, daß er dachte, es muͤſſe immer Krieg gefuͤhret werden, als wenn die Unterthanen ſonſt nichts zu thun haͤtten, und nur conquetten muͤßten machen. Da ſagt auch Puffen- dorff: Carl ſey ſchuld an der decadence von Schweden. Sein ſcopus taugte alſo nichts, daß er nur wollte Laͤnder acquiriren. Er iſt auch vor Chagrin geſtorben, weil alles auf ihn loß gefallen, und nicht wollte zuge- ben, daß er ſo viel conquetiren ſollte. Wenn er auch alles haͤtte erlan- get, ſo haͤtte er nachgehends drauf dencken muͤſſen ſolches zu erhalten. Man kan auch ein Exempel nehmen an dem Koͤnigreich Portugall, da daſſelbe einen guten Koͤnig an dem Emanuel gehabt, ſo hat es in kurtzer Zeit die groſſen conquetten gemacht, da ſie das commercium aromatum, Gold und Silber in ihre Haͤnde gebracht. So bald aber dieſer Koͤnig ſchlaffen gieng, ſo iſt es geſchehen, daß ſie in media abundantia ſchwaͤcher und aͤrmer werden, als ſie vorher geweſen. Dieſes kan kein Menſch glauben, als der die Hiſtorie von Portugall felbſt mit Politiſchen Augen anſiehet. Man kan alsdenn wahrnehmen, wo alles hergekommen, denn ſie bekamen alle Tage mehr Feinde, und entſtunden Kriege, der Krieg aber frißt alles auf, und koͤnnen die Leute nicht die fructus laborum ge- nieſſen. Abſurd aber iſts, wenn ich die gantze Welt gewoͤnne, und kan ich die Oerter, welche ich ruiniret, nicht wieder aufbauen, lieber bleibe ich in meinem Lande, und conſervire daſſelbe. Wie nun der Emanuel die Augen zugethan, ſo kam ſein Sohn Johannes III. auf den Thron, der ließ die Jeſuiten ins Land kommen, die fuͤhrten die Regierung, indeß wurde ein groſſer Luxus. Wie nun Johannes geſtorben war, und ſie eine Ar- mee nur von dreyßig tauſend Mann wollten aufbringen, ſo war doch kein Geld da, ob ſie gleich die Africaniſchen Kuͤſten bis an das Caput bo- næ ſpei inne hatten, und halff ihnen alſo die abundantia nichts. Es iſt gewiß, wenn einer gleich abundantiam hat, er ſucht aber nichts zu ſpa- ren, leget keine Magazins an, ſucht ſeine Leute nicht in Diſciplin zu er- halten; ſo hilfft ihm ſeine abundantia nichts. Denn da ſie vorhero me- nagiret, und einen Thaler gebrauchet, wo ſie jetzt zwantzig Thaler gebrau- chen, ſo wird alles durch die Depenſen theuer. Der tolle Sebaſtian, wel- cher unter denen Pfaffen erzogen worden, erkannte wohl, daß es an Di- ſciplin fehlete. Das Volck fraß, ſoff und ſpielete, und war es eben ſo viel als wenn ſie in der veteri paupertate ſubſiſtiret. Wenn ſie in der veteri paupertate ſubſiſtiret, waͤren ſie noch tauerhafft geblieben, ſo aber durch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0120" n="100"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> IV.</hi></fw><lb/> machen koͤnnen. <hi rendition="#aq">Hertius</hi> ſagt auch <hi rendition="#aq">Part. I.</hi> Man ſollte nur den Carl<lb/> Guſtav anſehen, welcher nach Abdanckung der Koͤnigin Chriſtina auf<lb/> den Schwediſchen Thron geſtiegen. Dieſer hat Verſtand und <hi rendition="#aq">bravour</hi><lb/> gnug gehabt, aber er fiel auf Abwege, daß er dachte, es muͤſſe immer<lb/> Krieg gefuͤhret werden, als wenn die Unterthanen ſonſt nichts zu thun<lb/> haͤtten, und nur <hi rendition="#aq">conquett</hi>en muͤßten machen. Da ſagt auch <hi rendition="#aq">Puffen-<lb/> dorff:</hi> Carl ſey ſchuld an der <hi rendition="#aq">decadence</hi> von Schweden. Sein <hi rendition="#aq">ſcopus</hi><lb/> taugte alſo nichts, daß er nur wollte Laͤnder <hi rendition="#aq">acquiri</hi>ren. Er iſt auch vor<lb/><hi rendition="#aq">Chagrin</hi> geſtorben, weil alles auf ihn loß gefallen, und nicht wollte zuge-<lb/> ben, daß er ſo viel <hi rendition="#aq">conqueti</hi>ren ſollte. Wenn er auch alles haͤtte erlan-<lb/> get, ſo haͤtte er nachgehends drauf dencken muͤſſen ſolches zu erhalten.