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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
beklagte er/ nemlich sein verlorne hoch-schwangere
Gemahlin/ die verlorne Schlacht/ und daß er nicht
gleich andern redlichen Soldaten/ in derselben vor
das Evangelium sein Leben zu lassen/ das Glück ge-
habt hätte. Jch wolte ihn trösten/ sahe aber bald/
daß seine Großmüthigkeit keines Trostes bedorffte/
demnach theilte ich mit/ was das Hauß vermochte/
und ließ ihm ein Soldaten-Bett von frischem Stroh
machen/ weil er in kein anders ligen wolte/ wiewol er
der Ruhe sehr bedürfftig war. Das erste/ das er den
folgenden Morgen thät/ war/ daß er mir sein Pferd
schenckte/ und sein Gelt (so er an Gold in keiner klei-
nen Zahl bey sich hatte) sampt etlich köstlichen Rin-
gen/ unter meine Frau/ Kinder und Gesind außthei-
lete. Jch wuste nicht wie ich mit ihm dran war/ weil
die Soldaten viel eher zu nemmen als zu geben pfle-
gen; trug derowegen Bedenckens/ so grosse Vereh-
rungen anzunemmen/ und wandte vor/ daß ich sol-
ches umb ihn nicht meritirt/ noch hinwiederumb zu
verdienen wisse/ zu dem sagte ich/ wenn man solchen
Reichthum/ und sonderlich das köstliche Pferd/ wel-
ches sich nicht verbergen liesse/ bey mir und den Mei-
nigen sehe/ so würde männiglich schliessen/ ich hätte
ihn berauben/ oder gar ermorden helffen. Er aber
sagte/ ich solte dißfalls ohne Sorg leben/ er wolte
mich vor solcher Gefahr mit seiner eigenen Hand-
schrifft versichern/ ja er begehre so gar sein Hemd/ ge-
schweige seine Kleider auß meinem Pfarrhof nicht zu
tragen/ und mit dem öffnet er mir seinen Vorsatz/ ein
Einsidel zu werden: Jch wehrete mit Händen und
Füssen was ich konte/ weil mich bedünckte/ daß solch
Vorhaben zumal nach dem Pabstum schmeckte/ mit

Erin-

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
beklagte er/ nemlich ſein verlorne hoch-ſchwangere
Gemahlin/ die verlorne Schlacht/ und daß er nicht
gleich andern redlichen Soldaten/ in derſelben vor
das Evangelium ſein Leben zu laſſen/ das Gluͤck ge-
habt haͤtte. Jch wolte ihn troͤſten/ ſahe aber bald/
daß ſeine Großmuͤthigkeit keines Troſtes bedorffte/
demnach theilte ich mit/ was das Hauß vermochte/
und ließ ihm ein Soldaten-Bett von friſchem Stroh
machen/ weil er in kein anders ligen wolte/ wiewol er
der Ruhe ſehr beduͤrfftig war. Das erſte/ das er den
folgenden Morgen thaͤt/ war/ daß er mir ſein Pferd
ſchenckte/ und ſein Gelt (ſo er an Gold in keiner klei-
nen Zahl bey ſich hatte) ſampt etlich koͤſtlichen Rin-
gen/ unter meine Frau/ Kinder und Geſind außthei-
lete. Jch wuſte nicht wie ich mit ihm dran war/ weil
die Soldaten viel eher zu nemmen als zu geben pfle-
gen; trug derowegen Bedenckens/ ſo groſſe Vereh-
rungen anzunemmen/ und wandte vor/ daß ich ſol-
ches umb ihn nicht meritirt/ noch hinwiederumb zu
verdienen wiſſe/ zu dem ſagte ich/ wenn man ſolchen
Reichthum/ und ſonderlich das koͤſtliche Pferd/ wel-
ches ſich nicht verbergen lieſſe/ bey mir und den Mei-
nigen ſehe/ ſo wuͤrde maͤnniglich ſchlieſſen/ ich haͤtte
ihn berauben/ oder gar ermorden helffen. Er aber
ſagte/ ich ſolte dißfalls ohne Sorg leben/ er wolte
mich vor ſolcher Gefahr mit ſeiner eigenen Hand-
ſchrifft verſichern/ ja er begehre ſo gar ſein Hemd/ ge-
ſchweige ſeine Kleider auß meinem Pfarꝛhof nicht zu
tragen/ und mit dem oͤffnet er mir ſeinen Vorſatz/ ein
Einſidel zu werden: Jch wehrete mit Haͤnden und
Fuͤſſen was ich konte/ weil mich beduͤnckte/ daß ſolch
Vorhaben zumal nach dem Pabſtum ſchmeckte/ mit

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[78/0084] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi beklagte er/ nemlich ſein verlorne hoch-ſchwangere Gemahlin/ die verlorne Schlacht/ und daß er nicht gleich andern redlichen Soldaten/ in derſelben vor das Evangelium ſein Leben zu laſſen/ das Gluͤck ge- habt haͤtte. Jch wolte ihn troͤſten/ ſahe aber bald/ daß ſeine Großmuͤthigkeit keines Troſtes bedorffte/ demnach theilte ich mit/ was das Hauß vermochte/ und ließ ihm ein Soldaten-Bett von friſchem Stroh machen/ weil er in kein anders ligen wolte/ wiewol er der Ruhe ſehr beduͤrfftig war. Das erſte/ das er den folgenden Morgen thaͤt/ war/ daß er mir ſein Pferd ſchenckte/ und ſein Gelt (ſo er an Gold in keiner klei- nen Zahl bey ſich hatte) ſampt etlich koͤſtlichen Rin- gen/ unter meine Frau/ Kinder und Geſind außthei- lete. Jch wuſte nicht wie ich mit ihm dran war/ weil die Soldaten viel eher zu nemmen als zu geben pfle- gen; trug derowegen Bedenckens/ ſo groſſe Vereh- rungen anzunemmen/ und wandte vor/ daß ich ſol- ches umb ihn nicht meritirt/ noch hinwiederumb zu verdienen wiſſe/ zu dem ſagte ich/ wenn man ſolchen Reichthum/ und ſonderlich das koͤſtliche Pferd/ wel- ches ſich nicht verbergen lieſſe/ bey mir und den Mei- nigen ſehe/ ſo wuͤrde maͤnniglich ſchlieſſen/ ich haͤtte ihn berauben/ oder gar ermorden helffen. Er aber ſagte/ ich ſolte dißfalls ohne Sorg leben/ er wolte mich vor ſolcher Gefahr mit ſeiner eigenen Hand- ſchrifft verſichern/ ja er begehre ſo gar ſein Hemd/ ge- ſchweige ſeine Kleider auß meinem Pfarꝛhof nicht zu tragen/ und mit dem oͤffnet er mir ſeinen Vorſatz/ ein Einſidel zu werden: Jch wehrete mit Haͤnden und Fuͤſſen was ich konte/ weil mich beduͤnckte/ daß ſolch Vorhaben zumal nach dem Pabſtum ſchmeckte/ mit Erin-

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/84>, abgerufen am 25.11.2024.