Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.Sterbender Iulia. Wie? Soll dein schändlich Blutt besprützen unser Hand? Beflecken diesen Arm/ und unser Traur-Gewand? 605.Nein Götter! solt jemand sich mit vergifften Drachen An reiner Opffer-Stadt zu eurem Tempel machen? Nein! schleuß die Augen nicht! du sollst noch etwas sehn/ Das weil der Erden Grund geleget/ nicht geschehn. Wir wollen dir den Sitz der ärgsten Boßheit zeigen. 610.Denn magst du/ wo du kanst/ die frechen Augen neigen. Stracks Diner! macht Jhn fest! Laetus. Unnöthig! last 615.mich stehn! Last aller Marter Macht auff meine Glider gehn! Es zeuge wer es siht! daß Jch mehr Qual zu tragen Behertzt: Denn Iulie gefast mir vorzuschlagen. Iulia. Entblöst die tolle Brust/ drinn keine Redlikeit/ Je einen Sitz ertor. Laetus. Zertrennt! zersprengt diß Kleid! Beschaut! die Brust ist bloß! doch überdeckt mit Wunden/ Durch die Sever den Thron/ und du die Cron gefunden. Iulia. Rückt deß Verräthers Hertz auß dem zuschlitzten 620.Leib! Laetus. Seyd munter! rückt es hin! diß heist ein rasend Weib! Laß in der Adern Brunn/ laß (weil ich so soll sterben!) Laß Sclavin Syriens dir neue Purpur färben. Iulia. Entweiche Phaeton! diß Hertze kömmt ans Licht/ Jn dem der gantze Styx! verdeckt eur Angesicht 625.Jhr Kertzen jener Welt! Diane lauff zurücke Ob disem Greuel-Nest! du einig! du erblicke (Wo du noch etwas kanst/) was Reich und Land verflucht. Er athemt! er vergeht! die tolle Seele sucht Selbst sich von disem Sitz der Boßheit wegzumachen. 630.So müss' es allen gehn die mit vergifftem Rachen Begeyfern Thron und Cron/ vergällen See und Welt/ Zertrennen was das Band so nahen Blutes hält/ Zerrütten Hof und Stat/ zerdrümern Reich und Stände/ Zersplittern so Paläst' als die verachten Wände Verhetzen
Sterbender Iulia. Wie? Soll dein ſchaͤndlich Blutt beſpruͤtzen unſer Hand? Beflecken dieſen Arm/ und unſer Traur-Gewand? 605.Nein Goͤtter! ſolt jemand ſich mit vergifften Drachen An reiner Opffer-Stadt zu eurem Tempel machen? Nein! ſchleuß die Augen nicht! du ſollſt noch etwas ſehn/ Das weil der Erden Grund geleget/ nicht geſchehn. Wir wollen dir den Sitz der aͤrgſten Boßheit zeigen. 610.Denn magſt du/ wo du kanſt/ die frechen Augen neigen. Stracks Diner! macht Jhn feſt! Lætus. Unnoͤthig! laſt 615.mich ſtehn! Laſt aller Marter Macht auff meine Glider gehn! Es zeuge wer es ſiht! daß Jch mehr Qual zu tragen Behertzt: Denn Iulie gefaſt mir vorzuſchlagen. Iulia. Entbloͤſt die tolle Bruſt/ drinn keine Redlikeit/ Je einen Sitz ertor. Lætus. Zertrennt! zerſprengt diß Kleid! Beſchaut! die Bruſt iſt bloß! doch uͤberdeckt mit Wunden/ Durch die Sever den Thron/ und du die Cron gefunden. Iulia. Ruͤckt deß Verraͤthers Hertz auß dem zuſchlitzten 620.Leib! Lætus. Seyd munter! ruͤckt es hin! diß heiſt ein raſend Weib! Laß in der Adern Brunn/ laß (weil ich ſo ſoll ſterben!) Laß Sclavin Syriens dir neue Purpur faͤrben. Iulia. Entweiche Phaeton! diß Hertze koͤm̃t ans Licht/ Jn dem der gantze Styx! verdeckt eur Angeſicht 625.Jhr Kertzen jener Welt! Diane lauff zuruͤcke Ob diſem Greuel-Neſt! du einig! du erblicke (Wo du noch etwas kanſt/) was Reich und Land verflucht. Er athemt! er vergeht! die tolle Seele ſucht Selbſt ſich von diſem Sitz der Boßheit wegzumachen. 630.So muͤſſ’ es allen gehn die mit vergifftem Rachen Begeyfern Thron und Cron/ vergaͤllen See und Welt/ Zertrennen was das Band ſo nahen Blutes haͤlt/ Zerruͤtten Hof und Stat/ zerdruͤmern Reich und Staͤnde/ Zerſplittern ſo Palaͤſt’ als die verachten Waͤnde Verhetzen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0084"/> <fw place="top" type="header">Sterbender</fw><lb/> <sp who="#JUL"> <speaker> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </speaker> <p>Wie? Soll dein ſchaͤndlich Blutt beſpruͤtzen unſer<lb/><hi rendition="#et">Hand?</hi><lb/> Beflecken dieſen Arm/ und unſer Traur-Gewand?<lb/><note place="left">605.</note>Nein Goͤtter! ſolt jemand ſich mit vergifften Drachen<lb/> An reiner Opffer-Stadt zu eurem Tempel machen?<lb/> Nein! ſchleuß die Augen nicht! du ſollſt noch etwas ſehn/<lb/> Das weil der Erden Grund geleget/ nicht geſchehn.<lb/> Wir wollen dir den Sitz der aͤrgſten Boßheit zeigen.<lb/><note place="left">610.</note>Denn magſt du/ wo du kanſt/ die frechen Augen neigen.