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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von der ursprünglichen Gleichheit
schen und Ryßwickschen Friedenskongressen einige Vorzüge
zu erhalten gesucht, und in manchen Stücken auch würk-
lich erlangt.

Die heftigsten Widersprüche wurden dieser Krone,
wie im vorhergehenden §. gedacht, von Spanien erregt,
denen aber Frankreich nebst dem Alter der Monarchie,
Papst Julius II. Rangordnung und die von den Päpsten
erhaltenen Titel eines erstgebohrnen Sohnes der
Kirche
und des allerchristlichsten entgegensetzte. Den
angeblichen spanischen Besitz unter Kaiser Karl V. suchte
es durch das Vorgeben zu zernichten, daß den Gesandten
nicht in Rücksicht des Königreichs Spanien, sondern
der kaiserlichen Würde der Vorrang eingestanden worden
sey, und dieses, nach deren Wegfall aufgehört habe.
Man bezog sich vielmehr selbst auf den Besitz von undenk-
lichen Jahren, besonders auf den Kirchenversamlungen;
wogegen aber Spanien wiederum manches erinnerte.
Da kein Theil nachgeben wolte, so kam es zwischen den
Gesandten öfters zu Streitigkeiten, besonders 1555 zu
Venedig, 1558 zu Rom, 1563 und 64 zu Trident,
1657 zu Frankfurt, 1663 zu Koppenhagen c].

Am merkwürdigsten ist der oben schon erwähnte Vor-
fall zu London 1661 beim Einzuge des schwedischen Ge-
sandten Grafen von Brahe. Frankreich fand sich dadurch
äusserst beleidigt und der König von Spanien sah sich ge-
nöthigt, um unangenehmern Folgen vorzubeugen, durch
einen ausserordentlichen Gesandten, den Marqvis de la
Fuente
eine öffentliche Erklärung deshalb am französischen
Hofe zu thun. Sie wurde anfangs schriftlich verlangt,
man begnügte sich aber nachher mit der mündlichen.
Der Marqvis de la Fuente muste solche am 24. März
1662 in Gegenwart vieler französischen Prinzen vom Ge-
blüte und des ganzen Corps Diplomatique ablegen und
der König von Frankreich ließ sie durch Notarien auf-
zeichnen. Der Hauptinhalt ging dahin; que le roi d'

Espagne

Von der urſpruͤnglichen Gleichheit
ſchen und Ryßwickſchen Friedenskongreſſen einige Vorzuͤge
zu erhalten geſucht, und in manchen Stuͤcken auch wuͤrk-
lich erlangt.

Die heftigſten Widerſpruͤche wurden dieſer Krone,
wie im vorhergehenden §. gedacht, von Spanien erregt,
denen aber Frankreich nebſt dem Alter der Monarchie,
Papſt Julius II. Rangordnung und die von den Paͤpſten
erhaltenen Titel eines erſtgebohrnen Sohnes der
Kirche
und des allerchriſtlichſten entgegenſetzte. Den
angeblichen ſpaniſchen Beſitz unter Kaiſer Karl V. ſuchte
es durch das Vorgeben zu zernichten, daß den Geſandten
nicht in Ruͤckſicht des Koͤnigreichs Spanien, ſondern
der kaiſerlichen Wuͤrde der Vorrang eingeſtanden worden
ſey, und dieſes, nach deren Wegfall aufgehoͤrt habe.
Man bezog ſich vielmehr ſelbſt auf den Beſitz von undenk-
lichen Jahren, beſonders auf den Kirchenverſamlungen;
wogegen aber Spanien wiederum manches erinnerte.
Da kein Theil nachgeben wolte, ſo kam es zwiſchen den
Geſandten oͤfters zu Streitigkeiten, beſonders 1555 zu
Venedig, 1558 zu Rom, 1563 und 64 zu Trident,
1657 zu Frankfurt, 1663 zu Koppenhagen c].

Am merkwuͤrdigſten iſt der oben ſchon erwaͤhnte Vor-
fall zu London 1661 beim Einzuge des ſchwediſchen Ge-
ſandten Grafen von Brahe. Frankreich fand ſich dadurch
aͤuſſerſt beleidigt und der Koͤnig von Spanien ſah ſich ge-
noͤthigt, um unangenehmern Folgen vorzubeugen, durch
einen auſſerordentlichen Geſandten, den Marqvis de la
Fuente
eine oͤffentliche Erklaͤrung deshalb am franzoͤſiſchen
Hofe zu thun. Sie wurde anfangs ſchriftlich verlangt,
man begnuͤgte ſich aber nachher mit der muͤndlichen.
Der Marqvis de la Fuente muſte ſolche am 24. Maͤrz
1662 in Gegenwart vieler franzoͤſiſchen Prinzen vom Ge-
bluͤte und des ganzen Corps Diplomatique ablegen und
der Koͤnig von Frankreich ließ ſie durch Notarien auf-
zeichnen. Der Hauptinhalt ging dahin; que le roi d’

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[232/0258] Von der urſpruͤnglichen Gleichheit ſchen und Ryßwickſchen Friedenskongreſſen einige Vorzuͤge zu erhalten geſucht, und in manchen Stuͤcken auch wuͤrk- lich erlangt. Die heftigſten Widerſpruͤche wurden dieſer Krone, wie im vorhergehenden §. gedacht, von Spanien erregt, denen aber Frankreich nebſt dem Alter der Monarchie, Papſt Julius II. Rangordnung und die von den Paͤpſten erhaltenen Titel eines erſtgebohrnen Sohnes der Kirche und des allerchriſtlichſten entgegenſetzte. Den angeblichen ſpaniſchen Beſitz unter Kaiſer Karl V. ſuchte es durch das Vorgeben zu zernichten, daß den Geſandten nicht in Ruͤckſicht des Koͤnigreichs Spanien, ſondern der kaiſerlichen Wuͤrde der Vorrang eingeſtanden worden ſey, und dieſes, nach deren Wegfall aufgehoͤrt habe. Man bezog ſich vielmehr ſelbſt auf den Beſitz von undenk- lichen Jahren, beſonders auf den Kirchenverſamlungen; wogegen aber Spanien wiederum manches erinnerte. Da kein Theil nachgeben wolte, ſo kam es zwiſchen den Geſandten oͤfters zu Streitigkeiten, beſonders 1555 zu Venedig, 1558 zu Rom, 1563 und 64 zu Trident, 1657 zu Frankfurt, 1663 zu Koppenhagen c]. Am merkwuͤrdigſten iſt der oben ſchon erwaͤhnte Vor- fall zu London 1661 beim Einzuge des ſchwediſchen Ge- ſandten Grafen von Brahe. Frankreich fand ſich dadurch aͤuſſerſt beleidigt und der Koͤnig von Spanien ſah ſich ge- noͤthigt, um unangenehmern Folgen vorzubeugen, durch einen auſſerordentlichen Geſandten, den Marqvis de la Fuente eine oͤffentliche Erklaͤrung deshalb am franzoͤſiſchen Hofe zu thun. Sie wurde anfangs ſchriftlich verlangt, man begnuͤgte ſich aber nachher mit der muͤndlichen. Der Marqvis de la Fuente muſte ſolche am 24. Maͤrz 1662 in Gegenwart vieler franzoͤſiſchen Prinzen vom Ge- bluͤte und des ganzen Corps Diplomatique ablegen und der Koͤnig von Frankreich ließ ſie durch Notarien auf- zeichnen. Der Hauptinhalt ging dahin; que le roi d’ Eſpagne

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/258>, abgerufen am 24.11.2024.