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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
wurden sie so verträulich/ daß sie mir zumutheten/
ich solte ihnen als ein fahrender Schüler gute War-
heit sagen: Und weil ich mich so wol auff die Phy-
siognomiam
als Chiromantiam umb etwas verstun-
de/ fienge ich an einem nach dem andern auffzuschnei-
den/ was ich meynte daß sie contentiren würde/ da-
mit ich bey ihnen meinen Credit nicht verlierte/ denn
es war mir bey dieser wilden Waldbursch nicht aller-
dings beimlich. Sie begehrten allerhand fürwitzige
Künste von mir zu lernen/ ich ader vertröstet sie auff
den künfftigen Tag/ und begehrte/ daß sie mich ein
wenig wolten ruhen lassen. Und demnach ich solcher
gestalt einen Zigeiner agirt hatte/ legte ich mich ein
wenig beyseits/ mehr zu horchen und zu vernehmen/
wie sie gesinnet/ als daß ich grossen Willen (wiewol
es am Appetit nicht mangelte) zu schlaffen gehadt
hätte; je mehr ich nun schnarchte/ je wachtsamer sie
sich erzeigten/ sie stiessen die Köpff zusammen/ und
fiengen an umb die Wett zu rathen/ wer ich doch seyn
möchte? vor keinen Soldaten wolten sie mich hal-
ten/ weil ich ein schwartz Kleid antrug/ und vor kei-
nen Burgers-Kerl konten sie mich nit schätzen/ weil
ich zu einer solchen ungewöhnlichen Zeit so fern von
den Leuten in das Mucken-Loch (dann so heisset der
Wald) angestochen käme. Zuletzt beschlossen sie/
ich müste ein Lateinischer Handwercks-Gesell seyn/
der verirret wäre/ oder meinem eigenen Vorgeben
nach/ ein fahrender Schüler/ weil ich so trefflich
wahrsagen könte: Ja/ fieng denn ein anderer an/
und sagte/ Er hat drumb nicht alles gewust/ er ist
etwan ein loser Krieger/ und hat sich so verkleidet/
unser Vieh und die Schlich im Wald außzukündi-

gen

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
wurden ſie ſo vertraͤulich/ daß ſie mir zumutheten/
ich ſolte ihnen als ein fahrender Schuͤler gute War-
heit ſagen: Und weil ich mich ſo wol auff die Phy-
ſiognomiam
als Chiromantiam umb etwas verſtun-
de/ fienge ich an einem nach dem andern auffzuſchnei-
den/ was ich meynte daß ſie contentiren wuͤrde/ da-
mit ich bey ihnen meinen Credit nicht verlierte/ denn
es war mir bey dieſer wilden Waldburſch nicht aller-
dings beimlich. Sie begehrten allerhand fuͤrwitzige
Kuͤnſte von mir zu lernen/ ich ader vertroͤſtet ſie auff
den kuͤnfftigen Tag/ und begehrte/ daß ſie mich ein
wenig wolten ruhen laſſen. Und demnach ich ſolcher
geſtalt einen Zigeiner agirt hatte/ legte ich mich ein
wenig beyſeits/ mehr zu hoꝛchen und zu vernehmen/
wie ſie geſinnet/ als daß ich groſſen Willen (wiewol
es am Appetit nicht mangelte) zu ſchlaffen gehadt
haͤtte; je mehr ich nun ſchnarchte/ je wachtſamer ſie
ſich erzeigten/ ſie ſtieſſen die Koͤpff zuſammen/ und
fiengen an umb die Wett zu rathen/ wer ich doch ſeyn
moͤchte? vor keinen Soldaten wolten ſie mich hal-
ten/ weil ich ein ſchwartz Kleid antrug/ und vor kei-
nen Burgers-Kerl konten ſie mich nit ſchaͤtzen/ weil
ich zu einer ſolchen ungewoͤhnlichen Zeit ſo fern von
den Leuten in das Mucken-Loch (dann ſo heiſſet der
Wald) angeſtochen kaͤme. Zuletzt beſchloſſen ſie/
ich muͤſte ein Lateiniſcher Handwercks-Geſell ſeyn/
der verirꝛet waͤre/ oder meinem eigenen Vorgeben
nach/ ein fahrender Schuͤler/ weil ich ſo trefflich
wahrſagen koͤnte: Ja/ fieng denn ein anderer an/
und ſagte/ Er hat drumb nicht alles gewuſt/ er iſt
etwan ein loſer Krieger/ und hat ſich ſo verkleidet/
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[580/0586] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi wurden ſie ſo vertraͤulich/ daß ſie mir zumutheten/ ich ſolte ihnen als ein fahrender Schuͤler gute War- heit ſagen: Und weil ich mich ſo wol auff die Phy- ſiognomiam als Chiromantiam umb etwas verſtun- de/ fienge ich an einem nach dem andern auffzuſchnei- den/ was ich meynte daß ſie contentiren wuͤrde/ da- mit ich bey ihnen meinen Credit nicht verlierte/ denn es war mir bey dieſer wilden Waldburſch nicht aller- dings beimlich. Sie begehrten allerhand fuͤrwitzige Kuͤnſte von mir zu lernen/ ich ader vertroͤſtet ſie auff den kuͤnfftigen Tag/ und begehrte/ daß ſie mich ein wenig wolten ruhen laſſen. Und demnach ich ſolcher geſtalt einen Zigeiner agirt hatte/ legte ich mich ein wenig beyſeits/ mehr zu hoꝛchen und zu vernehmen/ wie ſie geſinnet/ als daß ich groſſen Willen (wiewol es am Appetit nicht mangelte) zu ſchlaffen gehadt haͤtte; je mehr ich nun ſchnarchte/ je wachtſamer ſie ſich erzeigten/ ſie ſtieſſen die Koͤpff zuſammen/ und fiengen an umb die Wett zu rathen/ wer ich doch ſeyn moͤchte? vor keinen Soldaten wolten ſie mich hal- ten/ weil ich ein ſchwartz Kleid antrug/ und vor kei- nen Burgers-Kerl konten ſie mich nit ſchaͤtzen/ weil ich zu einer ſolchen ungewoͤhnlichen Zeit ſo fern von den Leuten in das Mucken-Loch (dann ſo heiſſet der Wald) angeſtochen kaͤme. Zuletzt beſchloſſen ſie/ ich muͤſte ein Lateiniſcher Handwercks-Geſell ſeyn/ der verirꝛet waͤre/ oder meinem eigenen Vorgeben nach/ ein fahrender Schuͤler/ weil ich ſo trefflich wahrſagen koͤnte: Ja/ fieng denn ein anderer an/ und ſagte/ Er hat drumb nicht alles gewuſt/ er iſt etwan ein loſer Krieger/ und hat ſich ſo verkleidet/ unſer Vieh und die Schlich im Wald außzukuͤndi- gen

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/586>, abgerufen am 22.11.2024.