Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Abentheurl. Simplicissimi
Underthanen Schos seinen Kopff zu legen/ und da-
rinn sicherlich zu schlaffen; und ihr Maußköpff seyt
nicht so ehrlich/ einer besorgenden geringen Arbeit
willen/ darumb ihr doch mit der Zeit wieder ergetzt
würdet/ und deren all eure Nachkömmling reichlich
zu geniessen hätten/ beydes eurem Hochlöbl. Fürsten
zu Nutz/ und manchem elenden Krancken zur Wol-
fahrt und Gesundheit diesen heylsamen. Sauerbrun-
nen zu offenbaren; was solts seyn/ wann gleich et-
wan jeder ein paar Tag darzu frohnte? Was/ sag-
ten sie/ wir wolten dich/ damit dein Sauerbrunnen
verborgen bleibe/ ehender im Frohn todt schlagen;
Jhr Vögel/ (sagte ich) es müsten eurer mehr seyn!
zuckte darauff meinen Prügel/ und jagte sie damit
für alle Sanct Velten hinweg/ gieng folgends gegen
Nidergang und Mittag Berg abwerts/ und kame
nach vieler Mühe und Arbeit gegen Abend wieder
heim auff meinen Bauren-Hof/ im Werck wahr zu
seyn befindend/ was mir mein Knan zuvor gesagt
hatte/ daß ich nemlich von dieser Wallfahrt nichts
als müde Bein/ und den Hergang vor den Hingang
haben würde.

Das XIX. Capitel.

NAch meiner Heimkunfft hielte ich mich gar ein-
gezogen/ mein gröste Freud und Ergetzung war/
hinter den Büchern zu sitzen/ deren ich mir dann
viel beyschaffte/ die von allerhand Sachen tractirten/
sonderlich solche/ die ein grosses Nachsinnens be-
dorfften; das was die Grammatici und Schulfüchse
wissen müßten/ war mir bald erleidet/ und eben also

wurde

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
Underthanen Schos ſeinen Kopff zu legen/ und da-
rinn ſicherlich zu ſchlaffen; und ihr Maußkoͤpff ſeyt
nicht ſo ehrlich/ einer beſorgenden geringen Arbeit
willen/ darumb ihr doch mit der Zeit wieder ergetzt
wuͤrdet/ und deren all eure Nachkoͤmmling reichlich
zu genieſſen haͤtten/ beydes eurem Hochloͤbl. Fuͤrſten
zu Nutz/ und manchem elenden Krancken zur Wol-
fahrt und Geſundheit dieſen heylſamen. Sauerbrun-
nen zu offenbaren; was ſolts ſeyn/ wann gleich et-
wan jeder ein paar Tag darzu frohnte? Was/ ſag-
ten ſie/ wir wolten dich/ damit dein Sauerbrunnen
verborgen bleibe/ ehender im Frohn todt ſchlagen;
Jhr Voͤgel/ (ſagte ich) es muͤſten eurer mehr ſeyn!
zuckte darauff meinen Pruͤgel/ und jagte ſie damit
fuͤr alle Sanct Velten hinweg/ gieng folgends gegen
Nidergang und Mittag Berg abwerts/ und kame
nach vieler Muͤhe und Arbeit gegen Abend wieder
heim auff meinen Bauren-Hof/ im Werck wahr zu
ſeyn befindend/ was mir mein Knan zuvor geſagt
hatte/ daß ich nemlich von dieſer Wallfahrt nichts
als muͤde Bein/ und den Hergang vor den Hingang
haben wuͤrde.

Das XIX. Capitel.

NAch meiner Heimkunfft hielte ich mich gar ein-
gezogen/ mein groͤſte Freud und Ergetzung war/
hinter den Buͤchern zu ſitzen/ deren ich mir dann
viel beyſchaffte/ die von allerhand Sachen tractirten/
ſonderlich ſolche/ die ein groſſes Nachſinnens be-
dorfften; das was die Grammatici und Schulfuͤchſe
wiſſen muͤßten/ war mir bald erleidet/ und eben alſo

