German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Deß Abentheurl. Simplicissimi der Welt in ihrem Beruffhalten/ damit ich daraußentweder der Welt und unsers Geschlechts Unter- gang: Oder gleich meinen Worten mir und den mei- nigen ein langes Leben und glückseelige Regierung conjecturiren könte/ hingegen will ich dich sehen las- sen was noch wenig zu sehen bekommen/ und hernach mit einer solchen Verehrung abfertigen/ deren du dich dein lebtag zu erfreuen haben wirst/ wann du mir nur die Warheit bekennest; Als ich nun hierauff still schwiege und mich bedachte/ fuhr der König ferner fort und sagte/ nun dran/ dran/ fang am höchsten an und beschliesse es am nidersten/ es muß doch seyn/ wann du anders wider auff den Erdboden wilst. Jch antwortet/ wann ich an dem höchsten an- die
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi der Welt in ihrem Beruffhalten/ damit ich daraußentweder der Welt und unſers Geſchlechts Unter- gang: Oder gleich meinen Worten mir und den mei- nigen ein langes Leben und gluͤckſeelige Regierung conjecturiren koͤnte/ hingegen will ich dich ſehen laſ- ſen was noch wenig zu ſehen bekommen/ und hernach mit einer ſolchen Verehrung abfertigen/ deꝛen du dich dein lebtag zu erfreuen haben wirſt/ wann du mir nur die Warheit bekenneſt; Als ich nun hierauff ſtill ſchwiege und mich bedachte/ fuhr der Koͤnig ferner fort und ſagte/ nun dran/ dran/ fang am hoͤchſten an und beſchlieſſe es am niderſten/ es muß doch ſeyn/ wann du anders wider auff den Erdboden wilſt. Jch antwortet/ wann ich an dem hoͤchſten an- die
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Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
der Welt in ihrem Beruffhalten/ damit ich darauß
entweder der Welt und unſers Geſchlechts Unter-
gang: Oder gleich meinen Worten mir und den mei-
nigen ein langes Leben und gluͤckſeelige Regierung
conjecturiren koͤnte/ hingegen will ich dich ſehen laſ-
ſen was noch wenig zu ſehen bekommen/ und hernach
mit einer ſolchen Verehrung abfertigen/ deꝛen du dich
dein lebtag zu erfreuen haben wirſt/ wann du mir
nur die Warheit bekenneſt; Als ich nun hierauff ſtill
ſchwiege und mich bedachte/ fuhr der Koͤnig ferner
fort und ſagte/ nun dran/ dran/ fang am hoͤchſten an
und beſchlieſſe es am niderſten/ es muß doch ſeyn/
wann du anders wider auff den Erdboden wilſt.
Jch antwortet/ wann ich an dem hoͤchſten an-
fahen ſoll/ ſo mach ich billich den Anfang an den
Geiſtlichen/ dieſelbe nun ſeynd gemeiniglich alle/ ſie
ſeyen auch gleich was vor Religion ſie immer wollen/
wie ſie Euſebius in einer Sermon beſchriben; nemlich
rechtſchaffene Veraͤchter der Ruhe/ Vermeider der
Wolluͤſte/ in ihrem Beruff begierig zur Arbeit/ ge-
dultig in Verachtung/ ungedultig zur Ehr/ arm an
Haab und Geld/ reich am Gewiſſen/ demuͤtig gegen
ihren Verdienſten/ und hochmuͤthig gegen den La-
ſtern; und gleich wie ſie ſich allein befleiſſen GOtt zu
dienen/ und auch andere Menſchen mehr durch ihr
Exempel als ihre Wort zum Reich Gottes zu brin-
gen; Alſo haben die Weltliche hohe Haͤupter und
Vorſteher allein ihr Abſehen auff die liebe Juſtitiam,
welche ſie dann ohne Anſehen der Perſon einem jed-
wedern/ Arm und Reich/ durch die Banck hinauß
ſchnur-gerad ertheilen und widerfahren laſſen: Die
Theologi ſind gleichſam lauter Hieronymi und Bedæ,
die
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