Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite
Sterbender
Eh soll Apollo nicht uns weigern sein Gesicht
Als mittel uns und Jhn/ (wo Mittel ja gebricht
Als letzte Macht) getrennt: Er scheid' in seine Britten/
Ja wo umb Calidon die kalten Norden wüten
125.Er geh wo Tagus reist/ ja wo der Rhein entspringt/
Wo sich der Rhodanus durch See und Felder dringt/
Er geh wo Ister sucht das rauhe Land zu trennen/
Und hundertfach vermehrt ins schwartze Meer zu rennen/
Er such' umb Macedon Jhm ein bequemer Reich!
130.Beherrsche Phrygien! es gilt uns alles gleich!
Er jag' in Nabatra die niemals zahmen Löwen!
Wenn nicht in einer Burg Wir seinen Trotz zu scheuen.
Wir lassen Rom Jhm selbst/ er bleib allhier! Wir zihn
Wo seinem Ubermut und Vorsatz zu entflihn.
135.
Laetus. Bewegung wird numehr die Gifft nicht danmpffen
können.
Man ändert zwar den Ort/ nicht die erhitzten Sinnen.
Der Brand glimmt hier in Rom/ und lodert/ und erkracht/
Ob schon der jhn entsteckt sich in die ferne macht.
Solt Er wol weit von uns sich ruhig halten können/
140.Wo Läger/ Heere/ Städt'/ und Schlösser zu gewinnen?
Wenn Jhn deß Fürsten Aug' in dem besetzten Zelt
Und hart umbschränckter Macht nicht in den Gräntzen hält.
Wehn schickt man mit Jhm auß? Die Er durch Gunst verbun-
Die wagens Jhm zu gut. Die Wir stets trew gefunden? (den?
145.Denn stehn Wir gantz entblöst! wenn Er gestärckt umbkehrt/
Und mit entblöstem Stahl durchstöst was Wir entwehrt.
Wird nicht der Außzug selbst/ (solt Er erbittert weichen)
Erhitzen Land und See? Es gilt den höchsten Eichen
Wenn Boreas ergrimmt auß seinen Klippen reist/
150.Und den entdeckten Stamm zerschmettert und zerschmeist/
Wenn umb den Apenin die Wolcken sich bewegen;
Erklingt die schwartze Lufft von hellen Donner-Schlägen.
Bassian. Wer hilfft? Wer rettet uns auß der verwirrten
Noht?
Laetus. Man rettet gantze Reich durch eines Menschen Tod.
Bassian.
Sterbender
Eh ſoll Apollo nicht uns weigern ſein Geſicht
Als mittel uns und Jhn/ (wo Mittel ja gebricht
Als letzte Macht) getrennt: Er ſcheid’ in ſeine Britten/
Ja wo umb Calidon die kalten Norden wuͤten
125.Er geh wo Tagus reiſt/ ja wo der Rhein entſpringt/
Wo ſich der Rhodanus durch See und Felder dringt/
Er geh wo Iſter ſucht das rauhe Land zu trennen/
Und hundertfach vermehrt ins ſchwartze Meer zu rennen/
Er ſuch’ umb Macedon Jhm ein bequemer Reich!
130.Beherꝛſche Phrygien! es gilt uns alles gleich!
Er jag’ in Nabatra die niemals zahmen Loͤwen!
Wenn nicht in einer Burg Wir ſeinen Trotz zu ſcheuen.
Wir laſſen Rom Jhm ſelbſt/ er bleib allhier! Wir zihn
Wo ſeinem Ubermut und Vorſatz zu entflihn.
135.
Lætus. Bewegung wird numehr die Gifft nicht dãmpffen
koͤnnen.
Man aͤndert zwar den Ort/ nicht die erhitzten Sinnen.
Der Brand glim̃t hier in Rom/ und lodert/ und erkracht/
Ob ſchon der jhn entſteckt ſich in die ferne macht.
Solt Er wol weit von uns ſich ruhig halten koͤnnen/
140.Wo Laͤger/ Heere/ Staͤdt’/ und Schloͤſſer zu gewinnen?
Wenn Jhn deß Fuͤrſten Aug’ in dem beſetzten Zelt
Und hart umbſchraͤnckter Macht nicht in den Graͤntzen haͤlt.
