Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Von den souverainen Staaten überhaupt,
grund für die Unterwürfigkeit der Reichsstände hernehmen,
so gar überwiegend nicht zu seyn. Sie war in den ältern
Zeiten auch bey andern gleichwohl souverainen lehnbaren
Reichen nicht ungewönlich. Der Eid, welchen z. B.
König Peter von Arragonien, als ein Vasall des Papsts
1204 ablegte, lautete also: Ego Petrus Rex Arragonum
polliceor quod semper fidelis ero et obediens domino
meo papae Innocentio etc. Oderic. Raynaldus in
Annal. eccles. ad an.
1204. §. 72. 73. Von den ver-
schiedenen Arten der ehemaligen Huldigungs- und Vasallen-
pflicht giebt Real Science du Gouvern. T. IV. C. II
Sect. III.
§. 20. eine ziemlich ausführliche Nachricht.
f] Real l. c. Mosers auswärtiges Staatsrecht, 5. B. 3. K.
§. 27. S. 415.
§. 39.
Vereinigung mehrerer souverainen Staa-
ten unter einen Regenten
.

Es können auch mehrere souveraine unabhängige
Staaten, ohne Abbruch ihrer Souverainetät, durch
Heirath, Erbschaft, Wahl, Eroberung und andere We-
ge unter einen Regenten vereinigt werden, wenn ieder
nur seine eigne Regierungsverfassung behält und einer
dem andern nicht einverleibt wird. Zwar kan im Rei-
che der Natur ein Haupt nicht mehrere besondere Körper
beseelen, wohl aber kan ein Regent, nach verschiedenen
Gesichtspunkten betrachtet, mehrern moralischen Gesel-
schaften vorstehn, ohne daß sie deswegen von einander
abhängig würden. Jede Nazion ist in diesem Falle ohn-
streitig für einen besondern Staat anzusehn, und der
Regent, nach dem Unterschied seiner Handlungen, als
Souverain dieses oder ienes Staats zu beurteilen. Die
Unabhängigkeit zeigt sich hauptsächlich auch beym Abster-

ben
Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt,
grund fuͤr die Unterwuͤrfigkeit der Reichsſtaͤnde hernehmen,
ſo gar uͤberwiegend nicht zu ſeyn. Sie war in den aͤltern
Zeiten auch bey andern gleichwohl ſouverainen lehnbaren
Reichen nicht ungewoͤnlich. Der Eid, welchen z. B.
Koͤnig Peter von Arragonien, als ein Vaſall des Papſts
1204 ablegte, lautete alſo: Ego Petrus Rex Arragonum
polliceor quod ſemper fidelis ero et obediens domino
meo papae Innocentio etc. Oderic. Raynaldus in
Annal. eccleſ. ad an.
1204. §. 72. 73. Von den ver-
ſchiedenen Arten der ehemaligen Huldigungs- und Vaſallen-
pflicht giebt Real Science du Gouvern. T. IV. C. II
Sect. III.
§. 20. eine ziemlich ausfuͤhrliche Nachricht.
f] Real l. c. Moſers auswaͤrtiges Staatsrecht, 5. B. 3. K.
§. 27. S. 415.
§. 39.
Vereinigung mehrerer ſouverainen Staa-
ten unter einen Regenten
.

Es koͤnnen auch mehrere ſouveraine unabhaͤngige
Staaten, ohne Abbruch ihrer Souverainetaͤt, durch
Heirath, Erbſchaft, Wahl, Eroberung und andere We-
ge unter einen Regenten vereinigt werden, wenn ieder
nur ſeine eigne Regierungsverfaſſung behaͤlt und einer
dem andern nicht einverleibt wird. Zwar kan im Rei-
che der Natur ein Haupt nicht mehrere beſondere Koͤrper
beſeelen, wohl aber kan ein Regent, nach verſchiedenen
Geſichtspunkten betrachtet, mehrern moraliſchen Geſel-
ſchaften vorſtehn, ohne daß ſie deswegen von einander
abhaͤngig wuͤrden. Jede Nazion iſt in dieſem Falle ohn-
ſtreitig fuͤr einen beſondern Staat anzuſehn, und der
Regent, nach dem Unterſchied ſeiner Handlungen, als
Souverain dieſes oder ienes Staats zu beurteilen. Die
Unabhaͤngigkeit zeigt ſich hauptſaͤchlich auch beym Abſter-

