Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.Von den geselschaftlichen Verbindungen digen Gesandschaften, gewisse algemeine angenommeneGrundsätze bey entstehenden Kriegen unter einander etc. Es ist daher kaum zu bezweifeln, daß die europäischen Nazionen, ihres gemeinschaftlichen Interesse wegen, zu Beobachtung des geselschaftlichen oder freiwilligen Völ- kerrechts verbunden sind c]. Selbst die Vorschriften der christlichen Religion, zu der sie, ausser der Pforte, alle sich bekennen, thun in ihrer Maaße hierbey das ihrige. Dieses gemeinschaftliche Interesse und geselschaftliche a] Der Etatsrath Moser sagt in seinem Europ. Völkerrecht in Friedenszeiten 1. B. 1. K. §. 1. Die europäischen Nazionen stünden an und für sich ausser aller Verbin- dung; iedoch hätten ihre natürliche Lage, die den meisten gemeinschaftliche christliche Religion und die Vorsorge für ihre Aufrechterhaltung gegen die Uebermacht anderer, eine gewisse Art von Verbindung unter ihnen eingeführt, und in dem Versuche 1. B. 1. C. §. 14. S. 33. sie wären in keiner völligen und eigentlichen Verbindung, iedoch in einer freiwilligen mehreren, als alle andere Staaten der übrigen Welttheile. Wenn er damit so viel sagen will, daß die europäischen Nazionen weder von Natur zur Gesel- schaft verbunden, noch in einen einigen Staatskörper, wo gewisse Regierungsgegenstände von gemeinschaftlicher Ent- schließung abhangen, vereinigt sind, wohl aber in einer freiwilligen durch das gemeinschaftliche Interesse erzeugten gleichen Verbindung stehn, so pflichte ich ihm volkommen bey; ausserdem scheinen mir diese Ausdrücke etwas dunkel. b]
Von den geſelſchaftlichen Verbindungen digen Geſandſchaften, gewiſſe algemeine angenommeneGrundſaͤtze bey entſtehenden Kriegen unter einander ꝛc. Es iſt daher kaum zu bezweifeln, daß die europaͤiſchen Nazionen, ihres gemeinſchaftlichen Intereſſe wegen, zu Beobachtung des geſelſchaftlichen oder freiwilligen Voͤl- kerrechts verbunden ſind c]. Selbſt die Vorſchriften der chriſtlichen Religion, zu der ſie, auſſer der Pforte, alle ſich bekennen, thun in ihrer Maaße hierbey das ihrige. Dieſes gemeinſchaftliche Intereſſe und geſelſchaftliche a] Der Etatsrath Moſer ſagt in ſeinem Europ. Voͤlkerrecht in Friedenszeiten 1. B. 1. K. §. 1. Die europaͤiſchen Nazionen ſtuͤnden an und fuͤr ſich auſſer aller Verbin- dung; iedoch haͤtten ihre natuͤrliche Lage, die den meiſten gemeinſchaftliche chriſtliche Religion und die Vorſorge fuͤr ihre Aufrechterhaltung gegen die Uebermacht anderer, eine gewiſſe Art von Verbindung unter ihnen eingefuͤhrt, und in dem Verſuche 1. B. 1. C. §. 14. S. 33. ſie waͤren in keiner voͤlligen und eigentlichen Verbindung, iedoch in einer freiwilligen mehreren, als alle andere Staaten der uͤbrigen Welttheile. Wenn er damit ſo viel ſagen will, daß die europaͤiſchen Nazionen weder von Natur zur Geſel- ſchaft verbunden, noch in einen einigen Staatskoͤrper, wo gewiſſe Regierungsgegenſtaͤnde von gemeinſchaftlicher Ent- ſchließung abhangen, vereinigt ſind, wohl aber in einer freiwilligen durch das gemeinſchaftliche Intereſſe erzeugten gleichen Verbindung ſtehn, ſo pflichte ich ihm volkommen bey; auſſerdem ſcheinen mir dieſe Ausdruͤcke etwas dunkel. b]
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Von den geſelſchaftlichen Verbindungen
digen Geſandſchaften, gewiſſe algemeine angenommene
Grundſaͤtze bey entſtehenden Kriegen unter einander ꝛc.
Es iſt daher kaum zu bezweifeln, daß die europaͤiſchen
Nazionen, ihres gemeinſchaftlichen Intereſſe wegen, zu
Beobachtung des geſelſchaftlichen oder freiwilligen Voͤl-
kerrechts verbunden ſind c]. Selbſt die Vorſchriften der
chriſtlichen Religion, zu der ſie, auſſer der Pforte, alle
ſich bekennen, thun in ihrer Maaße hierbey das ihrige.
Dieſes gemeinſchaftliche Intereſſe und geſelſchaftliche
Band wird unter denen Voͤlkern allerdings ſichtlicher,
welche an einander grenzen, oder an der See liegen, und
dadurch mehr Gelegenheit haben mit den uͤbrigen Glie-
dern durch Handlung, Krieg und andere Vorfallenheiten
zuſammenzutreffen. Nur muß man bey dieſer Verbind-
ung kein eigentliches Staatenſyſtem, das eine Art ge-
meinſchaftlichen Oberhaupts haͤtte, ſondern lediglich eine
gleiche Geſelſchaft annehmen.
a] Der Etatsrath Moſer ſagt in ſeinem Europ. Voͤlkerrecht
in Friedenszeiten 1. B. 1. K. §. 1. Die europaͤiſchen
Nazionen ſtuͤnden an und fuͤr ſich auſſer aller Verbin-
dung; iedoch haͤtten ihre natuͤrliche Lage, die den meiſten
gemeinſchaftliche chriſtliche Religion und die Vorſorge fuͤr
ihre Aufrechterhaltung gegen die Uebermacht anderer, eine
gewiſſe Art von Verbindung unter ihnen eingefuͤhrt,
und in dem Verſuche 1. B. 1. C. §. 14. S. 33. ſie waͤren
in keiner voͤlligen und eigentlichen Verbindung, iedoch
in einer freiwilligen mehreren, als alle andere Staaten der
uͤbrigen Welttheile. Wenn er damit ſo viel ſagen will,
daß die europaͤiſchen Nazionen weder von Natur zur Geſel-
ſchaft verbunden, noch in einen einigen Staatskoͤrper, wo
gewiſſe Regierungsgegenſtaͤnde von gemeinſchaftlicher Ent-
ſchließung abhangen, vereinigt ſind, wohl aber in einer
freiwilligen durch das gemeinſchaftliche Intereſſe erzeugten
gleichen Verbindung ſtehn, ſo pflichte ich ihm volkommen
bey; auſſerdem ſcheinen mir dieſe Ausdruͤcke etwas dunkel.
b]
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