Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Trutz Simplex. Utopia [i. e. Nürnberg], 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

schier den Kopff/ oder wenigst sein Major
Stell verlohren hätte/ um daß er sich von ei-
nem Weibsbild vor der Brigaden hinweg
fangen lassen/ und dardurch dem Troup-
pen eine Unordnung und gäntzliche Zer-
trennung verursacht/ wofern er nicht sich
damit ausgeredet/ daß ihn die Jenige so
ihn hinweg genommen/ durch Zauberey
verblendet; zu letzt hätte er doch aus Scham
resignirt/ und Dänische Dienst angenom-
men.

Die folgende Nacht logirten wir in ei-
nem Quartier/ darinn wenig zum besten
war/ allwo mich der Obrist Leut. zwang/
zu revange seiner Schmach/ wie ers nen-
nete/ seine viehische Begierden zu vollbrin-
gen/ worbey doch (pfuy der schändlichen
Thorheit) weder Lust noch Freud seyn kon-
te/ in dem er mir an statt der Küß/ ob ich
mich gleich nit sonderlich sperret/ nur dich-
te Ohrfeigen gab; den andern Tag rissen
sie unversehens aus wie die flüchtige Haa-
sen/ hinter denen die Windhund herstrei-
chen/ also daß ich mir nichts anders einbil-
den konnte/ als daß sie der Tilly jagte/ wie-

wohl

ſchier den Kopff/ oder wenigſt ſein Major
Stell verlohren haͤtte/ um daß er ſich von ei-
nem Weibsbild vor der Brigaden hinweg
fangen laſſen/ und dardurch dem Troup-
pen eine Unordnung und gaͤntzliche Zer-
trennung verurſacht/ wofern er nicht ſich
damit ausgeredet/ daß ihn die Jenige ſo
ihn hinweg genommen/ durch Zauberey
verblendet; zu letzt haͤtte er doch aus Scham
reſignirt/ und Daͤniſche Dienſt angenom-
men.

Die folgende Nacht logirten wir in ei-
nem Quartier/ darinn wenig zum beſten
war/ allwo mich der Obriſt Leut. zwang/
zu revange ſeiner Schmach/ wie ers nen-
nete/ ſeine viehiſche Begierden zu vollbrin-
gen/ worbey doch (pfuy der ſchaͤndlichen
Thorheit) weder Luſt noch Freud ſeyn kon-
te/ in dem er mir an ſtatt der Kuͤß/ ob ich
mich gleich nit ſonderlich ſperret/ nur dich-
te Ohrfeigen gab; den andern Tag riſſen
ſie unverſehens aus wie die fluͤchtige Haa-
ſen/ hinter denen die Windhund herſtrei-
chen/ alſo daß ich mir nichts anders einbil-
den konnte/ als daß ſie der Tilly jagte/ wie-

wohl
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0112" n="110"/>
&#x017F;chier den Kopff/ oder wenig&#x017F;t &#x017F;ein Major<lb/>
Stell verlohren ha&#x0364;tte/ um daß er &#x017F;ich von ei-<lb/>
nem Weibsbild vor der Brigaden hinweg<lb/>
fangen la&#x017F;&#x017F;en/ und dardurch dem Troup-<lb/>
pen eine Unordnung und ga&#x0364;ntzliche Zer-<lb/>
trennung verur&#x017F;acht/ wofern er nicht &#x017F;ich<lb/>
damit ausgeredet/ daß ihn die Jenige &#x017F;o<lb/>
ihn hinweg genommen/ durch Zauberey<lb/>
verblendet; zu letzt ha&#x0364;tte er doch aus Scham<lb/><hi rendition="#aq">re&#x017F;igni</hi>rt/ und Da&#x0364;ni&#x017F;che Dien&#x017F;t angenom-<lb/>
men.</p><lb/>
        <p>Die folgende Nacht <hi rendition="#aq">logi</hi>rten wir in ei-<lb/>
nem Quartier/ darinn wenig zum be&#x017F;ten<lb/>
war/ allwo mich der Obri&#x017F;t Leut. zwang/<lb/>
zu <hi rendition="#aq">revange</hi> &#x017F;einer Schmach/ wie ers nen-<lb/>
nete/ &#x017F;eine viehi&#x017F;che Begierden zu vollbrin-<lb/>
gen/ worbey doch (pfuy der &#x017F;cha&#x0364;ndlichen<lb/>
Thorheit) weder Lu&#x017F;t noch Freud &#x017F;eyn kon-<lb/>
te/ in dem er mir an &#x017F;tatt der Ku&#x0364;ß/ ob ich<lb/>
mich gleich nit &#x017F;onderlich &#x017F;perret/ nur dich-<lb/>
te Ohrfeigen gab; den andern Tag ri&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ie unver&#x017F;ehens aus wie die flu&#x0364;chtige Haa-<lb/>
&#x017F;en/ hinter denen die Windhund her&#x017F;trei-<lb/>
chen/ al&#x017F;o daß ich mir nichts anders einbil-<lb/>
den konnte/ als daß &#x017F;ie der Tilly jagte/ wie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wohl</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0112] ſchier den Kopff/ oder wenigſt ſein Major Stell verlohren haͤtte/ um daß er ſich von ei- nem Weibsbild vor der Brigaden hinweg fangen laſſen/ und dardurch dem Troup- pen eine Unordnung und gaͤntzliche Zer- trennung verurſacht/ wofern er nicht ſich damit ausgeredet/ daß ihn die Jenige ſo ihn hinweg genommen/ durch Zauberey verblendet; zu letzt haͤtte er doch aus Scham reſignirt/ und Daͤniſche Dienſt angenom- men. Die folgende Nacht logirten wir in ei- nem Quartier/ darinn wenig zum beſten war/ allwo mich der Obriſt Leut. zwang/ zu revange ſeiner Schmach/ wie ers nen- nete/ ſeine viehiſche Begierden zu vollbrin- gen/ worbey doch (pfuy der ſchaͤndlichen Thorheit) weder Luſt noch Freud ſeyn kon- te/ in dem er mir an ſtatt der Kuͤß/ ob ich mich gleich nit ſonderlich ſperret/ nur dich- te Ohrfeigen gab; den andern Tag riſſen ſie unverſehens aus wie die fluͤchtige Haa- ſen/ hinter denen die Windhund herſtrei- chen/ alſo daß ich mir nichts anders einbil- den konnte/ als daß ſie der Tilly jagte/ wie- wohl

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670/112
Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Trutz Simplex. Utopia [i. e. Nürnberg], 1670, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670/112>, abgerufen am 24.11.2024.