wurde
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0590" n="584"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß Abentheurl. <hi rendition="#aq">Simplici&#x017F;&#x017F;imi</hi></hi></fw><lb/>
Underthanen Schos &#x017F;einen Kopff zu legen/ und da-<lb/>
rinn &#x017F;icherlich zu &#x017F;chlaffen; und ihr Maußko&#x0364;pff &#x017F;eyt<lb/>
nicht &#x017F;o ehrlich/ einer be&#x017F;orgenden geringen Arbeit<lb/>
willen/ darumb ihr doch mit der Zeit wieder ergetzt<lb/>
wu&#x0364;rdet/ und deren all eure Nachko&#x0364;mmling reichlich<lb/>
zu genie&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tten/ beydes eurem Hochlo&#x0364;bl. Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
zu Nutz/ und manchem elenden Krancken zur Wol-<lb/>
fahrt und Ge&#x017F;undheit die&#x017F;en heyl&#x017F;amen. Sauerbrun-<lb/>
nen zu offenbaren; was &#x017F;olts &#x017F;eyn/ wann gleich et-<lb/>
wan jeder ein paar Tag darzu frohnte? Was/ &#x017F;ag-<lb/>
ten &#x017F;ie/ wir wolten dich/ damit dein Sauerbrunnen<lb/>
verborgen bleibe/ ehender im Frohn todt &#x017F;chlagen;<lb/>
Jhr Vo&#x0364;gel/ (&#x017F;agte ich) es mu&#x0364;&#x017F;ten eurer mehr &#x017F;eyn!<lb/>
zuckte darauff meinen Pru&#x0364;gel/ und jagte &#x017F;ie damit<lb/>
fu&#x0364;r alle <hi rendition="#aq">Sanct</hi> Velten hinweg/ gieng folgends gegen<lb/>
Nidergang und Mittag Berg abwerts/ und kame<lb/>
nach vieler Mu&#x0364;he und Arbeit gegen Abend wieder<lb/>
heim auff meinen Bauren-Hof/ im Werck wahr zu<lb/>
&#x017F;eyn befindend/ was mir mein Knan zuvor ge&#x017F;agt<lb/>
hatte/ daß ich nemlich von die&#x017F;er Wallfahrt nichts<lb/>
als mu&#x0364;de Bein/ und den Hergang vor den Hingang<lb/>
haben wu&#x0364;rde.</p>
      </div><lb/>
      <div n="2">
        <head> <hi rendition="#fr">Das</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">XIX.</hi> </hi> <hi rendition="#fr">Capitel.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">N</hi>Ach meiner Heimkunfft hielte ich mich gar ein-<lb/>
gezogen/ mein gro&#x0364;&#x017F;te Freud und Ergetzung war/<lb/>
hinter den Bu&#x0364;chern zu &#x017F;itzen/ deren ich mir dann<lb/>
viel bey&#x017F;chaffte/ die von allerhand Sachen <hi rendition="#aq">tracti</hi>rten/<lb/>
&#x017F;onderlich &#x017F;olche/ die ein gro&#x017F;&#x017F;es Nach&#x017F;innens be-<lb/>
dorfften; das was die <hi rendition="#aq">Grammatici</hi> und Schulfu&#x0364;ch&#x017F;e<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;ßten/ war mir bald erleidet/ und eben al&#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wurde</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[584/0590] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi Underthanen Schos ſeinen Kopff zu legen/ und da- rinn ſicherlich zu ſchlaffen; und ihr Maußkoͤpff ſeyt nicht ſo ehrlich/ einer beſorgenden geringen Arbeit willen/ darumb ihr doch mit der Zeit wieder ergetzt wuͤrdet/ und deren all eure Nachkoͤmmling reichlich zu genieſſen haͤtten/ beydes eurem Hochloͤbl. Fuͤrſten zu Nutz/ und manchem elenden Krancken zur Wol- fahrt und Geſundheit dieſen heylſamen. Sauerbrun- nen zu offenbaren; was ſolts ſeyn/ wann gleich et- wan jeder ein paar Tag darzu frohnte? Was/ ſag- ten ſie/ wir wolten dich/ damit dein Sauerbrunnen verborgen bleibe/ ehender im Frohn todt ſchlagen; Jhr Voͤgel/ (ſagte ich) es muͤſten eurer mehr ſeyn! zuckte darauff meinen Pruͤgel/ und jagte ſie damit fuͤr alle Sanct Velten hinweg/ gieng folgends gegen Nidergang und Mittag Berg abwerts/ und kame nach vieler Muͤhe und Arbeit gegen Abend wieder heim auff meinen Bauren-Hof/ im Werck wahr zu ſeyn befindend/ was mir mein Knan zuvor geſagt hatte/ daß ich nemlich von dieſer Wallfahrt nichts als muͤde Bein/ und den Hergang vor den Hingang haben wuͤrde. Das XIX. Capitel. NAch meiner Heimkunfft hielte ich mich gar ein- gezogen/ mein groͤſte Freud und Ergetzung war/ hinter den Buͤchern zu ſitzen/ deren ich mir dann viel beyſchaffte/ die von allerhand Sachen tractirten/ ſonderlich ſolche/ die ein groſſes Nachſinnens be- dorfften; das was die Grammatici und Schulfuͤchſe wiſſen muͤßten/ war mir bald erleidet/ und eben alſo wurde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/590
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/590>, abgerufen am 22.12.2024.