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Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.

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PAPINIANUS.
Doch schneid't der Käyser Jhm die Sehnen selbst entzwey/
Jn dem Er die durchstöst durch die er kummer-frey/
Durch die Er sicher sitzt!
2. Haubtm. Legt hand an! Laetus.
Trit zurücke;
410.Daß Jch mit diser Faust dir nicht den Hals erdrücke!
Weg ketten! geht! Jch folg'/ ein nicht erschreckter Mutt/
Der nicht mehr dinen kan; vergeust das frische Blutt
Mehr freudig denn die Feind' erbittert Jhn zu pochen!
Geht! Laetus höhnt die Qual und stirbt nicht ungerochen.
Cleander. Papinianus.
415.
Cleand. So schlägt Papinian deß Käysers bitten auß?
Papin. Papinian betraurt deß Käysers Ruhm und Haus!
Cleand. Was kan man weiter thun bey schon verübten
Sachen?
Papin. Verübte Greuel nicht zu Recht und Tugend machen.
Cleand. Die Noth zwingt Fürsten offt was auß der Bahn
zu gehn!
420.
Papin. Nicht uns/ wenn Sie verführt/ dem freveln bey zu
stehn.
Cleand. Er hat in heissem Zorn die harte That vollzogen.
Papin. Wir sind jtzt bey Vernunfft/ von keinem Zorn be-
wogen.
Cleand. Der Bruder griff Jhn was mit rauen Worten an.
Papin. Wol raue/ wenn sie nur der Tod außsöhnen kan.
425.
Cleand. Es stund dem jüngern an; dem ältern was zu
weichen.
Papin. Und disem sich was mehr mit jenem zu vergleichen.
Cleand. Man weiß daß Brüder doch gar selten eins gesinnt.
Papin. Wenn durch Verläumbdung/ Haß/ und Zanck die
Gunst zerrinnt.
Cleand. Noch minder sitzen zwey auff einem Stul bequeme.
430.
Papin. Bequem! im fall der Stul der Tugend angeneme.
Cleand. Kam mit deß Vatern Kind je Nero überein?
Papin. Wo aber Marcus herrscht da kont auch Verus seyn.
Cleand.
D
PAPINIANUS.
Doch ſchneid’t der Kaͤyſer Jhm die Sehnen ſelbſt entzwey/
Jn dem Er die durchſtoͤſt durch die er kummer-frey/
Durch die Er ſicher ſitzt!
2. Haubtm. Legt hand an! Lætus.
Trit zuruͤcke;
410.Daß Jch mit diſer Fauſt dir nicht den Hals erdruͤcke!
Weg ketten! geht! Jch folg’/ ein nicht erſchreckter Mutt/
Der nicht mehr dinen kan; vergeuſt das friſche Blutt
Mehr freudig denn die Feind’ erbittert Jhn zu pochen!
Geht! Lætus hoͤhnt die Qual und ſtirbt nicht ungerochen.
Cleander. Papinianus.
415.
Cleand. So ſchlaͤgt Papinian deß Kaͤyſers bitten auß?
Papin. Papinian betraurt deß Kaͤyſers Ruhm und Haus!
Cleand. Was kan man weiter thun bey ſchon veruͤbten
Sachen?
Papin. Veruͤbte Greuel nicht zu Recht und Tugend machen.
Cleand. Die Noth zwingt Fuͤrſten offt was auß der Bahn
zu gehn!
420.
Papin. Nicht uns/ wenn Sie verfuͤhrt/ dem freveln bey zu
ſtehn.
Cleand. Er hat in heiſſem Zorn die harte That vollzogen.
Papin. Wir ſind jtzt bey Vernunfft/ von keinem Zorn be-
wogen.
Cleand. Der Bruder griff Jhn was mit rauen Worten an.
Papin. Wol raue/ wenn ſie nur der Tod außſoͤhnen kan.
425.
Cleand. Es ſtund dem juͤngern an; dem aͤltern was zu
weichen.
Papin. Und diſem ſich was mehr mit jenem zu vergleichen.
Cleand. Man weiß daß Bruͤder doch gar ſelten eins geſinnt.
Papin. Wenn durch Verlaͤumbdung/ Haß/ und Zanck die
Gunſt zerrinnt.
Cleand. Noch minder ſitzen zwey auff einem Stul bequeme.
430.
Papin. Bequem! im fall der Stul der Tugend angeneme.
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[0077] PAPINIANUS. Doch ſchneid’t der Kaͤyſer Jhm die Sehnen ſelbſt entzwey/ Jn dem Er die durchſtoͤſt durch die er kummer-frey/ Durch die Er ſicher ſitzt! 2. Haubtm. Legt hand an! Lætus. Trit zuruͤcke; Daß Jch mit diſer Fauſt dir nicht den Hals erdruͤcke! Weg ketten! geht! Jch folg’/ ein nicht erſchreckter Mutt/ Der nicht mehr dinen kan; vergeuſt das friſche Blutt Mehr freudig denn die Feind’ erbittert Jhn zu pochen! Geht! Lætus hoͤhnt die Qual und ſtirbt nicht ungerochen. Cleander. Papinianus. Cleand. So ſchlaͤgt Papinian deß Kaͤyſers bitten auß? Papin. Papinian betraurt deß Kaͤyſers Ruhm und Haus! Cleand. Was kan man weiter thun bey ſchon veruͤbten Sachen? Papin. Veruͤbte Greuel nicht zu Recht und Tugend machen. Cleand. Die Noth zwingt Fuͤrſten offt was auß der Bahn zu gehn! Papin. Nicht uns/ wenn Sie verfuͤhrt/ dem freveln bey zu ſtehn. Cleand. Er hat in heiſſem Zorn die harte That vollzogen. Papin. Wir ſind jtzt bey Vernunfft/ von keinem Zorn be- wogen. Cleand. Der Bruder griff Jhn was mit rauen Worten an. Papin. Wol raue/ wenn ſie nur der Tod außſoͤhnen kan. Cleand. Es ſtund dem juͤngern an; dem aͤltern was zu weichen. Papin. Und diſem ſich was mehr mit jenem zu vergleichen. Cleand. Man weiß daß Bruͤder doch gar ſelten eins geſinnt. Papin. Wenn durch Verlaͤumbdung/ Haß/ und Zanck die Gunſt zerrinnt. Cleand. Noch minder ſitzen zwey auff einem Stul bequeme. Papin. Bequem! im fall der Stul der Tugend angeneme. Cleand. Kam mit deß Vatern Kind je Nero uͤberein? Papin. Wo aber Marcus herꝛſcht da kont auch Verus ſeyn. Cleand. D

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/77>, abgerufen am 26.11.2024.