Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Trutz Simplex. Utopia [i. e. Nürnberg], 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

zu ich ihn angenommen und zu brauchen
hatte; so hielte er auch oben vermelte Arti-
cul so nett/ und erzeigte sich so gehorsam/
daß ich die geringste Ursach nicht hatte/ mich
über ihn zu beschweren; Ja/ wann er mir an-
sehen konte/ was mein Will war/ so war er
schon bereit solchen zu vollbringen; dann er
war in meiner Liebe so gar ersoffen/ daß er
mit hörenden Ohren nit hörete/ noch mit se-
henden Augen nit sahe/ was er an mir/ und
ich an ihm hatte/ sondern er vermeinete viel-
mehr/ er hätte die allerfrömste/ getreueste/
verständigste und keuscheste Liebste auf Er-
den/ worzu mir und ihm dann meine ange-
nommene Mutter/ die er meinetwegen auch
in grossen Ehren hielte/ trefflich zu helffen
wuste; diese war viel listiger als eine Füchs-
sin/ viel geitziger als eine Wölffin/ und ich
kan nicht sagen/ ob sie in der Kunst Gelt zu
gewinnen oder zu cupplen am vortrefflich-
sten gewesen sey; Wann ich ein loß Stück-
lein in dergleichen Sachen im Sinn hatte/
und ich mich um etwas scheuete (dann ich
wolte vor gar fromm und schamhafftig an-
gesehen seyn) so dorffte ichs ihr nur anver-

trauen

zu ich ihn angenommen und zu brauchen
hatte; ſo hielte er auch oben vermelte Arti-
cul ſo nett/ und erzeigte ſich ſo gehorſam/
daß ich die geringſte Urſach nicht hatte/ mich
uͤber ihn zu beſchweren; Ja/ wann er miꝛ an-
ſehen konte/ was mein Will war/ ſo war er
ſchon bereit ſolchen zu vollbringen; dann er
war in meiner Liebe ſo gar erſoffen/ daß er
mit hoͤrenden Ohren nit hoͤrete/ noch mit ſe-
henden Augen nit ſahe/ was er an mir/ und
ich an ihm hatte/ ſondern er vermeinete viel-
mehr/ er haͤtte die allerfroͤmſte/ getreueſte/
verſtaͤndigſte und keuſcheſte Liebſte auf Er-
den/ worzu mir und ihm dann meine ange-
nommene Mutter/ die er meinetwegen auch
in groſſen Ehren hielte/ trefflich zu helffen
wuſte; dieſe war viel liſtiger als eine Fuͤchſ-
ſin/ viel geitziger als eine Woͤlffin/ und ich
kan nicht ſagen/ ob ſie in der Kunſt Gelt zu
gewinnen oder zu cupplen am vortrefflich-
ſten geweſen ſey; Wann ich ein loß Stuͤck-
lein in dergleichen Sachen im Sinn hatte/
und ich mich um etwas ſcheuete (dann ich
wolte vor gar fromm und ſchamhafftig an-
geſehen ſeyn) ſo dorffte ichs ihr nur anver-

trauen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0150" n="148"/>
zu ich ihn angenommen und zu brauchen<lb/>
hatte; &#x017F;o hielte er auch oben vermelte Arti-<lb/>
cul &#x017F;o nett/ und erzeigte &#x017F;ich &#x017F;o gehor&#x017F;am/<lb/>
daß ich die gering&#x017F;te Ur&#x017F;ach nicht hatte/ mich<lb/>
u&#x0364;ber ihn zu be&#x017F;chweren; Ja/ wann er mi&#xA75B; an-<lb/>
&#x017F;ehen konte/ was mein Will war/ &#x017F;o war er<lb/>
&#x017F;chon bereit &#x017F;olchen zu vollbringen; dann er<lb/>
war in meiner Liebe &#x017F;o gar er&#x017F;offen/ daß er<lb/>
mit ho&#x0364;renden Ohren nit ho&#x0364;rete/ noch mit &#x017F;e-<lb/>
henden Augen nit &#x017F;ahe/ was er an mir/ und<lb/>
ich an ihm hatte/ &#x017F;ondern er vermeinete viel-<lb/>
mehr/ er ha&#x0364;tte die allerfro&#x0364;m&#x017F;te/ getreue&#x017F;te/<lb/>
ver&#x017F;ta&#x0364;ndig&#x017F;te und keu&#x017F;che&#x017F;te Lieb&#x017F;te auf Er-<lb/>
den/ worzu mir und ihm dann meine ange-<lb/>
nommene Mutter/ die er meinetwegen auch<lb/>
in gro&#x017F;&#x017F;en Ehren hielte/ trefflich zu helffen<lb/>
wu&#x017F;te; die&#x017F;e war viel li&#x017F;tiger als eine Fu&#x0364;ch&#x017F;-<lb/>
&#x017F;in/ viel geitziger als eine Wo&#x0364;lffin/ und ich<lb/>
kan nicht &#x017F;agen/ ob &#x017F;ie in der Kun&#x017F;t Gelt zu<lb/>
gewinnen oder zu cupplen am vortrefflich-<lb/>
&#x017F;ten gewe&#x017F;en &#x017F;ey; Wann ich ein loß Stu&#x0364;ck-<lb/>
lein in dergleichen Sachen im Sinn hatte/<lb/>
und ich mich um etwas &#x017F;cheuete (dann ich<lb/>
wolte vor gar fromm und &#x017F;chamhafftig an-<lb/>
ge&#x017F;ehen &#x017F;eyn) &#x017F;o dorffte ichs ihr nur anver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">trauen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0150] zu ich ihn angenommen und zu brauchen hatte; ſo hielte er auch oben vermelte Arti- cul ſo nett/ und erzeigte ſich ſo gehorſam/ daß ich die geringſte Urſach nicht hatte/ mich uͤber ihn zu beſchweren; Ja/ wann er miꝛ an- ſehen konte/ was mein Will war/ ſo war er ſchon bereit ſolchen zu vollbringen; dann er war in meiner Liebe ſo gar erſoffen/ daß er mit hoͤrenden Ohren nit hoͤrete/ noch mit ſe- henden Augen nit ſahe/ was er an mir/ und ich an ihm hatte/ ſondern er vermeinete viel- mehr/ er haͤtte die allerfroͤmſte/ getreueſte/ verſtaͤndigſte und keuſcheſte Liebſte auf Er- den/ worzu mir und ihm dann meine ange- nommene Mutter/ die er meinetwegen auch in groſſen Ehren hielte/ trefflich zu helffen wuſte; dieſe war viel liſtiger als eine Fuͤchſ- ſin/ viel geitziger als eine Woͤlffin/ und ich kan nicht ſagen/ ob ſie in der Kunſt Gelt zu gewinnen oder zu cupplen am vortrefflich- ſten geweſen ſey; Wann ich ein loß Stuͤck- lein in dergleichen Sachen im Sinn hatte/ und ich mich um etwas ſcheuete (dann ich wolte vor gar fromm und ſchamhafftig an- geſehen ſeyn) ſo dorffte ichs ihr nur anver- trauen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670/150
Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Trutz Simplex. Utopia [i. e. Nürnberg], 1670, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670/150>, abgerufen am 22.11.2024.