<lb/> Man kan auch ein Exempel nehmen an dem Koͤnigreich Portugall, da<lb/> daſſelbe einen guten Koͤnig an dem Emanuel gehabt, ſo hat es in kurtzer<lb/> Zeit die groſſen <hi rendition="#aq">conquett</hi>en gemacht, da ſie das <hi rendition="#aq">commercium aromatum,</hi><lb/> Gold und Silber in ihre Haͤnde gebracht. So bald aber dieſer Koͤnig<lb/> ſchlaffen gieng, ſo iſt es geſchehen, daß ſie <hi rendition="#aq">in media abundantia</hi> ſchwaͤcher<lb/> und aͤrmer werden, als ſie vorher geweſen. Dieſes kan kein Menſch<lb/> glauben, als der die Hiſtorie von Portugall felbſt mit Politiſchen Augen<lb/> anſiehet. Man kan alsdenn wahrnehmen, wo alles hergekommen, denn<lb/> ſie bekamen alle Tage mehr Feinde, und entſtunden Kriege, der Krieg<lb/> aber frißt alles auf, und koͤnnen die Leute nicht die <hi rendition="#aq">fructus laborum</hi> ge-<lb/> nieſſen. <hi rendition="#aq">Abſurd</hi> aber iſts, wenn ich die gantze Welt gewoͤnne, und kan<lb/> ich die Oerter, welche ich <hi rendition="#aq">ruini</hi>ret, nicht wieder aufbauen, lieber bleibe ich<lb/> in meinem Lande, und <hi rendition="#aq">conſervi</hi>re daſſelbe. Wie nun der Emanuel die<lb/> Augen zugethan, ſo kam ſein Sohn <hi rendition="#aq">Johannes III.</hi> auf den Thron, der ließ<lb/> die Jeſuiten ins Land kommen, die fuͤhrten die Regierung, indeß wurde<lb/> ein groſſer <hi rendition="#aq">Luxus.</hi> Wie nun <hi rendition="#aq">Johannes</hi> geſtorben war, und ſie eine Ar-<lb/> mee nur von dreyßig tauſend Mann wollten aufbringen, ſo war doch<lb/> kein Geld da, ob ſie gleich die Africaniſchen Kuͤſten bis an das <hi rendition="#aq">Caput bo-<lb/> næ ſpei</hi> inne hatten, und halff ihnen alſo die <hi rendition="#aq">abundantia</hi> nichts. Es iſt<lb/> gewiß, wenn einer gleich <hi rendition="#aq">abundantiam</hi> hat, er ſucht aber nichts zu ſpa-<lb/> ren, leget keine <hi rendition="#aq">Magazins</hi> an, ſucht ſeine Leute nicht <hi rendition="#aq">in Diſciplin</hi> zu er-<lb/> halten; ſo hilfft ihm ſeine <hi rendition="#aq">abundantia</hi> nichts. Denn da ſie vorhero <hi rendition="#aq">me-<lb/> nagi</hi>ret, und einen Thaler gebrauchet, wo ſie jetzt zwantzig Thaler gebrau-<lb/> chen, ſo wird alles durch die <hi rendition="#aq">Depenſ</hi>en theuer. Der tolle <hi rendition="#aq">Sebaſtian,</hi> wel-<lb/> cher unter denen Pfaffen erzogen worden, erkannte wohl, daß es an <hi rendition="#aq">Di-<lb/> ſciplin</hi> fehlete. Das Volck fraß, ſoff und ſpielete, und war es eben ſo<lb/> viel als wenn ſie in der <hi rendition="#aq">veteri paupertate ſubſiſti</hi>ret. Wenn ſie in der<lb/><hi rendition="#aq">veteri paupertate ſubſiſti</hi>ret, waͤren ſie noch tauerhafft geblieben, ſo aber<lb/> <fw place="bottom" type="catch">durch</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [100/0120]
Cap. IV.
