Gumppenberg, Hanns von: Deutsche Lyrik von gestern. München, 1891 (= Münchener Flugschriften, Bd. 3).Dichter wie E. v. Wildenbruch, Sudermann u.a. frischweg gleich nach ihrer Erstaufführung komisch verarbeitet werden. Einen der größten Erfolge in der neueren Litteratur erzielte Fritz Mauthner mit seinen Sammlungen "Nach berühmten Mustern", worin er unsere beliebtesten zeitgenössischen Novellisten Auerbach, Freytag, Keller, Heyse u.s.w. auf's Ergötzlichste in parodistische Tunke legte. Namentlich war es Auerbachs "thaufrische Amme", die in der Mauthnerschen Zurichtung wahre Lachstürme entfesselte. Es ist keinem einzigen klugen Menschen im ganzen deutschen Reich eingefallen, darin etwa eine Blasphemie oder Herunterreisserei zu sehen. Jederman war natürlich-empfindend genug, die Sache als das zu nehmen, was sie wirklich war: ein guter Spaß. Ein gebildetes Publikum ist immer zugleich auch ein parodiereifes und parodiefrohes Publikum. Daher auch der große Erfolg, den Hanns von Gumppenberg mit seinen Parodien "Deutsche Lyrik von Gestern" am ersten öffentlichen Vortragsabend unserer "Gesellschaft für modernes Leben" in der Jsarlust erzielte. Der Protest einiger weniger Zischer und Pfuirufer beweist nichts dagegen. Da müßten die guten Zimperlinge konsequenterweise auch die Karikaturen des "Kladderadatsch" auszischen und anpfuien und vor jeder Nummer der "Fliegenden Blätter" in Entrüstungskrämpfe fallen. Die parodistische Vers-Karikatur ist um nichts schlimmer, als diese freien Künstlerspiele. Die irrige Meinung, als hätte dieser Vortrag eine tendenziös-kritische und persönliche Spitze gehabt, wird dadurch widerlegt, daß der ganze Parodien-Cyklus Gumppenbergs auch die Lyrik von heute und -- morgen umfaßt. Diese noch ausstehenden Teile werden in einer späteren Versammung zum Vortrag gelangen. Der hier folgende Abdruck des ersten Teils ist mit diplomatischer Treue nach dem Manuskript des Vortrags in der Jsarlust hergestellt. Hanns v. Gumppenberg hat in Form und Ton die parodirten Urbilder vorzüglich getroffen. Dichter wie E. v. Wildenbruch, Sudermann u.a. frischweg gleich nach ihrer Erstaufführung komisch verarbeitet werden. Einen der größten Erfolge in der neueren Litteratur erzielte Fritz Mauthner mit seinen Sammlungen „Nach berühmten Mustern“, worin er unsere beliebtesten zeitgenössischen Novellisten Auerbach, Freytag, Keller, Heyse u.s.w. auf's Ergötzlichste in parodistische Tunke legte. Namentlich war es Auerbachs „thaufrische Amme“, die in der Mauthnerschen Zurichtung wahre Lachstürme entfesselte. Es ist keinem einzigen klugen Menschen im ganzen deutschen Reich eingefallen, darin etwa eine Blasphemie oder Herunterreisserei zu sehen. Jederman war natürlich-empfindend genug, die Sache als das zu nehmen, was sie wirklich war: ein guter Spaß. Ein gebildetes Publikum ist immer zugleich auch ein parodiereifes und parodiefrohes Publikum. Daher auch der große Erfolg, den Hanns von Gumppenberg mit seinen Parodien „Deutsche Lyrik von Gestern“ am ersten öffentlichen Vortragsabend unserer „Gesellschaft für modernes Leben“ in der Jsarlust erzielte. Der Protest einiger weniger Zischer und Pfuirufer beweist nichts dagegen. Da müßten die guten Zimperlinge konsequenterweise auch die Karikaturen des „Kladderadatsch“ auszischen und anpfuien und vor jeder Nummer der „Fliegenden Blätter“ in Entrüstungskrämpfe fallen. Die parodistische Vers-Karikatur ist um nichts schlimmer, als diese freien Künstlerspiele. Die irrige Meinung, als hätte dieser Vortrag eine tendenziös-kritische und persönliche Spitze gehabt, wird dadurch widerlegt, daß der ganze Parodien-Cyklus Gumppenbergs auch die Lyrik von heute und — morgen umfaßt. Diese noch ausstehenden Teile werden in einer späteren Versammung zum Vortrag gelangen. Der hier folgende Abdruck des ersten Teils ist mit diplomatischer Treue nach dem Manuskript des Vortrags in der Jsarlust