Fünftes Kapitel. Algemeine wechselseitige Rechte der Völker in An- sehung des Eigenthums ihrer Lande.
§. 1. Umfang der Eigenthumsrechte.
Ein Volk kann von seinem Territorialeigenthum, d. i. von denienigen Landen und Gewässern, welche es als ein unter Oberherschaft vereinigter Staatskörper, durch ursprünglichen oder abgeleiteten Erwerb, inne hat, nach den in den vorhergehenden Kapiteln festge- stelten Grundsätzen, nach eigner Wilkühr und mit Aus- schlus anderer, allen nöthigen und möglichen Gebrauch machen, iedoch ohne andern Nazionen einen Schaden dadurch zuzufügen. Sind gleich nur einige Güter des Territoriums zum Gebrauch des gesamten Staats oder seines Regenten ausgesetzt, andere hingegen, als Pri- vateigenthum einzelnen Bürgern oder kleinern Gesel- schaften überlassen, so erstreckt sich doch ienes Befug- nis, vermöge der Oberherschaft a] verhältnismässig über alle dergleichen Besitzungen b], weil diese auch für zweckmässigen Erwerb und Benutzung des Privateigen- thums zu sorgen und iedermann im Staate bey dem ungestörten Genusse des Seinigen zu erhalten verbun- den und im Nothfall berechtigt ist, davon zum algemeinen Besten, den erfoderlichen Gebrauch zu machen. Die- ses Recht wird das Obereigenthum [dominium emi- nens] genannt c]. Es komt bey dem Eigenthume
haupt-
O 2
Fuͤnftes Kapitel. Algemeine wechſelſeitige Rechte der Voͤlker in An- ſehung des Eigenthums ihrer Lande.
§. 1. Umfang der Eigenthumsrechte.
Ein Volk kann von ſeinem Territorialeigenthum, d. i. von denienigen Landen und Gewaͤſſern, welche es als ein unter Oberherſchaft vereinigter Staatskoͤrper, durch urſpruͤnglichen oder abgeleiteten Erwerb, inne hat, nach den in den vorhergehenden Kapiteln feſtge- ſtelten Grundſaͤtzen, nach eigner Wilkuͤhr und mit Aus- ſchlus anderer, allen noͤthigen und moͤglichen Gebrauch machen, iedoch ohne andern Nazionen einen Schaden dadurch zuzufuͤgen. Sind gleich nur einige Guͤter des Territoriums zum Gebrauch des geſamten Staats oder ſeines Regenten ausgeſetzt, andere hingegen, als Pri- vateigenthum einzelnen Buͤrgern oder kleinern Geſel- ſchaften uͤberlaſſen, ſo erſtreckt ſich doch ienes Befug- nis, vermoͤge der Oberherſchaft a] verhaͤltnismaͤſſig uͤber alle dergleichen Beſitzungen b], weil dieſe auch fuͤr zweckmaͤſſigen Erwerb und Benutzung des Privateigen- thums zu ſorgen und iedermann im Staate bey dem ungeſtoͤrten Genuſſe des Seinigen zu erhalten verbun- den und im Nothfall berechtigt iſt, davon zum algemeinen Beſten, den erfoderlichen Gebrauch zu machen. Die- ſes Recht wird das Obereigenthum [dominium emi- nens] genannt c]. Es komt bey dem Eigenthume
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Fuͤnftes Kapitel.
Algemeine wechſelſeitige Rechte der Voͤlker in An-
ſehung des Eigenthums ihrer Lande.
§. 1.
Umfang der Eigenthumsrechte.
Ein Volk kann von ſeinem Territorialeigenthum,
d. i. von denienigen Landen und Gewaͤſſern, welche
es als ein unter Oberherſchaft vereinigter Staatskoͤrper,
durch urſpruͤnglichen oder abgeleiteten Erwerb, inne
hat, nach den in den vorhergehenden Kapiteln feſtge-
ſtelten Grundſaͤtzen, nach eigner Wilkuͤhr und mit Aus-
ſchlus anderer, allen noͤthigen und moͤglichen Gebrauch
machen, iedoch ohne andern Nazionen einen Schaden
dadurch zuzufuͤgen. Sind gleich nur einige Guͤter des
Territoriums zum Gebrauch des geſamten Staats oder
ſeines Regenten ausgeſetzt, andere hingegen, als Pri-
vateigenthum einzelnen Buͤrgern oder kleinern Geſel-
ſchaften uͤberlaſſen, ſo erſtreckt ſich doch ienes Befug-
nis, vermoͤge der Oberherſchaft a] verhaͤltnismaͤſſig
uͤber alle dergleichen Beſitzungen b], weil dieſe auch fuͤr
zweckmaͤſſigen Erwerb und Benutzung des Privateigen-
thums zu ſorgen und iedermann im Staate bey dem
ungeſtoͤrten Genuſſe des Seinigen zu erhalten verbun-
den und im Nothfall berechtigt iſt, davon zum algemeinen
Beſten, den erfoderlichen Gebrauch zu machen. Die-
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/225>, abgerufen am 23.11.2024.
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