Wehn ſchickt man mit Jhm auß? Die Er durch Gunſt verbun-
Die wagens Jhm zu gut. Die Wir ſtets trew gefunden? (den?
145.Denn ſtehn Wir gantz entbloͤſt! wenn Er geſtaͤrckt umbkehrt/
Und mit entbloͤſtem Stahl durchſtoͤſt was Wir entwehrt.
Wird nicht der Außzug ſelbſt/ (ſolt Er erbittert weichen)
Erhitzen Land und See? Es gilt den hoͤchſten Eichen
Wenn Boreas ergrim̃t auß ſeinen Klippen reiſt/
150.Und den entdeckten Stam̃ zerſchmettert und zerſchmeiſt/
Wenn umb den Apenin die Wolcken ſich bewegen;
Erklingt die ſchwartze Lufft von hellen Donner-Schlaͤgen.
Basſian. Wer hilfft? Wer rettet uns auß der verwirrten
Noht?
Lætus. Man rettet gantze Reich durch eines Menſchen Tod.
Basſian.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#ABC">
            <p><pb facs="#f0048"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sterbender</hi></fw><lb/>
Eh &#x017F;oll <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Apollo</hi></hi> nicht uns weigern &#x017F;ein Ge&#x017F;icht<lb/>
Als mittel uns und Jhn/ (wo Mittel ja gebricht<lb/>
Als letzte Macht) getrennt: Er &#x017F;cheid&#x2019; in &#x017F;eine Britten/<lb/>
Ja wo umb <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Calidon</hi></hi> die kalten Norden wu&#x0364;ten<lb/><note place="left">125.</note>Er geh wo <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Tagus</hi></hi> rei&#x017F;t/ ja wo der Rhein ent&#x017F;pringt/<lb/>
Wo &#x017F;ich der <hi rendition="#aq">Rhodanus</hi> durch See und Felder dringt/<lb/>
Er geh wo <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">I&#x017F;ter</hi></hi> &#x017F;ucht das rauhe Land zu trennen/<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd hundertfach vermehrt ins &#x017F;chwartze Meer zu rennen/<lb/>
Er &#x017F;uch&#x2019; umb <hi rendition="#aq">Macedon</hi> Jhm ein bequemer Reich!<lb/><note place="left">130.</note>Beher&#xA75B;&#x017F;che <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Phrygi</hi></hi>en! es gilt uns alles gleich!<lb/>
Er jag&#x2019; in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Nabatra</hi></hi> die niemals zahmen Lo&#x0364;wen!<lb/>
Wenn nicht in einer Burg Wir &#x017F;einen Trotz zu &#x017F;cheuen.<lb/>
Wir la&#x017F;&#x017F;en Rom Jhm &#x017F;elb&#x017F;t/ er bleib allhier! Wir zihn<lb/>
Wo &#x017F;einem <hi rendition="#fr">U</hi>bermut und Vor&#x017F;atz zu entflihn.</p>
          </sp><lb/>
          <note place="left">135.</note>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Bewegung wird numehr die Gifft nicht da&#x0303;mpffen<lb/><hi rendition="#et">ko&#x0364;nnen.</hi><lb/>
Man a&#x0364;ndert zwar den Ort/ nicht die erhitzten Sinnen.<lb/>
Der Brand glim&#x0303;t hier in Rom/ und lodert/ und erkracht/<lb/>
Ob &#x017F;chon der jhn ent&#x017F;teckt &#x017F;ich in die ferne macht.<lb/>
Solt Er wol weit von uns &#x017F;ich ruhig halten ko&#x0364;nnen/<lb/><note place="left">140.</note>Wo La&#x0364;ger/ Heere/ Sta&#x0364;dt&#x2019;/ und Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er zu gewinnen?<lb/>
Wenn Jhn deß Fu&#x0364;r&#x017F;ten Aug&#x2019; in dem be&#x017F;etzten Zelt<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd hart umb&#x017F;chra&#x0364;nckter Macht nicht in den Gra&#x0364;ntzen ha&#x0364;lt.<lb/>
Wehn &#x017F;chickt man mit Jhm auß? Die Er durch Gun&#x017F;t verbun-<lb/>
