Günther, Johann: Send-Schreiben an einen S. Theologum. Leipzig, 1711.Wille muß auch gethan seyn / Matth. 7. Was das 2. anbelangt / so ist die Vernunfft freylich als eine Gabe GOttes nicht zu verachten; aber NB. auch recht zu gebrauchen / und nicht zum Principio oder Comprincipio normativo zu machen in Glaubens-Sachen; sondern allein als ein nützlich Werckzeug anzuwenden / und dieses nach 1. Cor. 2. 14. 2. Cor. 10. 5. Denn da gehet die Religion mit Geheimnissen um / die ich nicht per suam Causam erkenne / sondern schlechter Dings glaube / weil es GOttes Wort sagt / und eben das gilt auch von ihren Regeln und Aussprüchen und Schlüssen. Daher fällt alsbald die erste Regel weg. Die Religion ist nicht einer freyen und willkührigen Erwehlung zu unterwerffen; sondern sie dependirt von GOttes Offenbahrung: unsere Vernunfft ist auch nicht Herr über sie / weil sie aus GOttes Wort / die nicht aus menschlichen Willen / sondern von GOtt her ist; ich kan auch nicht das / was der rechten Vernunfft gemäß / vor dem / was der Vernunfft zuwider / erwehlen / weil sie kein judicium reale de sententiis, sondern nur modale de connexione sententiarum hat / Matth. 22. 29. 31. Und wenn wir gleich einen und andern Wille muß auch gethan seyn / Matth. 7. Was das 2. anbelangt / so ist die Vernunfft freylich als eine Gabe GOttes nicht zu verachten; aber NB. auch recht zu gebrauchen / und nicht zum Principio oder Comprincipio normativo zu machen in Glaubens-Sachen; sondern allein als ein nützlich Werckzeug anzuwenden / und dieses nach 1. Cor. 2. 14. 2. Cor. 10. 5. Denn da gehet die Religion mit Geheimnissen um / die ich nicht per suam Causam erkenne / sondern schlechter Dings glaube / weil es GOttes Wort sagt / und eben das gilt auch von ihren Regeln und Aussprüchen und Schlüssen. Daher fällt alsbald die erste Regel weg. Die Religion ist nicht einer freyen und willkührigen Erwehlung zu unterwerffen; sondern sie dependirt von GOttes Offenbahrung: unsere Vernunfft ist auch nicht Herr über sie / weil sie aus GOttes Wort / die nicht aus menschlichen Willen / sondern von GOtt her ist; ich kan auch nicht das / was der rechten Vernunfft gemäß / vor dem / was der Vernunfft zuwider / erwehlen / weil sie kein judicium reale de sententiis, sondern nur modale de connexione sententiarum hat / Matth. 22. 29. 31. Und wenn wir gleich einen und andern <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0015" n="15"/> Wille muß auch gethan seyn / Matth. 7. Was das 2. anbelangt / so ist die Vernunfft freylich als eine Gabe GOttes nicht zu verachten; aber NB. auch recht zu gebrauchen / und nicht zum Principio oder Comprincipio normativo zu machen in Glaubens-Sachen; sondern allein als ein nützlich Werckzeug anzuwenden / und dieses nach 1. Cor. 2. 14. 2. Cor. 10. 5. Denn da gehet die Religion mit Geheimnissen um / die ich nicht per suam Causam erkenne / sondern schlechter Dings glaube / weil es GOttes Wort sagt / und eben das gilt auch von ihren Regeln und Aussprüchen und Schlüssen. Daher fällt alsbald die erste Regel weg. Die Religion ist nicht einer freyen und willkührigen Erwehlung zu unterwerffen; sondern sie dependirt von GOttes Offenbahrung: unsere Vernunfft ist auch nicht Herr über sie / weil sie aus GOttes Wort / die nicht aus menschlichen Willen / sondern von GOtt her ist; ich kan auch nicht das / was der rechten Vernunfft gemäß / vor dem / was der Vernunfft zuwider / erwehlen / weil sie kein judicium reale de sententiis, sondern nur modale de connexione sententiarum hat / Matth. 22. 29. 31. Und wenn wir gleich einen und andern </p> </div> </body> </text> </TEI> [15/0015]
Wille muß auch gethan seyn / Matth. 7. Was das 2. anbelangt / so ist die Vernunfft freylich als eine Gabe GOttes nicht zu verachten; aber NB. auch recht zu gebrauchen / und nicht zum Principio oder Comprincipio normativo zu machen in Glaubens-Sachen; sondern allein als ein nützlich Werckzeug anzuwenden / und dieses nach 1. Cor. 2. 14. 2. Cor. 10. 5. Denn da gehet die Religion mit Geheimnissen um / die ich nicht per suam Causam erkenne / sondern schlechter Dings glaube / weil es GOttes Wort sagt / und eben das gilt auch von ihren Regeln und Aussprüchen und Schlüssen. Daher fällt alsbald die erste Regel weg. Die Religion ist nicht einer freyen und willkührigen Erwehlung zu unterwerffen; sondern sie dependirt von GOttes Offenbahrung: unsere Vernunfft ist auch nicht Herr über sie / weil sie aus GOttes Wort / die nicht aus menschlichen Willen / sondern von GOtt her ist; ich kan auch nicht das / was der rechten Vernunfft gemäß / vor dem / was der Vernunfft zuwider / erwehlen / weil sie kein judicium reale de sententiis, sondern nur modale de connexione sententiarum hat / Matth. 22. 29. 31. Und wenn wir gleich einen und andern
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Zitationshilfe: | Günther, Johann: Send-Schreiben an einen S. Theologum. Leipzig, 1711, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_sendschreiben_1711/15>, abgerufen am 16.02.2025. |