machen koͤnnen. Hertius ſagt auch Part. I. Man ſollte nur den Carl
Guſtav anſehen, welcher nach Abdanckung der Koͤnigin Chriſtina auf
den Schwediſchen Thron geſtiegen. Dieſer hat Verſtand und bravour
gnug gehabt, aber er fiel auf Abwege, daß er dachte, es muͤſſe immer
Krieg gefuͤhret werden, als wenn die Unterthanen ſonſt nichts zu thun
haͤtten, und nur conquetten muͤßten machen. Da ſagt auch Puffen-
dorff: Carl ſey ſchuld an der decadence von Schweden. Sein ſcopus
taugte alſo nichts, daß er nur wollte Laͤnder acquiriren. Er iſt auch vor
Chagrin geſtorben, weil alles auf ihn loß gefallen, und nicht wollte zuge-
ben, daß er ſo viel conquetiren ſollte. Wenn er auch alles haͤtte erlan-
get, ſo haͤtte er nachgehends drauf dencken muͤſſen ſolches zu erhalten.
Man kan auch ein Exempel nehmen an dem Koͤnigreich Portugall, da
daſſelbe einen guten Koͤnig an dem Emanuel gehabt, ſo hat es in kurtzer
Zeit die groſſen conquetten gemacht, da ſie das commercium aromatum,
Gold und Silber in ihre Haͤnde gebracht. So bald aber dieſer Koͤnig
ſchlaffen gieng, ſo iſt es geſchehen, daß ſie in media abundantia ſchwaͤcher
und aͤrmer werden, als ſie vorher geweſen. Dieſes kan kein Menſch
glauben, als der die Hiſtorie von Portugall felbſt mit Politiſchen Augen
anſiehet. Man kan alsdenn wahrnehmen, wo alles hergekommen, denn
ſie bekamen alle Tage mehr Feinde, und entſtunden Kriege, der Krieg
aber frißt alles auf, und koͤnnen die Leute nicht die fructus laborum ge-
nieſſen. Abſurd aber iſts, wenn ich die gantze Welt gewoͤnne, und kan
ich die Oerter, welche ich ruiniret, nicht wieder aufbauen, lieber bleibe ich
in meinem Lande, und conſervire daſſelbe. Wie nun der Emanuel die
Augen zugethan, ſo kam ſein Sohn Johannes III. auf den Thron, der ließ
die Jeſuiten ins Land kommen, die fuͤhrten die Regierung, indeß wurde
ein groſſer Luxus. Wie nun Johannes geſtorben war, und ſie eine Ar-
mee nur von dreyßig tauſend Mann wollten aufbringen, ſo war doch
kein Geld da, ob ſie gleich die Africaniſchen Kuͤſten bis an das Caput bo-
næ ſpei inne hatten, und halff ihnen alſo die abundantia nichts. Es iſt
gewiß, wenn einer gleich abundantiam hat, er ſucht aber nichts zu ſpa-
ren, leget keine Magazins an, ſucht ſeine Leute nicht in Diſciplin zu er-
halten; ſo hilfft ihm ſeine abundantia nichts. Denn da ſie vorhero me-
nagiret, und einen Thaler gebrauchet, wo ſie jetzt zwantzig Thaler gebrau-
chen, ſo wird alles durch die Depenſen theuer. Der tolle Sebaſtian, wel-
cher unter denen Pfaffen erzogen worden, erkannte wohl, daß es an Di-
ſciplin fehlete. Das Volck fraß, ſoff und ſpielete, und war es eben ſo
viel als wenn ſie in der veteri paupertate ſubſiſtiret. Wenn ſie in der
veteri paupertate ſubſiſtiret, waͤren ſie noch tauerhafft geblieben, ſo aber
durch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |