trift das Gleichgewicht von Teutschland mit dem Gleich- gewicht von ganz Europa zusammen, dessen Geschichte, so wie die zwischen den Ständen unter sich und mit aus- wärtigen Mächten deshalb geschlossenen Verträge schon oben [§. 10.] erzählt worden sind. Der dreissigiährige Krieg und daraufgefolgte westphälische Friede von 1648 machen die Hauptepochen im teutschen Gleichgewichte aus, und der leztere wird noch itzt als die Grundlage desselben betrachtet, worauf fast alle folgende Friedensschlüsse und Verträge im teutschen Reiche gebaut sind.
In Ansehung der neuern Zeiten heißt es in der oban- geführten fürtreflichen Abhandlung des Herrn Staats- ministers von Hertzbergg]: "Das Gleichgewicht von Teutschland wäre in dem Kriege, welcher 1756 unver- muthet sich entspann, in Gefahr gewesen, gänzlich zer- rüttet zu werden, wenn die preussische Monarchie von ihren Feinden vernichtet worden wäre. Zum Glück hielt der große König diesen Krieg sieben Jahr lang wider die vornehmsten Mächte von Europa aus, auf eine Art, die in der Geschichte ohne Beispiel ist, und das Gleichge- wicht von Teutschland ward durch den Frieden, welchen ich 1763 zu Hubertsburg nach Grundsätzen eines gerech- ten, dauerhaften und ehrenvollen Frieden, so wie man deshalb zuvor übereingekommen war, zu schliessen die Ehre hatte, wiederhergestelt.
Als das Kurhaus Baiern 1778 erlosch, schien das Gleichgewicht der Macht in Teutschland durch die An- sprüche, welche der Wiener Hof auf Nieder-Baiern machte, in Gefahr zu seyn. Der König von Preussen widersezte sich denselben als ein Mitstand des Reichs nicht nur, um das Erbfolgsrecht des Haufes Pfalz auf ganz Baiern zu behaupten, sondern auch, um das Gleichgewicht der Macht in Teutschland zu vertheidigen. Daraus entstand ein Krieg, den der Friedensschlus zu Teschen 1779 glücklich beendigte. Durch demselben
ward
und deren Gleichgewicht.
trift das Gleichgewicht von Teutſchland mit dem Gleich- gewicht von ganz Europa zuſammen, deſſen Geſchichte, ſo wie die zwiſchen den Staͤnden unter ſich und mit aus- waͤrtigen Maͤchten deshalb geſchloſſenen Vertraͤge ſchon oben [§. 10.] erzaͤhlt worden ſind. Der dreiſſigiaͤhrige Krieg und daraufgefolgte weſtphaͤliſche Friede von 1648 machen die Hauptepochen im teutſchen Gleichgewichte aus, und der leztere wird noch itzt als die Grundlage deſſelben betrachtet, worauf faſt alle folgende Friedensſchluͤſſe und Vertraͤge im teutſchen Reiche gebaut ſind.
In Anſehung der neuern Zeiten heißt es in der oban- gefuͤhrten fuͤrtreflichen Abhandlung des Herrn Staats- miniſters von Hertzbergg]: „Das Gleichgewicht von Teutſchland waͤre in dem Kriege, welcher 1756 unver- muthet ſich entſpann, in Gefahr geweſen, gaͤnzlich zer- ruͤttet zu werden, wenn die preuſſiſche Monarchie von ihren Feinden vernichtet worden waͤre. Zum Gluͤck hielt der große Koͤnig dieſen Krieg ſieben Jahr lang wider die vornehmſten Maͤchte von Europa aus, auf eine Art, die in der Geſchichte ohne Beiſpiel iſt, und das Gleichge- wicht von Teutſchland ward durch den Frieden, welchen ich 1763 zu Hubertsburg nach Grundſaͤtzen eines gerech- ten, dauerhaften und ehrenvollen Frieden, ſo wie man deshalb zuvor uͤbereingekommen war, zu ſchlieſſen die Ehre hatte, wiederhergeſtelt.
