Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfftes Buch.
rauff zum Fenster hinauß/ und wie mein guter Herr
Obrister mit seinen Söhnen in den einen/ und die
Frau Obristin mit ihren Töchtern in den andern ein-
stiege/ es waren deß Groß-Fürsten Fuhren und
Liberey/ zumalen etliche Geistliche darbey/ so diesem
Ehevolck gleichsam auffwarteten/ und allen guten
geneigten Willen erzeigten.

Das XXI. Capitel.

VOn dieser Zeit an wurde ich zwar nit offentlich/
sondern heimlich durch etliche Strelizen verwa-
chet/ ohne daß ichs einmal gewust hätte/ und mein
Obrister oder die seinige wurden mir nit einmal mehr
zu sehen/ also daß ichs nicht wissen konte wo er hin
kommen/ damals setzte es/ wie leicht zu erachten/ seltza-
me Grillen/ und ohne Zweiffel auch viel graue Haar
auff meinem Kopff. Jch machte Kundschafft mit den
Teutschen/ die sich beydes von Kauff- und Hand-
wercksleuten in der Moscan ordinari auffhalten/ und
klagte denselben mein Anligen/ und welcher gestalt
ich mit Gefährden hindergangen worden/ die ga-
ben mir Trost und Anleitung/ wie ich wieder mit
guter Gelegenheit in Teutschland kommen könte:
So bald sie aber Wind bekamen/ daß der Zaar
mich im Land zu behalten entschlossen/ und mich
hierzu dringen wolte/ wurden sie alle zu Stummen
an mir/ ja sie äusserten sich auch meiner/ und wur-
de mir schwer/ auch nur vor meinen Leib Her-
berg zu bekommen/ dann ich hatte mein Pferd sampt
Sattel und Zeug bereits verzehrt/ und trennete heut

eine

Fuͤnfftes Buch.
rauff zum Fenſter hinauß/ und wie mein guter Herꝛ
Obriſter mit ſeinen Soͤhnen in den einen/ und die
Frau Obriſtin mit ihren Toͤchtern in den andern ein-
ſtiege/ es waren deß Groß-Fuͤrſten Fuhren und
Liberey/ zumalen etliche Geiſtliche darbey/ ſo dieſem
Ehevolck gleichſam auffwarteten/ und allen guten
geneigten Willen erzeigten.

Das XXI. Capitel.

VOn dieſer Zeit an wurde ich zwar nit offentlich/
ſondern heimlich durch etliche Strelizen verwa-
chet/ ohne daß ichs einmal gewuſt haͤtte/ und mein
Obriſter oder die ſeinige wurden mir nit einmal mehr
zu ſehen/ alſo daß ichs nicht wiſſen konte wo er hin
kom̃en/ damals ſetzte es/ wie leicht zu erachten/ ſeltza-
me Grillen/ und ohne Zweiffel auch viel graue Haar
auff meinem Kopff. Jch machte Kundſchafft mit den
Teutſchen/ die ſich beydes von Kauff- und Hand-
wercksleuten in der Moſcan ordinari auffhalten/ und
klagte denſelben mein Anligen/ und welcher geſtalt
ich mit Gefaͤhrden hindergangen woꝛden/ die ga-
ben mir Troſt und Anleitung/ wie ich wieder mit
guter Gelegenheit in Teutſchland kommen koͤnte:
So bald ſie aber Wind bekamen/ daß der Zaar
mich im Land zu behalten entſchloſſen/ und mich
hierzu dringen wolte/ wurden ſie alle zu Stummen
an mir/ ja ſie aͤuſſerten ſich auch meiner/ und wur-
de mir ſchwer/ auch nur vor meinen Leib Her-
berg zu bekommen/ dann ich hatte mein Pferd ſampt
Sattel und Zeug bereits verzehrt/ und trennete heut