Die wagens Jhm zu gut. Die Wir &#x017F;tets trew gefunden? (den?<lb/><note place="left">145.</note>Denn &#x017F;tehn Wir gantz entblo&#x0364;&#x017F;t! wenn Er ge&#x017F;ta&#x0364;rckt umbkehrt/<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd mit entblo&#x0364;&#x017F;tem Stahl durch&#x017F;to&#x0364;&#x017F;t was Wir entwehrt.<lb/>
Wird nicht der Außzug &#x017F;elb&#x017F;t/ (&#x017F;olt Er erbittert weichen)<lb/>
Erhitzen Land und See? Es gilt den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Eichen<lb/>
Wenn <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Boreas</hi></hi> ergrim&#x0303;t auß &#x017F;einen Klippen rei&#x017F;t/<lb/><note place="left">150.</note><hi rendition="#fr">U</hi>nd den entdeckten Stam&#x0303; zer&#x017F;chmettert und zer&#x017F;chmei&#x017F;t/<lb/>
Wenn umb den <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Apenin</hi></hi> die Wolcken &#x017F;ich bewegen;<lb/>
Erklingt die &#x017F;chwartze Lufft von hellen Donner-Schla&#x0364;gen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ABC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> </speaker>
            <p>Wer hilfft? Wer rettet uns auß der verwirrten<lb/><hi rendition="#et">Noht?</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Man rettet gantze Reich durch eines Men&#x017F;chen Tod.</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0048] Sterbender Eh ſoll Apollo nicht uns weigern ſein Geſicht Als mittel uns und Jhn/ (wo Mittel ja gebricht Als letzte Macht) getrennt: Er ſcheid’ in ſeine Britten/ Ja wo umb Calidon die kalten Norden wuͤten Er geh wo Tagus reiſt/ ja wo der Rhein entſpringt/ Wo ſich der Rhodanus durch See und Felder dringt/ Er geh wo Iſter ſucht das rauhe Land zu trennen/ Und hundertfach vermehrt ins ſchwartze Meer zu rennen/ Er ſuch’ umb Macedon Jhm ein bequemer Reich! Beherꝛſche Phrygien! es gilt uns alles gleich! Er jag’ in Nabatra die niemals zahmen Loͤwen! Wenn nicht in einer Burg Wir ſeinen Trotz zu ſcheuen. Wir laſſen Rom Jhm ſelbſt/ er bleib allhier! Wir zihn Wo ſeinem Ubermut und Vorſatz zu entflihn. Lætus. Bewegung wird numehr die Gifft nicht dãmpffen koͤnnen. Man aͤndert zwar den Ort/ nicht die erhitzten Sinnen. Der Brand glim̃t hier in Rom/ und lodert/ und erkracht/ Ob ſchon der jhn entſteckt ſich in die ferne macht. Solt Er wol weit von uns ſich ruhig halten koͤnnen/ Wo Laͤger/ Heere/ Staͤdt’/ und Schloͤſſer zu gewinnen? Wenn Jhn deß Fuͤrſten Aug’ in dem beſetzten Zelt Und hart umbſchraͤnckter Macht nicht in den Graͤntzen haͤlt. Wehn ſchickt man mit Jhm auß? Die Er durch Gunſt verbun- Die wagens Jhm zu gut. Die Wir ſtets trew gefunden? (den? Denn ſtehn Wir gantz entbloͤſt! wenn Er geſtaͤrckt umbkehrt/ Und mit entbloͤſtem Stahl durchſtoͤſt was Wir entwehrt. Wird nicht der Außzug ſelbſt/ (ſolt Er erbittert weichen) Erhitzen Land und See? Es gilt den hoͤchſten Eichen Wenn Boreas ergrim̃t auß ſeinen Klippen reiſt/ Und den entdeckten Stam̃ zerſchmettert und zerſchmeiſt/ Wenn umb den Apenin die Wolcken ſich bewegen; Erklingt die ſchwartze Lufft von hellen Donner-Schlaͤgen. Basſian. Wer hilfft? Wer rettet uns auß der verwirrten Noht? Lætus. Man rettet gantze Reich durch eines Menſchen Tod. Basſian.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/48
Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/48>, abgerufen am 24.11.2024.