Als das Kurhaus Baiern 1778 erloſch, ſchien das Gleichgewicht der Macht in Teutſchland durch die An- ſpruͤche, welche der Wiener Hof auf Nieder-Baiern machte, in Gefahr zu ſeyn. Der Koͤnig von Preuſſen widerſezte ſich denſelben als ein Mitſtand des Reichs nicht nur, um das Erbfolgsrecht des Haufes Pfalz auf ganz Baiern zu behaupten, ſondern auch, um das Gleichgewicht der Macht in Teutſchland zu vertheidigen. Daraus entſtand ein Krieg, den der Friedensſchlus zu Teſchen 1779 gluͤcklich beendigte. Durch demſelben
ward
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0407"n="381"/><fwplace="top"type="header">und deren Gleichgewicht.</fw><lb/>
trift das Gleichgewicht von Teutſchland mit dem Gleich-<lb/>
gewicht von ganz Europa zuſammen, deſſen Geſchichte,<lb/>ſo wie die zwiſchen den Staͤnden unter ſich und mit aus-<lb/>
waͤrtigen Maͤchten deshalb geſchloſſenen Vertraͤge ſchon<lb/>
oben [§. 10.] erzaͤhlt worden ſind. Der dreiſſigiaͤhrige<lb/>
Krieg und daraufgefolgte weſtphaͤliſche Friede von 1648<lb/>
machen die Hauptepochen im teutſchen Gleichgewichte aus,<lb/>
und der leztere wird noch itzt als die Grundlage deſſelben<lb/>
betrachtet, worauf faſt alle folgende Friedensſchluͤſſe<lb/>
und Vertraͤge im teutſchen Reiche gebaut ſind.</p><lb/><p>In Anſehung der neuern Zeiten heißt es in der oban-<lb/>
gefuͤhrten fuͤrtreflichen Abhandlung des Herrn Staats-<lb/>
miniſters von <hirendition="#fr">Hertzberg</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#sup">g</hi></hi>]: „Das Gleichgewicht von<lb/>
Teutſchland waͤre in dem Kriege, welcher 1756 unver-<lb/>
muthet ſich entſpann, in Gefahr geweſen, gaͤnzlich zer-<lb/>
ruͤttet zu werden, wenn die preuſſiſche Monarchie von<lb/>
ihren Feinden vernichtet worden waͤre. Zum Gluͤck hielt<lb/>
der große Koͤnig dieſen Krieg ſieben Jahr lang wider die<lb/>
vornehmſten Maͤchte von Europa aus, auf eine Art, die<lb/>
in der Geſchichte ohne Beiſpiel iſt, und das Gleichge-<lb/>
wicht von Teutſchland ward durch den Frieden, welchen<lb/>
ich 1763 zu Hubertsburg nach Grundſaͤtzen eines gerech-<lb/>
ten, dauerhaften und ehrenvollen Frieden, ſo wie man<lb/>
deshalb zuvor uͤbereingekommen war, zu ſchlieſſen die<lb/>
Ehre hatte, wiederhergeſtelt.</p><lb/><p>Als das Kurhaus Baiern 1778 erloſch, ſchien das<lb/>
Gleichgewicht der Macht in Teutſchland durch die An-<lb/>ſpruͤche, welche der Wiener Hof auf Nieder-Baiern<lb/>
machte, in Gefahr zu ſeyn. Der Koͤnig von Preuſſen<lb/>
widerſezte ſich denſelben als ein Mitſtand des Reichs<lb/>
nicht nur, um das Erbfolgsrecht des Haufes Pfalz auf<lb/>
ganz Baiern zu behaupten, ſondern auch, um das<lb/>
Gleichgewicht der Macht in Teutſchland zu vertheidigen.<lb/>
Daraus entſtand ein Krieg, den der Friedensſchlus zu<lb/>
Teſchen 1779 gluͤcklich beendigte. Durch demſelben<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ward</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[381/0407]
und deren Gleichgewicht.
trift das Gleichgewicht von Teutſchland mit dem Gleich-
gewicht von ganz Europa zuſammen, deſſen Geſchichte,
ſo wie die zwiſchen den Staͤnden unter ſich und mit aus-
waͤrtigen Maͤchten deshalb geſchloſſenen Vertraͤge ſchon
oben [§. 10.] erzaͤhlt worden ſind. Der dreiſſigiaͤhrige
Krieg und daraufgefolgte weſtphaͤliſche Friede von 1648
machen die Hauptepochen im teutſchen Gleichgewichte aus,
und der leztere wird noch itzt als die Grundlage deſſelben
betrachtet, worauf faſt alle folgende Friedensſchluͤſſe
und Vertraͤge im teutſchen Reiche gebaut ſind.
In Anſehung der neuern Zeiten heißt es in der oban-
gefuͤhrten fuͤrtreflichen Abhandlung des Herrn Staats-
miniſters von Hertzberg g]: „Das Gleichgewicht von
Teutſchland waͤre in dem Kriege, welcher 1756 unver-
muthet ſich entſpann, in Gefahr geweſen, gaͤnzlich zer-
ruͤttet zu werden, wenn die preuſſiſche Monarchie von
ihren Feinden vernichtet worden waͤre. Zum Gluͤck hielt
der große Koͤnig dieſen Krieg ſieben Jahr lang wider die
vornehmſten Maͤchte von Europa aus, auf eine Art, die
in der Geſchichte ohne Beiſpiel iſt, und das Gleichge-
wicht von Teutſchland ward durch den Frieden, welchen
ich 1763 zu Hubertsburg nach Grundſaͤtzen eines gerech-
ten, dauerhaften und ehrenvollen Frieden, ſo wie man
deshalb zuvor uͤbereingekommen war, zu ſchlieſſen die
Ehre hatte, wiederhergeſtelt.
Als das Kurhaus Baiern 1778 erloſch, ſchien das
Gleichgewicht der Macht in Teutſchland durch die An-
ſpruͤche, welche der Wiener Hof auf Nieder-Baiern
machte, in Gefahr zu ſeyn. Der Koͤnig von Preuſſen
widerſezte ſich denſelben als ein Mitſtand des Reichs
nicht nur, um das Erbfolgsrecht des Haufes Pfalz auf
ganz Baiern zu behaupten, ſondern auch, um das
Gleichgewicht der Macht in Teutſchland zu vertheidigen.
Daraus entſtand ein Krieg, den der Friedensſchlus zu
Teſchen 1779 gluͤcklich beendigte. Durch demſelben
ward
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/407>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.