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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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und dem eingeführten Range der Nazionen.

Frankreich will, ausser dem teutschen Reiche, kei-
nem, also auch Portugal nicht weichen.

Der heftigste Streit war mit England. Portugal
führte die Rangordnung Papst Julius II. von 1504 für
sich an. England aber setzte das Alter der königlichen
Würde, seine Herschaft über drei Königreiche, die rühm-
lichen Thaten der Nazion und das größere Ansehn dersel-
ben bey den übrigen Mächten in Europa dagegen. Als
Portugal 1763 dem Pariser Frieden zwischen Frankreich
und Grosbritannien beitrat, wurde in den Beitritsur-
kunden unter diesen drey Kronen zwar gewechselt, doch
muste Portugal unterm 10ten Februar eine besondere
Erklärung ausstellen a], daß es diese Abwechselung blos
für eine Nachgiebigkeit Grosbritanniens und Frankreichs
zu Beschleunigung des Friedens erkenne, und solche gegen
diese künftig zu keinem Beispiele anführen, noch unter
einigerley Vorwand irgend einen Anspruch daraus herlei-
ten wolle.

Der Krone Spanien soll Portugal, dem Verneh-
men nach, den Rang willig zugestehn b].

Mit Pohlen hatte es ehedem selten Gelegenheit zu
Rangstreitigkeiten. Den Vorfall zwischen den beidersei-
tigen Gesandten in der Kirche habe ich schon oben berührt.
Auf der Tridentinischen Kirchenversamlung wurden die
pohlnischen Anmassungen durch den Papst zum Vorteil
Portugals entschieden.

a] Mosers Beiträge zum europ. V. R. in Friedenszeiten.
1. B. 2. K. §. 6. S. 43.
b] Ebendesselben Grundsätze des e. V. R. in Friedensz. 1. B.
5. K. §. 22.
*] Crusius, L. III. c. 7. p. 488. Stosch, S. 447. Zwan-
zig
, 1. Th. Tit. 10. Stiev, S. 123. Roußet, c. XII.
p.
69.
§. 21.
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und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen.

Frankreich will, auſſer dem teutſchen Reiche, kei-
nem, alſo auch Portugal nicht weichen.

Der heftigſte Streit war mit England. Portugal
fuͤhrte die Rangordnung Papſt Julius II. von 1504 fuͤr
ſich an. England aber ſetzte das Alter der koͤniglichen
Wuͤrde, ſeine Herſchaft uͤber drei Koͤnigreiche, die ruͤhm-
lichen Thaten der Nazion und das groͤßere Anſehn derſel-
ben bey den uͤbrigen Maͤchten in Europa dagegen. Als
Portugal 1763 dem Pariſer Frieden zwiſchen Frankreich
und Grosbritannien beitrat, wurde in den Beitritsur-
kunden unter dieſen drey Kronen zwar gewechſelt, doch
muſte Portugal unterm 10ten Februar eine beſondere
Erklaͤrung ausſtellen a], daß es dieſe Abwechſelung blos
fuͤr eine Nachgiebigkeit Grosbritanniens und Frankreichs
zu Beſchleunigung des Friedens erkenne, und ſolche gegen
dieſe kuͤnftig zu keinem Beiſpiele anfuͤhren, noch unter
einigerley Vorwand irgend einen Anſpruch daraus herlei-
ten wolle.

Der Krone Spanien ſoll Portugal, dem Verneh-
men nach, den Rang willig zugeſtehn b].

Mit Pohlen hatte es ehedem ſelten Gelegenheit zu
Rangſtreitigkeiten. Den Vorfall zwiſchen den beiderſei-
tigen Geſandten in der Kirche habe ich ſchon oben beruͤhrt.
Auf der Tridentiniſchen Kirchenverſamlung wurden die
pohlniſchen Anmaſſungen durch den Papſt zum Vorteil
Portugals entſchieden.

a] Moſers Beitraͤge zum europ. V. R. in Friedenszeiten.
1. B. 2. K. §. 6. S. 43.
b] Ebendeſſelben Grundſaͤtze des e. V. R. in Friedensz. 1. B.
5. K. §. 22.
*] Cruſius, L. III. c. 7. p. 488. Stoſch, S. 447. Zwan-
zig
, 1. Th. Tit. 10. Stiev, S. 123. Roußet, c. XII.
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[229/0255] und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen. Frankreich will, auſſer dem teutſchen Reiche, kei- nem, alſo auch Portugal nicht weichen. Der heftigſte Streit war mit England. Portugal fuͤhrte die Rangordnung Papſt Julius II. von 1504 fuͤr ſich an. England aber ſetzte das Alter der koͤniglichen Wuͤrde, ſeine Herſchaft uͤber drei Koͤnigreiche, die ruͤhm- lichen Thaten der Nazion und das groͤßere Anſehn derſel- ben bey den uͤbrigen Maͤchten in Europa dagegen. Als Portugal 1763 dem Pariſer Frieden zwiſchen Frankreich und Grosbritannien beitrat, wurde in den Beitritsur- kunden unter dieſen drey Kronen zwar gewechſelt, doch muſte Portugal unterm 10ten Februar eine beſondere Erklaͤrung ausſtellen a], daß es dieſe Abwechſelung blos fuͤr eine Nachgiebigkeit Grosbritanniens und Frankreichs zu Beſchleunigung des Friedens erkenne, und ſolche gegen dieſe kuͤnftig zu keinem Beiſpiele anfuͤhren, noch unter einigerley Vorwand irgend einen Anſpruch daraus herlei- ten wolle. Der Krone Spanien ſoll Portugal, dem Verneh- men nach, den Rang willig zugeſtehn b]. Mit Pohlen hatte es ehedem ſelten Gelegenheit zu Rangſtreitigkeiten. Den Vorfall zwiſchen den beiderſei- tigen Geſandten in der Kirche habe ich ſchon oben beruͤhrt. Auf der Tridentiniſchen Kirchenverſamlung wurden die pohlniſchen Anmaſſungen durch den Papſt zum Vorteil Portugals entſchieden. a] Moſers Beitraͤge zum europ. V. R. in Friedenszeiten. 1. B. 2. K. §. 6. S. 43. b] Ebendeſſelben Grundſaͤtze des e. V. R. in Friedensz. 1. B. 5. K. §. 22. *] Cruſius, L. III. c. 7. p. 488. Stoſch, S. 447. Zwan- zig, 1. Th. Tit. 10. Stiev, S. 123. Roußet, c. XII. p. 69. §. 21. P 3

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/255>, abgerufen am 24.11.2024.