*] Von dem Eigenthum blosser Privatgüther ohne Ober- herschaft in dem Territorium eines andern Volks ist hier die Rede nicht, sondern die Rechtmässigkeit oder Unstatt- haftigkeit dessen Erwerbes und Besitzes wird weiter unten bemerklich gemacht werden. M. vergl. Ickstatt L. III. c. 3. §. 16. Schol. 2.
§. 28. Rechte und Verbindlichkeiten a) des ver- äussernden Volks;
Wenn beide Theile in den Bedingungen der Ver- äusserung und des Erwerbes einig sind, so muß schon gedachtermaassen die veräussernde Nazion der andern, wenn sie die eingegangenen Verbindlichkeiten erfült hat, vor allen Dingen den Besitz einräumen, dieselbe auch dabey schützen, wenn das Land von andern in Anspruch genommen, und sie schadlos halten, wenn es ihr wegen älterer Rechte darauf, gar entzogen werden solte. Diese Gewährleistung [evictionis praestatio] fließt theils aus der Natur der desfals geschlossenen Verträge, besonders des Kaufs, Tausches und dem ähnlicher Er- werbsarten, theils wird sie auch ausdrücklich mit be- dungen a].
Die durch rechtmässige Verträge volzogenen Veräus- serungen der Nazionen sind in der Regel unwiderruf- lich und können nicht durch die Ausflucht unkräftig ge- macht werden, daß die Grundgesetze des Staats solche nicht erlaubten, weil die so nothwendige Zuverlässig- keit der Verträge dadurch verletzt werden würde. Wenn die Nazion, aus Noth oder Vortheil bewogen, zur Veräusserung sich entschließt, so entsagt sie, wie Vat- telb] behauptet, sogleich diesem Grundgesetze. Ist aber der Regent allein, ohne Eiwilligung des Volks
hierzu
Von Erlangung des Eigenthums von andern
*] Von dem Eigenthum bloſſer Privatguͤther ohne Ober- herſchaft in dem Territorium eines andern Volks iſt hier die Rede nicht, ſondern die Rechtmaͤſſigkeit oder Unſtatt- haftigkeit deſſen Erwerbes und Beſitzes wird weiter unten bemerklich gemacht werden. M. vergl. Ickſtatt L. III. c. 3. §. 16. Schol. 2.
§. 28. Rechte und Verbindlichkeiten a) des ver- aͤuſſernden Volks;
Wenn beide Theile in den Bedingungen der Ver- aͤuſſerung und des Erwerbes einig ſind, ſo muß ſchon gedachtermaaſſen die veraͤuſſernde Nazion der andern, wenn ſie die eingegangenen Verbindlichkeiten erfuͤlt hat, vor allen Dingen den Beſitz einraͤumen, dieſelbe auch dabey ſchuͤtzen, wenn das Land von andern in Anſpruch genommen, und ſie ſchadlos halten, wenn es ihr wegen aͤlterer Rechte darauf, gar entzogen werden ſolte. Dieſe Gewaͤhrleiſtung [evictionis praeſtatio] fließt theils aus der Natur der desfals geſchloſſenen Vertraͤge, beſonders des Kaufs, Tauſches und dem aͤhnlicher Er- werbsarten, theils wird ſie auch ausdruͤcklich mit be- dungen a].
Die durch rechtmaͤſſige Vertraͤge volzogenen Veraͤuſ- ſerungen der Nazionen ſind in der Regel unwiderruf- lich und koͤnnen nicht durch die Ausflucht unkraͤftig ge- macht werden, daß die Grundgeſetze des Staats ſolche nicht erlaubten, weil die ſo nothwendige Zuverlaͤſſig- keit der Vertraͤge dadurch verletzt werden wuͤrde. Wenn die Nazion, aus Noth oder Vortheil bewogen, zur Veraͤuſſerung ſich entſchließt, ſo entſagt ſie, wie Vat- telb] behauptet, ſogleich dieſem Grundgeſetze. Iſt aber der Regent allein, ohne Eiwilligung des Volks
hierzu
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Von Erlangung des Eigenthums von andern
*] Von dem Eigenthum bloſſer Privatguͤther ohne Ober-
herſchaft in dem Territorium eines andern Volks iſt hier
die Rede nicht, ſondern die Rechtmaͤſſigkeit oder Unſtatt-
haftigkeit deſſen Erwerbes und Beſitzes wird weiter unten
bemerklich gemacht werden. M. vergl. Ickſtatt L. III.
c. 3. §. 16. Schol. 2.
§. 28.
Rechte und Verbindlichkeiten a) des ver-
aͤuſſernden Volks;
Wenn beide Theile in den Bedingungen der Ver-
aͤuſſerung und des Erwerbes einig ſind, ſo muß ſchon
gedachtermaaſſen die veraͤuſſernde Nazion der andern,
wenn ſie die eingegangenen Verbindlichkeiten erfuͤlt hat,
vor allen Dingen den Beſitz einraͤumen, dieſelbe auch
dabey ſchuͤtzen, wenn das Land von andern in Anſpruch
genommen, und ſie ſchadlos halten, wenn es ihr wegen
aͤlterer Rechte darauf, gar entzogen werden ſolte.
Dieſe Gewaͤhrleiſtung [evictionis praeſtatio] fließt
theils aus der Natur der desfals geſchloſſenen Vertraͤge,
beſonders des Kaufs, Tauſches und dem aͤhnlicher Er-
werbsarten, theils wird ſie auch ausdruͤcklich mit be-
dungen a].
Die durch rechtmaͤſſige Vertraͤge volzogenen Veraͤuſ-
ſerungen der Nazionen ſind in der Regel unwiderruf-
lich und koͤnnen nicht durch die Ausflucht unkraͤftig ge-
macht werden, daß die Grundgeſetze des Staats ſolche
nicht erlaubten, weil die ſo nothwendige Zuverlaͤſſig-
keit der Vertraͤge dadurch verletzt werden wuͤrde. Wenn
die Nazion, aus Noth oder Vortheil bewogen, zur
Veraͤuſſerung ſich entſchließt, ſo entſagt ſie, wie Vat-
tel b] behauptet, ſogleich dieſem Grundgeſetze. Iſt
aber der Regent allein, ohne Eiwilligung des Volks
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/148>, abgerufen am 03.03.2025.
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