Gryphius, Andreas: Horribilicribrifax. Breslau, 1665.Schertz-Spiel. die in höchster Armuth von viel Tonnen Goldeszu reden wissen. Sophia. Der Schatz ist offenbahr/ ob er wol nicht viel werth. Schneidet mir diese Haar von dem Haupt/ und verkauffet sie irgends einer Hoff Da- men. Flaccilla. Der Gewinn von dieser Kauffmanschafft wird so groß nicht seyn. Sophia. Geringe Handels Leute müssen nicht gar zu gros- sen Gewinn hoffen. Löset mir die Flechten auff! Lasset uns hinein! denn die Noth leidet keinen Auffschub. Flaccilla. O höchste Tugend! wie unwerth bist du in die- sem Armuth/ und wie ungeachtet in diesem Elend! Sempronius. Aion panta pherei, Sed omnia vincit Amor, O- mnia, id est, omnes homines, & omnia pecora Campi, Et nos cedamus Amori, saget das Wun- der der Lateinischen Poeten Virgilius. Wer solte gegläubet haben/ daß ich/ der ich ein Wunder bin inter eruditos hujus seculi, und numehr meine fünff und sechtzig Jahr cum summa reputatione erreichet/ mich auffs neue solte per faces atqve ar- cus Cupidinis haben überwinden lassen? Ach Coelestina! ach Coelestina! tu mihi spes voti, tu mihi summus Amor, wenn ich deine rosenliebli- che Wangen betrachte/ werde ich verjünget/ als ein ander Phoenix. Aber qvid haec suspiria solus montibus & sylvis? Virgilius Ecloga 2. Wa- rum greiff ich nicht zu Mitteln/ und versuche/ was zu erhalten. Hasce amoris mei interpretes Episto- las, Cicero ad Atticum, ha be ich heute früh (Auro- ra Musis amica) mit höchstem Judicio & ingenio zusammen gesetzet/ und warte nur auff Gelegen- heit/ ihr selbige durch ein beqvemes subject, wel- ches B 3
Schertz-Spiel. die in hoͤchſter Armuth von viel Tonnen Goldeszu reden wiſſen. Sophia. Der Schatz iſt offenbahr/ ob er wol nicht viel werth. Schneidet mir dieſe Haar von dem Haupt/ und verkauffet ſie irgends einer Hoff Da- men. Flaccilla. Der Gewinn von dieſer Kauffmanſchafft wird ſo groß nicht ſeyn. Sophia. Geringe Handels Leute muͤſſen nicht gar zu groſ- ſen Gewinn hoffen. Loͤſet mir die Flechten auff! Laſſet uns hinein! denn die Noth leidet keinen Auffſchub. Flaccilla. O hoͤchſte Tugend! wie unwerth biſt du in die- ſem Armuth/ und wie ungeachtet in dieſem Elend! Sempronius. Αιὼν πάντα ϕέρει, Sed omnia vincit Amor, O- mnia, id eſt, omnes homines, & omnia pecora Campi, Et nos cedamus Amori, ſaget das Wun- der der Lateiniſchen Poeten Virgilius. Wer ſolte geglaͤubet haben/ daß ich/ der ich ein Wunder bin inter eruditos hujus ſeculi, und numehr meine fuͤnff und ſechtzig Jahr cum ſumma reputatione erreichet/ mich auffs neue ſolte per faces atqve ar- cus Cupidinis haben uͤberwinden laſſen? Ach Cœleſtina! ach Cœleſtina! tu mihi ſpes voti, tu mihi ſummus Amor, wenn ich deine roſenliebli- che Wangen betrachte/ werde ich verjuͤnget/ als ein ander Phœnix. Aber qvid hæc ſuſpiria ſolus montibus & ſylvis? Virgilius Ecloga 2. Wa- rum greiff ich nicht zu Mitteln/ und verſuche/ was zu erhalten. Haſce amoris mei interpretes Epiſto- las, Cicero ad Atticum, ha be ich heute fruͤh (Auro- ra Muſis amica) mit hoͤchſtem Judicio & ingenio zuſammen geſetzet/ und warte nur auff Gelegen- heit/ ihr ſelbige durch ein beqvemes ſubject, wel- ches B 3
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Schertz-Spiel.
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Sophia. Der Schatz iſt offenbahr/ ob er wol nicht viel
werth. Schneidet mir dieſe Haar von dem
Haupt/ und verkauffet ſie irgends einer Hoff Da-
men.
Flaccilla. Der Gewinn von dieſer Kauffmanſchafft wird
ſo groß nicht ſeyn.
Sophia. Geringe Handels Leute muͤſſen nicht gar zu groſ-
ſen Gewinn hoffen. Loͤſet mir die Flechten auff!
Laſſet uns hinein! denn die Noth leidet keinen
Auffſchub.
Flaccilla. O hoͤchſte Tugend! wie unwerth biſt du in die-
ſem Armuth/ und wie ungeachtet in dieſem Elend!
Sempronius.
Αιὼν πάντα ϕέρει, Sed omnia vincit Amor, O-
mnia, id eſt, omnes homines, & omnia pecora
Campi, Et nos cedamus Amori, ſaget das Wun-
der der Lateiniſchen Poeten Virgilius. Wer ſolte
geglaͤubet haben/ daß ich/ der ich ein Wunder bin
inter eruditos hujus ſeculi, und numehr meine
fuͤnff und ſechtzig Jahr cum ſumma reputatione
erreichet/ mich auffs neue ſolte per faces atqve ar-
cus Cupidinis haben uͤberwinden laſſen? Ach
Cœleſtina! ach Cœleſtina! tu mihi ſpes voti, tu
mihi ſummus Amor, wenn ich deine roſenliebli-
che Wangen betrachte/ werde ich verjuͤnget/ als
ein ander Phœnix. Aber qvid hæc ſuſpiria ſolus
montibus & ſylvis? Virgilius Ecloga 2. Wa-
rum greiff ich nicht zu Mitteln/ und verſuche/ was
zu erhalten. Haſce amoris mei interpretes Epiſto-
las, Cicero ad Atticum, ha be ich heute fruͤh (Auro-
ra Muſis amica) mit hoͤchſtem Judicio & ingenio
zuſammen geſetzet/ und warte nur auff Gelegen-
heit/ ihr ſelbige durch ein beqvemes ſubject, wel-
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Zitationshilfe: | Gryphius, Andreas: Horribilicribrifax. Breslau, 1665, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_horribilicribrifax_1663/25>, abgerufen am 16.02.2025. |