<lb/> Stracks Diner! macht Jhn feſt!</p> </sp> <sp who="#LET"> <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker> <p><hi rendition="#fr">U</hi>nnoͤthig! laſt<lb/><hi rendition="#et">mich ſtehn!</hi><lb/> Laſt aller Marter Macht auff meine Glider gehn!<lb/> Es zeuge wer es ſiht! daß Jch mehr Qual zu tragen<lb/> Behertzt: Denn <hi rendition="#aq">Iulie</hi> gefaſt mir vorzuſchlagen.</p> </sp><lb/> <note place="left">615.</note> <sp who="#JUL"> <speaker> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </speaker> <p>Entbloͤſt die tolle Bruſt/ drinn keine Redlikeit/<lb/> Je einen Sitz ertor.</p> </sp> <sp who="#LET"> <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker> <p>Zertrennt! zerſprengt diß Kleid!<lb/> Beſchaut! die Bruſt iſt bloß! doch uͤberdeckt mit Wunden/<lb/> Durch die <hi rendition="#aq">Sever</hi> den Thron/ und du die Cron gefunden.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUL"> <speaker> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </speaker> <p>Ruͤckt deß Verraͤthers Hertz auß dem zuſchlitzten<lb/><hi rendition="#et">Leib!</hi></p> </sp><lb/> <note place="left">620.</note> <sp who="#LET"> <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker> <p>Seyd munter! ruͤckt es hin! diß heiſt ein raſend<lb/><hi rendition="#et">Weib!</hi><lb/> Laß in der Adern Brunn/ laß (weil ich ſo ſoll ſterben!)<lb/> Laß Sclavin Syriens dir neue Purpur faͤrben.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUL"> <speaker> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </speaker> <p>Entweiche <hi rendition="#aq">Phaeton!</hi> diß Hertze koͤm̃t ans Licht/<lb/> Jn dem der gantze <hi rendition="#aq">Styx!</hi> verdeckt eur Angeſicht<lb/><note place="left">625.</note>Jhr Kertzen jener Welt! <hi rendition="#aq">Diane</hi> lauff zuruͤcke<lb/> Ob diſem Greuel-Neſt! du einig! du erblicke<lb/> (Wo du noch etwas kanſt/) was Reich und Land verflucht.<lb/> Er athemt! er vergeht! die tolle Seele ſucht<lb/> Selbſt ſich von diſem Sitz der Boßheit wegzumachen.<lb/><note place="left">630.</note>So muͤſſ’ es allen gehn die mit vergifftem Rachen<lb/> Begeyfern Thron und Cron/ vergaͤllen See und Welt/<lb/> Zertrennen was das Band ſo nahen Blutes haͤlt/<lb/> Zerruͤtten Hof und Stat/ zerdruͤmern Reich und Staͤnde/<lb/> Zerſplittern ſo Palaͤſt’ als die verachten Waͤnde<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Verhetzen</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0084]
Sterbender
Iulia. Wie? Soll dein ſchaͤndlich Blutt beſpruͤtzen unſer
Hand?
Beflecken dieſen Arm/ und unſer Traur-Gewand?
Nein Goͤtter! ſolt jemand ſich mit vergifften Drachen
An reiner Opffer-Stadt zu eurem Tempel machen?
Nein! ſchleuß die Augen nicht! du ſollſt noch etwas ſehn/
Das weil der Erden Grund geleget/ nicht geſchehn.
Wir wollen dir den Sitz der aͤrgſten Boßheit zeigen.
Denn magſt du/ wo du kanſt/ die frechen Augen neigen.
Stracks Diner! macht Jhn feſt!
Lætus. Unnoͤthig! laſt
mich ſtehn!
Laſt aller Marter Macht auff meine Glider gehn!
Es zeuge wer es ſiht! daß Jch mehr Qual zu tragen
Behertzt: Denn Iulie gefaſt mir vorzuſchlagen.
Iulia. Entbloͤſt die tolle Bruſt/ drinn keine Redlikeit/
Je einen Sitz ertor.
Lætus. Zertrennt! zerſprengt diß Kleid!
Beſchaut! die Bruſt iſt bloß! doch uͤberdeckt mit Wunden/
Durch die Sever den Thron/ und du die Cron gefunden.
Iulia. Ruͤckt deß Verraͤthers Hertz auß dem zuſchlitzten
Leib!
Lætus. Seyd munter! ruͤckt es hin! diß heiſt ein raſend
Weib!
Laß in der Adern Brunn/ laß (weil ich ſo ſoll ſterben!)
Laß Sclavin Syriens dir neue Purpur faͤrben.
Iulia. Entweiche Phaeton! diß Hertze koͤm̃t ans Licht/
Jn dem der gantze Styx! verdeckt eur Angeſicht
Jhr Kertzen jener Welt! Diane lauff zuruͤcke
Ob diſem Greuel-Neſt! du einig! du erblicke
(Wo du noch etwas kanſt/) was Reich und Land verflucht.
Er athemt! er vergeht! die tolle Seele ſucht
Selbſt ſich von diſem Sitz der Boßheit wegzumachen.
So muͤſſ’ es allen gehn die mit vergifftem Rachen
Begeyfern Thron und Cron/ vergaͤllen See und Welt/
Zertrennen was das Band ſo nahen Blutes haͤlt/
Zerruͤtten Hof und Stat/ zerdruͤmern Reich und Staͤnde/
Zerſplittern ſo Palaͤſt’ als die verachten Waͤnde
Verhetzen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |