Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.Von der Regierungsfolge. anheischig, daß die künftigen Kurfürsten, so oft es zuder Wahl eines Römischen Kaisers und Königs kommen wird, ihr Suffragium keinem andern als dem Primo- genito der Erzherzoglichen Linie geben wollen. s. Lü- nigs Reichsarchiv Part. Spec. S. 171. d] Dahin gehört im teutschen Reiche die Goldene Bulle. Wegen der Wahlen in dem nunmehro zum Erbreich er- klärten Königreich Polen wurde 1775. festgesetzt: 1] daß künftig niemand zum König von Polen erwählt werden könne, wenn er nicht ein Piast von Ursprung, von Adel und in den Staaten der Republik ansässig ist; 2] daß die Söhne und Enkel des letzten Königs nicht unmittel- bar nach ihrem Vater oder Grosvater, zum König er- wählt werden, sondern erst nach einer Zwischenzeit von wenigstens zwey Regierungen wahlfähig seyn sollen. s. Neuste Staatsbegebenheiten auf das Jahr 1775. S. 616. f. Neyron principes du droit d. g. p. 79. e] Die Garantie dieser polnischen Wahlgesetze übernahm hauptsächlich Rußland; daher es auch der neuern Ver- änderung bisher entgegen gewesen ist. §. 9. Einmischung anderer Nazionen. Andere Nazionen dürfen sich in die Wahlen eben gelenkt d], C c 4
Von der Regierungsfolge. anheiſchig, daß die kuͤnftigen Kurfuͤrſten, ſo oft es zuder Wahl eines Roͤmiſchen Kaiſers und Koͤnigs kommen wird, ihr Suffragium keinem andern als dem Primo- genito der Erzherzoglichen Linie geben wollen. ſ. Luͤ- nigs Reichsarchiv Part. Spec. S. 171. d] Dahin gehoͤrt im teutſchen Reiche die Goldene Bulle. Wegen der Wahlen in dem nunmehro zum Erbreich er- klaͤrten Koͤnigreich Polen wurde 1775. feſtgeſetzt: 1] daß kuͤnftig niemand zum Koͤnig von Polen erwaͤhlt werden koͤnne, wenn er nicht ein Piaſt von Urſprung, von Adel und in den Staaten der Republik anſaͤſſig iſt; 2] daß die Soͤhne und Enkel des letzten Koͤnigs nicht unmittel- bar nach ihrem Vater oder Grosvater, zum Koͤnig er- waͤhlt werden, ſondern erſt nach einer Zwiſchenzeit von wenigſtens zwey Regierungen wahlfaͤhig ſeyn ſollen. ſ. Neuſte Staatsbegebenheiten auf das Jahr 1775. S. 616. f. Neyron principes du droit d. g. p. 79. e] Die Garantie dieſer polniſchen Wahlgeſetze uͤbernahm hauptſaͤchlich Rußland; daher es auch der neuern Ver- aͤnderung bisher entgegen geweſen iſt. §. 9. Einmiſchung anderer Nazionen. Andere Nazionen duͤrfen ſich in die Wahlen eben gelenkt d], C c 4
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Von der Regierungsfolge.
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anheiſchig, daß die kuͤnftigen Kurfuͤrſten, ſo oft es zu
der Wahl eines Roͤmiſchen Kaiſers und Koͤnigs kommen
wird, ihr Suffragium keinem andern als dem Primo-
genito der Erzherzoglichen Linie geben wollen. ſ. Luͤ-
nigs Reichsarchiv Part. Spec. S. 171.
d] Dahin gehoͤrt im teutſchen Reiche die Goldene Bulle.
Wegen der Wahlen in dem nunmehro zum Erbreich er-
klaͤrten Koͤnigreich Polen wurde 1775. feſtgeſetzt: 1] daß
kuͤnftig niemand zum Koͤnig von Polen erwaͤhlt werden
koͤnne, wenn er nicht ein Piaſt von Urſprung, von Adel
und in den Staaten der Republik anſaͤſſig iſt; 2] daß
die Soͤhne und Enkel des letzten Koͤnigs nicht unmittel-
bar nach ihrem Vater oder Grosvater, zum Koͤnig er-
waͤhlt werden, ſondern erſt nach einer Zwiſchenzeit von
wenigſtens zwey Regierungen wahlfaͤhig ſeyn ſollen.
ſ. Neuſte Staatsbegebenheiten auf das Jahr 1775.
S. 616. f. Neyron principes du droit d. g. p. 79.
e] Die Garantie dieſer polniſchen Wahlgeſetze uͤbernahm
hauptſaͤchlich Rußland; daher es auch der neuern Ver-
aͤnderung bisher entgegen geweſen iſt.
§. 9.
Einmiſchung anderer Nazionen.
Andere Nazionen duͤrfen ſich in die Wahlen eben
ſo wenig als in die Erbfolge miſchen, die Wahl eines
Kandidaten mit Gewalt durchſetzen wollen, oder ande-
rer directer oder indirecter Mittel ſich bedienen, ihre
Abſicht hierunter zu erreichen a]. Es werden daher in
Wahlreichen mehrenteils die auswaͤrtigen Geſandten,
und andere fremde Perſonen, denen man einigen Ein-
flus zutrauen koͤnte, von dem Wahlorte abgehalten b].
Doch giebt es Beiſpiele genug, daß fremde Nazio-
nen c], ſelbſt unter dem Scheine die Wahlfreiheit zu
erhalten, die waͤhlende Nazion nach ihren Abſichten
gelenkt d],
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Zitationshilfe: | Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/421>, abgerufen am 03.03.2025. |