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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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Von d. Rechten der Nazionen gegen einander
Zeitlang, oder um daselbst beständig zu wohnen kom-
men, verlangen, daß ihnen die Rechte und Vortheile
der Eingebohrnen, welche man unter dem Namen des
Indigenats begreift, zugestanden werden sollen.
Zuweilen bringt es die Verfassung des Landes mit sich,
daß die blosse Aufnahme eines Fremden als Unterthan
ihm iene Rechte gewährt a]. Gemeiniglich aber wird
eine besondere Vergünstigung, welche Naturalisation
heißt, und einzelnen Personen oder Familien meist in
eignen Urkunden oder sogenannten Naturalisations-
briefen
, ertheilt werden, hierzu erfodert. Diese Na-
turalisation begreift gewönlich alle Rechte der Einge-
bohrnen in sich, doch giebt es bey einigen Nazionen
gewisse Grade derselben, die den Fremden bald mehrere
bald mindere Gerechtsame beilegen b]. Dergleichen
Naturalisation wiederfährt entweder ganzen Nazionen,
so daß alle Glieder derselben als Eingebohrne anzusehn
sind c]; oder allen Fremden, die sich in einem Lande
niederlassen, entweder nur von einer gewissen Gat-
tung d] oder ohne Unterschied e], oder es werden auch
nur einzelne Personen und Familien mit dem Indigenat
in einem Lande begnadigt f].

a] Dies geschieht meistens in ganz Teutschland. Mosers
Versuch 6. Th. S. 8.
b] Wie in Grosbritannien. Ebendas. S. 12.
c] So geniessen in Frankreich, die Holländer, Schweitzer,
Genfer und andere Nazionen, vermöge Verträge, die
Rechte der Eingebohrnen Real Science du Gouvern.
Tom. IV. c. 7. Sect.
3. §. 28. ff. Dies ist auch in
dem burbonischen Familienvertrag von 1761. zwischen
Frankreich, Spanien etc. bedungen. Preussen behauptet
kraft besonderer Privilegien und Verträge das Indige-
natrecht in Polen. s. Disquisit. de Indigenatu, eum-
que conferendi iure apud Prussos et Curonos s. l.

1748. 4.
d] Von

Von d. Rechten der Nazionen gegen einander
Zeitlang, oder um daſelbſt beſtaͤndig zu wohnen kom-
men, verlangen, daß ihnen die Rechte und Vortheile
der Eingebohrnen, welche man unter dem Namen des
Indigenats begreift, zugeſtanden werden ſollen.
Zuweilen bringt es die Verfaſſung des Landes mit ſich,
daß die bloſſe Aufnahme eines Fremden als Unterthan
ihm iene Rechte gewaͤhrt a]. Gemeiniglich aber wird
eine beſondere Verguͤnſtigung, welche Naturaliſation
heißt, und einzelnen Perſonen oder Familien meiſt in
eignen Urkunden oder ſogenannten Naturaliſations-
briefen
, ertheilt werden, hierzu erfodert. Dieſe Na-
turaliſation begreift gewoͤnlich alle Rechte der Einge-
bohrnen in ſich, doch giebt es bey einigen Nazionen
gewiſſe Grade derſelben, die den Fremden bald mehrere
bald mindere Gerechtſame beilegen b]. Dergleichen
Naturaliſation wiederfaͤhrt entweder ganzen Nazionen,
ſo daß alle Glieder derſelben als Eingebohrne anzuſehn
ſind c]; oder allen Fremden, die ſich in einem Lande
niederlaſſen, entweder nur von einer gewiſſen Gat-
tung d] oder ohne Unterſchied e], oder es werden auch
nur einzelne Perſonen und Familien mit dem Indigenat
in einem Lande begnadigt f].

a] Dies geſchieht meiſtens in ganz Teutſchland. Moſers
Verſuch 6. Th. S. 8.
b] Wie in Grosbritannien. Ebendaſ. S. 12.
c] So genieſſen in Frankreich, die Hollaͤnder, Schweitzer,
Genfer und andere Nazionen, vermoͤge Vertraͤge, die
Rechte der Eingebohrnen Real Science du Gouvern.
Tom. IV. c. 7. Sect.
3. §. 28. ff. Dies iſt auch in
dem burboniſchen Familienvertrag von 1761. zwiſchen
Frankreich, Spanien ꝛc. bedungen. Preuſſen behauptet
kraft beſonderer Privilegien und Vertraͤge das Indige-
natrecht in Polen. ſ. Diſquiſit. de Indigenatu, eum-
que conferendi iure apud Pruſſos et Curonos ſ. l.

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[268/0282] Von d. Rechten der Nazionen gegen einander Zeitlang, oder um daſelbſt beſtaͤndig zu wohnen kom- men, verlangen, daß ihnen die Rechte und Vortheile der Eingebohrnen, welche man unter dem Namen des Indigenats begreift, zugeſtanden werden ſollen. Zuweilen bringt es die Verfaſſung des Landes mit ſich, daß die bloſſe Aufnahme eines Fremden als Unterthan ihm iene Rechte gewaͤhrt a]. Gemeiniglich aber wird eine beſondere Verguͤnſtigung, welche Naturaliſation heißt, und einzelnen Perſonen oder Familien meiſt in eignen Urkunden oder ſogenannten Naturaliſations- briefen, ertheilt werden, hierzu erfodert. Dieſe Na- turaliſation begreift gewoͤnlich alle Rechte der Einge- bohrnen in ſich, doch giebt es bey einigen Nazionen gewiſſe Grade derſelben, die den Fremden bald mehrere bald mindere Gerechtſame beilegen b]. Dergleichen Naturaliſation wiederfaͤhrt entweder ganzen Nazionen, ſo daß alle Glieder derſelben als Eingebohrne anzuſehn ſind c]; oder allen Fremden, die ſich in einem Lande niederlaſſen, entweder nur von einer gewiſſen Gat- tung d] oder ohne Unterſchied e], oder es werden auch nur einzelne Perſonen und Familien mit dem Indigenat in einem Lande begnadigt f]. a] Dies geſchieht meiſtens in ganz Teutſchland. Moſers Verſuch 6. Th. S. 8. b] Wie in Grosbritannien. Ebendaſ. S. 12. c] So genieſſen in Frankreich, die Hollaͤnder, Schweitzer, Genfer und andere Nazionen, vermoͤge Vertraͤge, die Rechte der Eingebohrnen Real Science du Gouvern. Tom. IV. c. 7. Sect. 3. §. 28. ff. Dies iſt auch in dem burboniſchen Familienvertrag von 1761. zwiſchen Frankreich, Spanien ꝛc. bedungen. Preuſſen behauptet kraft beſonderer Privilegien und Vertraͤge das Indige- natrecht in Polen. ſ. Diſquiſit. de Indigenatu, eum- que conferendi iure apud Pruſſos et Curonos ſ. l. 1748. 4. d] Von

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/282>, abgerufen am 24.11.2024.