hergestellt. Hanns v. Gumppenberg hat in Form und Ton die parodirten Urbilder vorzüglich getroffen. <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <p><pb facs="#f0003" n="[3]"/> Dichter wie E. v. Wildenbruch, Sudermann u.a. frischweg gleich nach ihrer Erstaufführung komisch verarbeitet werden. Einen der größten Erfolge in der neueren Litteratur erzielte Fritz Mauthner mit seinen Sammlungen „Nach berühmten Mustern“, worin er unsere beliebtesten zeitgenössischen Novellisten Auerbach, Freytag, Keller, Heyse u.s.w. auf's Ergötzlichste in parodistische Tunke legte. Namentlich war es Auerbachs „thaufrische Amme“, die in der Mauthnerschen Zurichtung wahre Lachstürme entfesselte. Es ist keinem einzigen klugen Menschen im ganzen deutschen Reich eingefallen, darin etwa eine Blasphemie oder Herunterreisserei zu sehen. Jederman war natürlich-empfindend genug, die Sache als das zu nehmen, was sie wirklich war: ein guter Spaß. Ein <hi rendition="#g">gebildetes</hi> Publikum ist immer zugleich auch ein parodiereifes und parodiefrohes Publikum. Daher auch der große Erfolg, den <hi rendition="#g">Hanns von Gumppenberg</hi> mit seinen Parodien „Deutsche Lyrik von Gestern“ am ersten öffentlichen Vortragsabend unserer „Gesellschaft für modernes Leben“ in der Jsarlust erzielte. Der Protest einiger weniger Zischer und Pfuirufer beweist nichts dagegen. Da müßten die guten Zimperlinge konsequenterweise auch die Karikaturen des „Kladderadatsch“ auszischen und anpfuien und vor jeder Nummer der „Fliegenden Blätter“ in Entrüstungskrämpfe fallen. Die parodistische Vers-Karikatur ist um nichts schlimmer, als diese freien Künstlerspiele. 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Dichter wie E. v. Wildenbruch, Sudermann u.a. frischweg gleich nach ihrer Erstaufführung komisch verarbeitet werden. Einen der größten Erfolge in der neueren Litteratur erzielte Fritz Mauthner mit seinen Sammlungen „Nach berühmten Mustern“, worin er unsere beliebtesten zeitgenössischen Novellisten Auerbach, Freytag, Keller, Heyse u.s.w. auf's Ergötzlichste in parodistische Tunke legte. Namentlich war es Auerbachs „thaufrische Amme“, die in der Mauthnerschen Zurichtung wahre Lachstürme entfesselte. Es ist keinem einzigen klugen Menschen im ganzen deutschen Reich eingefallen, darin etwa eine Blasphemie oder Herunterreisserei zu sehen. Jederman war natürlich-empfindend genug, die Sache als das zu nehmen, was sie wirklich war: ein guter Spaß. Ein gebildetes Publikum ist immer zugleich auch ein parodiereifes und parodiefrohes Publikum. Daher auch der große Erfolg, den Hanns von Gumppenberg mit seinen Parodien „Deutsche Lyrik von Gestern“ am ersten öffentlichen Vortragsabend unserer „Gesellschaft für modernes Leben“ in der Jsarlust erzielte. Der Protest einiger weniger Zischer und Pfuirufer beweist nichts dagegen. Da müßten die guten Zimperlinge konsequenterweise auch die Karikaturen des „Kladderadatsch“ auszischen und anpfuien und vor jeder Nummer der „Fliegenden Blätter“ in Entrüstungskrämpfe fallen. Die parodistische Vers-Karikatur ist um nichts schlimmer, als diese freien Künstlerspiele. Die irrige Meinung, als hätte dieser Vortrag eine tendenziös-kritische und persönliche Spitze gehabt, wird dadurch widerlegt, daß der ganze Parodien-Cyklus Gumppenbergs auch die Lyrik von heute und — morgen umfaßt. Diese noch ausstehenden Teile werden in einer späteren Versammung zum Vortrag gelangen. Der hier folgende Abdruck des ersten Teils ist mit diplomatischer Treue nach dem Manuskript des Vortrags in der Jsarlust hergestellt. Hanns v. Gumppenberg hat in Form und Ton die parodirten Urbilder vorzüglich getroffen.
M. G. Conrad.
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Universität Duisburg-Essen, Projekt Lyriktheorie (Dr. Rudolf Brandmeyer): Bereitstellung der Texttranskription.
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