ben
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <note place="end" n="e]"><pb facs="#f0164" n="138"/><fw place="top" type="header">Von den &#x017F;ouverainen Staaten u&#x0364;berhaupt,</fw><lb/>
grund fu&#x0364;r die Unterwu&#x0364;rfigkeit der Reichs&#x017F;ta&#x0364;nde hernehmen,<lb/>
&#x017F;o gar u&#x0364;berwiegend nicht zu &#x017F;eyn. Sie war in den a&#x0364;ltern<lb/>
Zeiten auch bey andern gleichwohl &#x017F;ouverainen lehnbaren<lb/>
Reichen nicht ungewo&#x0364;nlich. Der Eid, welchen z. B.<lb/>
Ko&#x0364;nig Peter von Arragonien, als ein Va&#x017F;all des Pap&#x017F;ts<lb/>
1204 ablegte, lautete al&#x017F;o: <hi rendition="#aq">Ego Petrus Rex Arragonum<lb/>
polliceor quod &#x017F;emper <hi rendition="#i">fidelis ero et obediens domino</hi><lb/>
meo papae Innocentio etc. Oderic. <hi rendition="#i">Raynaldus</hi> in<lb/>
Annal. eccle&#x017F;. ad an.</hi> 1204. §. 72. 73. Von den ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Arten der ehemaligen Huldigungs- und Va&#x017F;allen-<lb/>
pflicht giebt <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Real</hi> Science du Gouvern. T. IV. C. II<lb/>
Sect. III.</hi> §. 20. eine ziemlich ausfu&#x0364;hrliche Nachricht.</note><lb/>
            <note place="end" n="f]"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Real</hi> l. c.</hi> Mo&#x017F;ers auswa&#x0364;rtiges Staatsrecht, 5. B. 3. K.<lb/>
§. 27. S. 415.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 39.<lb/><hi rendition="#g">Vereinigung mehrerer &#x017F;ouverainen Staa-<lb/>
ten unter einen Regenten</hi>.</head><lb/>
            <p>Es ko&#x0364;nnen auch mehrere &#x017F;ouveraine unabha&#x0364;ngige<lb/>
Staaten, ohne Abbruch ihrer Souveraineta&#x0364;t, durch<lb/>
Heirath, Erb&#x017F;chaft, Wahl, Eroberung und andere We-<lb/>
ge unter einen Regenten vereinigt werden, wenn ieder<lb/>
nur &#x017F;eine eigne Regierungsverfa&#x017F;&#x017F;ung beha&#x0364;lt und einer<lb/>
dem andern nicht einverleibt wird. Zwar kan im Rei-<lb/>
che der Natur ein Haupt nicht mehrere be&#x017F;ondere Ko&#x0364;rper<lb/>
be&#x017F;eelen, wohl aber kan ein Regent, nach ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Ge&#x017F;ichtspunkten betrachtet, mehrern morali&#x017F;chen Ge&#x017F;el-<lb/>
&#x017F;chaften vor&#x017F;tehn, ohne daß &#x017F;ie deswegen von einander<lb/>
abha&#x0364;ngig wu&#x0364;rden. Jede Nazion i&#x017F;t in die&#x017F;em Falle ohn-<lb/>
&#x017F;treitig fu&#x0364;r einen be&#x017F;ondern Staat anzu&#x017F;ehn, und der<lb/>
Regent, nach dem Unter&#x017F;chied &#x017F;einer Handlungen, als<lb/>
Souverain die&#x017F;es oder ienes Staats zu beurteilen. Die<lb/>
Unabha&#x0364;ngigkeit zeigt &#x017F;ich haupt&#x017F;a&#x0364;chlich auch beym Ab&#x017F;ter-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ben</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0164] Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt, e] grund fuͤr die Unterwuͤrfigkeit der Reichsſtaͤnde hernehmen, ſo gar uͤberwiegend nicht zu ſeyn. Sie war in den aͤltern Zeiten auch bey andern gleichwohl ſouverainen lehnbaren Reichen nicht ungewoͤnlich. Der Eid, welchen z. B. Koͤnig Peter von Arragonien, als ein Vaſall des Papſts 1204 ablegte, lautete alſo: Ego Petrus Rex Arragonum polliceor quod ſemper fidelis ero et obediens domino meo papae Innocentio etc. Oderic. Raynaldus in Annal. eccleſ. ad an. 1204. §. 72. 73. Von den ver- ſchiedenen Arten der ehemaligen Huldigungs- und Vaſallen- pflicht giebt Real Science du Gouvern. T. IV. C. II Sect. III. §. 20. eine ziemlich ausfuͤhrliche Nachricht. f] Real l. c. Moſers auswaͤrtiges Staatsrecht, 5. B. 3. K. §. 27. S. 415. §. 39. Vereinigung mehrerer ſouverainen Staa- ten unter einen Regenten. Es koͤnnen auch mehrere ſouveraine unabhaͤngige Staaten, ohne Abbruch ihrer Souverainetaͤt, durch Heirath, Erbſchaft, Wahl, Eroberung und andere We- ge unter einen Regenten vereinigt werden, wenn ieder nur ſeine eigne Regierungsverfaſſung behaͤlt und einer dem andern nicht einverleibt wird. Zwar kan im Rei- che der Natur ein Haupt nicht mehrere beſondere Koͤrper beſeelen, wohl aber kan ein Regent, nach verſchiedenen Geſichtspunkten betrachtet, mehrern moraliſchen Geſel- ſchaften vorſtehn, ohne daß ſie deswegen von einander abhaͤngig wuͤrden. Jede Nazion iſt in dieſem Falle ohn- ſtreitig fuͤr einen beſondern Staat anzuſehn, und der Regent, nach dem Unterſchied ſeiner Handlungen, als Souverain dieſes oder ienes Staats zu beurteilen. Die Unabhaͤngigkeit zeigt ſich hauptſaͤchlich auch beym Abſter- ben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/164
Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/164>, abgerufen am 22.12.2024.