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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von den souverainen Staaten überhaupt,
hauptsächlich dem westphälischen Frieden zu danken. Die
ehemaligen gleichbedeutenden Benennungen waren: Lan-
desobrigkeit, Landesfürstliche Obrigkeit, Ober-
herlichkeit, Oberbothmäßigkeit, Hoheit
, lat. ban-
num, omnimoda jurisdictio, merum et mixtum imperium,
regalia,
auch superioritas etc. Nach der Meinung des
Leibnitz und einiger Andrer soll der Ausdruck: superiori-
tas territorialis
eins seyn mit der Souverainetät. Hoc
quod nos vocamus superioritatem territorialem,
sagt Er-
sterer [in Caes. Fürstenerio de suprem. c. X.] idem cum
eo eße videtur, quod Galli etiam vocant la souverainete
etc.
Aus triftigern Gründen aber behauptet Thoma-
sius
g], daß man zuweilen fälschlich einen Unterschied
zwischen superioritas und superioritas territorialis mache,
wenn man unter ersterer die Souverainetät, unter letzte-
rer aber nur die Landeshoheit verstehen wolle; weil der
Zusatz: territorialis die Sache keinesweges verringere,
beyde Ausdrücke auch im westphälischen Frieden ohne
Unterschied von den Reichsständen gebraucht würden.

B. Der Begrif der Landeshoheit wird von den
Staatsrechtslehrern gar verschieden angenommen, je
nachdem sie die Souverainetät der Reichsstände mehr
oder weniger begünstigen. Der Reichsverfassung am
gemäßesten wird die Landeshoheit als der Inbegrif aller
Regierungsrechte beschrieben, welche ein Reichsstand,
gleich andern Souverainen, zum Wohl seiner Lande und
Unterthanen ausüben kan, insofern er durch die Reichs-
oder Landesgrundgesetze darin nicht eingeschränkt ist. Sie
enthält im Grunde alle Gerechtsame der Souverainetät,
nur daß solche der Reichsverbindung zum Nachtheil und
den Grundgesetzen des Reichs zuwider nicht ausgeübt
werden dürfen. Jedoch ist diese Landeshoheit, nach des
Herrn Etatsrath Mosers Erinnerung, von der wahren
Souverainetät noch weit unterschieden h].

C.

Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt,
hauptſaͤchlich dem weſtphaͤliſchen Frieden zu danken. Die
ehemaligen gleichbedeutenden Benennungen waren: Lan-
desobrigkeit, Landesfuͤrſtliche Obrigkeit, Ober-
herlichkeit, Oberbothmaͤßigkeit, Hoheit
, lat. ban-
num, omnimoda jurisdictio, merum et mixtum imperium,
regalia,
auch ſuperioritas etc. Nach der Meinung des
Leibnitz und einiger Andrer ſoll der Ausdruck: ſuperiori-
tas territorialis
eins ſeyn mit der Souverainetaͤt. Hoc
quod nos vocamus ſuperioritatem territorialem,
ſagt Er-
ſterer [in Caeſ. Fürſtenerio de ſuprem. c. X.] idem cum
eo eße videtur, quod Galli etiam vocant la ſouveraineté
etc.
Aus triftigern Gruͤnden aber behauptet Thoma-
ſius
g], daß man zuweilen faͤlſchlich einen Unterſchied
zwiſchen ſuperioritas und ſuperioritas territorialis mache,
wenn man unter erſterer die Souverainetaͤt, unter letzte-
rer aber nur die Landeshoheit verſtehen wolle; weil der
Zuſatz: territorialis die Sache keinesweges verringere,
beyde Ausdruͤcke auch im weſtphaͤliſchen Frieden ohne
Unterſchied von den Reichsſtaͤnden gebraucht wuͤrden.

B. Der Begrif der Landeshoheit wird von den
Staatsrechtslehrern gar verſchieden angenommen, je
nachdem ſie die Souverainetaͤt der Reichsſtaͤnde mehr
oder weniger beguͤnſtigen. Der Reichsverfaſſung am
gemaͤßeſten wird die Landeshoheit als der Inbegrif aller
Regierungsrechte beſchrieben, welche ein Reichsſtand,
gleich andern Souverainen, zum Wohl ſeiner Lande und
Unterthanen ausuͤben kan, inſofern er durch die Reichs-
oder Landesgrundgeſetze darin nicht eingeſchraͤnkt iſt. Sie
enthaͤlt im Grunde alle Gerechtſame der Souverainetaͤt,
nur daß ſolche der Reichsverbindung zum Nachtheil und
den Grundgeſetzen des Reichs zuwider nicht ausgeuͤbt
werden duͤrfen. Jedoch iſt dieſe Landeshoheit, nach des
Herrn Etatsrath Moſers Erinnerung, von der wahren
Souverainetaͤt noch weit unterſchieden h].

C.
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[124/0150] Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt, hauptſaͤchlich dem weſtphaͤliſchen Frieden zu danken. Die ehemaligen gleichbedeutenden Benennungen waren: Lan- desobrigkeit, Landesfuͤrſtliche Obrigkeit, Ober- herlichkeit, Oberbothmaͤßigkeit, Hoheit, lat. ban- num, omnimoda jurisdictio, merum et mixtum imperium, regalia, auch ſuperioritas etc. Nach der Meinung des Leibnitz und einiger Andrer ſoll der Ausdruck: ſuperiori- tas territorialis eins ſeyn mit der Souverainetaͤt. Hoc quod nos vocamus ſuperioritatem territorialem, ſagt Er- ſterer [in Caeſ. Fürſtenerio de ſuprem. c. X.] idem cum eo eße videtur, quod Galli etiam vocant la ſouveraineté etc. Aus triftigern Gruͤnden aber behauptet Thoma- ſius g], daß man zuweilen faͤlſchlich einen Unterſchied zwiſchen ſuperioritas und ſuperioritas territorialis mache, wenn man unter erſterer die Souverainetaͤt, unter letzte- rer aber nur die Landeshoheit verſtehen wolle; weil der Zuſatz: territorialis die Sache keinesweges verringere, beyde Ausdruͤcke auch im weſtphaͤliſchen Frieden ohne Unterſchied von den Reichsſtaͤnden gebraucht wuͤrden. B. Der Begrif der Landeshoheit wird von den Staatsrechtslehrern gar verſchieden angenommen, je nachdem ſie die Souverainetaͤt der Reichsſtaͤnde mehr oder weniger beguͤnſtigen. Der Reichsverfaſſung am gemaͤßeſten wird die Landeshoheit als der Inbegrif aller Regierungsrechte beſchrieben, welche ein Reichsſtand, gleich andern Souverainen, zum Wohl ſeiner Lande und Unterthanen ausuͤben kan, inſofern er durch die Reichs- oder Landesgrundgeſetze darin nicht eingeſchraͤnkt iſt. Sie enthaͤlt im Grunde alle Gerechtſame der Souverainetaͤt, nur daß ſolche der Reichsverbindung zum Nachtheil und den Grundgeſetzen des Reichs zuwider nicht ausgeuͤbt werden duͤrfen. Jedoch iſt dieſe Landeshoheit, nach des Herrn Etatsrath Moſers Erinnerung, von der wahren Souverainetaͤt noch weit unterſchieden h]. C.

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/150>, abgerufen am 24.11.2024.