eine
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0601" n="595"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nfftes Buch.</hi></fw><lb/>
rauff zum Fen&#x017F;ter hinauß/ und wie mein guter Her&#xA75B;<lb/>
Obri&#x017F;ter mit &#x017F;einen So&#x0364;hnen in den einen/ und die<lb/>
Frau Obri&#x017F;tin mit ihren To&#x0364;chtern in den andern ein-<lb/>
&#x017F;tiege/ es waren deß Groß-Fu&#x0364;r&#x017F;ten Fuhren und<lb/>
Liberey/ zumalen etliche Gei&#x017F;tliche darbey/ &#x017F;o die&#x017F;em<lb/>
Ehevolck gleich&#x017F;am auffwarteten/ und allen guten<lb/>
geneigten Willen erzeigten.</p>
      </div><lb/>
      <div n="2">
        <head> <hi rendition="#fr">Das</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">XXI.</hi> </hi> <hi rendition="#fr">Capitel.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">V</hi>On die&#x017F;er Zeit an wurde ich zwar nit offentlich/<lb/>
&#x017F;ondern heimlich durch etliche Strelizen verwa-<lb/>
chet/ ohne daß ichs einmal gewu&#x017F;t ha&#x0364;tte/ und mein<lb/>
Obri&#x017F;ter oder die &#x017F;einige wurden mir nit einmal mehr<lb/>
zu &#x017F;ehen/ al&#x017F;o daß ichs nicht wi&#x017F;&#x017F;en konte wo er hin<lb/>
kom&#x0303;en/ damals &#x017F;etzte es/ wie leicht zu erachten/ &#x017F;eltza-<lb/>
me Grillen/ und ohne Zweiffel auch viel graue Haar<lb/>
auff meinem Kopff. Jch machte Kund&#x017F;chafft mit den<lb/>
Teut&#x017F;chen/ die &#x017F;ich beydes von Kauff- und Hand-<lb/>
wercksleuten in der Mo&#x017F;can <hi rendition="#aq">ordinari</hi> auffhalten/ und<lb/>
klagte den&#x017F;elben mein Anligen/ und welcher ge&#x017F;talt<lb/>
ich mit Gefa&#x0364;hrden hindergangen wo&#xA75B;den/ die ga-<lb/>
ben mir Tro&#x017F;t und Anleitung/ wie ich wieder mit<lb/>
guter Gelegenheit in Teut&#x017F;chland kommen ko&#x0364;nte:<lb/>
So bald &#x017F;ie aber Wind bekamen/ daß der Zaar<lb/>
mich im Land zu behalten ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/ und mich<lb/>
hierzu dringen wolte/ wurden &#x017F;ie alle zu Stummen<lb/>
an mir/ ja &#x017F;ie a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erten &#x017F;ich auch meiner/ und wur-<lb/>
de mir &#x017F;chwer/ auch nur vor meinen Leib Her-<lb/>
berg zu bekommen/ dann ich hatte mein Pferd &#x017F;ampt<lb/>
Sattel und Zeug bereits verzehrt/ und trennete heut<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">eine</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[595/0601] Fuͤnfftes Buch. rauff zum Fenſter hinauß/ und wie mein guter Herꝛ Obriſter mit ſeinen Soͤhnen in den einen/ und die Frau Obriſtin mit ihren Toͤchtern in den andern ein- ſtiege/ es waren deß Groß-Fuͤrſten Fuhren und Liberey/ zumalen etliche Geiſtliche darbey/ ſo dieſem Ehevolck gleichſam auffwarteten/ und allen guten geneigten Willen erzeigten. Das XXI. Capitel. VOn dieſer Zeit an wurde ich zwar nit offentlich/ ſondern heimlich durch etliche Strelizen verwa- chet/ ohne daß ichs einmal gewuſt haͤtte/ und mein Obriſter oder die ſeinige wurden mir nit einmal mehr zu ſehen/ alſo daß ichs nicht wiſſen konte wo er hin kom̃en/ damals ſetzte es/ wie leicht zu erachten/ ſeltza- me Grillen/ und ohne Zweiffel auch viel graue Haar auff meinem Kopff. Jch machte Kundſchafft mit den Teutſchen/ die ſich beydes von Kauff- und Hand- wercksleuten in der Moſcan ordinari auffhalten/ und klagte denſelben mein Anligen/ und welcher geſtalt ich mit Gefaͤhrden hindergangen woꝛden/ die ga- ben mir Troſt und Anleitung/ wie ich wieder mit guter Gelegenheit in Teutſchland kommen koͤnte: So bald ſie aber Wind bekamen/ daß der Zaar mich im Land zu behalten entſchloſſen/ und mich hierzu dringen wolte/ wurden ſie alle zu Stummen an mir/ ja ſie aͤuſſerten ſich auch meiner/ und wur- de mir ſchwer/ auch nur vor meinen Leib Her- berg zu bekommen/ dann ich hatte mein Pferd ſampt Sattel und Zeug bereits verzehrt/ und trennete heut eine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/601
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/601>, abgerufen am 22.11.2024.