Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.hat, so erinnern auch seine Novellen trotz alles realistischen Bemühens vielfach an die Weise der Auffassung und Darstellung, wie sie in romantischer Zeit üblich war. Die hier ausgewählte Novelle hat den Vorzug vor manchen andern erhalten, nicht nur, weil unsere Literatur besonders arm ist an maßvoll gehaltenen humoristischen Erzählungen, sondern auch weil bei den ernsten und tieferen Problemen, die Grosse sich in seinen Erzählungen zu wählen pflegt, häufig ein gewisses Missverhältnis zwischen der fast überreichen Phantasie und der künstlerischen Durchbildung sich fühlbar macht, jene lyrische, um die Wirklichkeit unbekümmerte Stimmung, die Grosse eben mit A. von Arnim gemein hat. Daß in beiden ein wahrhaft dichterischer Geist selbst in ihren barocken Unregelmäßigkeiten und phantastischen Wagnissen sich rege, wird niemand bestreiten, und in dieser Hinsicht kann der novellistische Schwank, den wir hier mittheilen, von dem tiefsten Wesen des reichbegabten Dichters allerdings nur eine ungenügende Vorstellung geben. hat, so erinnern auch seine Novellen trotz alles realistischen Bemühens vielfach an die Weise der Auffassung und Darstellung, wie sie in romantischer Zeit üblich war. Die hier ausgewählte Novelle hat den Vorzug vor manchen andern erhalten, nicht nur, weil unsere Literatur besonders arm ist an maßvoll gehaltenen humoristischen Erzählungen, sondern auch weil bei den ernsten und tieferen Problemen, die Grosse sich in seinen Erzählungen zu wählen pflegt, häufig ein gewisses Missverhältnis zwischen der fast überreichen Phantasie und der künstlerischen Durchbildung sich fühlbar macht, jene lyrische, um die Wirklichkeit unbekümmerte Stimmung, die Grosse eben mit A. von Arnim gemein hat. Daß in beiden ein wahrhaft dichterischer Geist selbst in ihren barocken Unregelmäßigkeiten und phantastischen Wagnissen sich rege, wird niemand bestreiten, und in dieser Hinsicht kann der novellistische Schwank, den wir hier mittheilen, von dem tiefsten Wesen des reichbegabten Dichters allerdings nur eine ungenügende Vorstellung geben. <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <p><pb facs="#f0006"/> hat, so erinnern auch seine Novellen trotz alles realistischen Bemühens vielfach an die Weise der Auffassung und Darstellung, wie sie in romantischer Zeit üblich war.</p><lb/> <p>Die hier ausgewählte Novelle hat den Vorzug vor manchen andern erhalten, nicht nur, weil unsere Literatur besonders arm ist an maßvoll gehaltenen humoristischen Erzählungen, sondern auch weil bei den ernsten und tieferen Problemen, die Grosse sich in seinen Erzählungen zu wählen pflegt, häufig ein gewisses Missverhältnis zwischen der fast überreichen Phantasie und der künstlerischen Durchbildung sich fühlbar macht, jene lyrische, um die Wirklichkeit unbekümmerte Stimmung, die Grosse eben mit A. von Arnim gemein hat. Daß in beiden ein wahrhaft dichterischer Geist selbst in ihren barocken Unregelmäßigkeiten und phantastischen Wagnissen sich rege, wird niemand bestreiten, und in dieser Hinsicht kann der novellistische Schwank, den wir hier mittheilen, von dem tiefsten Wesen des reichbegabten Dichters allerdings nur eine ungenügende Vorstellung geben.</p><lb/> </div> </front> </text> </TEI> [0006]
hat, so erinnern auch seine Novellen trotz alles realistischen Bemühens vielfach an die Weise der Auffassung und Darstellung, wie sie in romantischer Zeit üblich war.
Die hier ausgewählte Novelle hat den Vorzug vor manchen andern erhalten, nicht nur, weil unsere Literatur besonders arm ist an maßvoll gehaltenen humoristischen Erzählungen, sondern auch weil bei den ernsten und tieferen Problemen, die Grosse sich in seinen Erzählungen zu wählen pflegt, häufig ein gewisses Missverhältnis zwischen der fast überreichen Phantasie und der künstlerischen Durchbildung sich fühlbar macht, jene lyrische, um die Wirklichkeit unbekümmerte Stimmung, die Grosse eben mit A. von Arnim gemein hat. Daß in beiden ein wahrhaft dichterischer Geist selbst in ihren barocken Unregelmäßigkeiten und phantastischen Wagnissen sich rege, wird niemand bestreiten, und in dieser Hinsicht kann der novellistische Schwank, den wir hier mittheilen, von dem tiefsten Wesen des reichbegabten Dichters allerdings nur eine ungenügende Vorstellung geben.
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